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Versicherteninformation zum vorgeburtlichen Bluttest auf Trisomien liegt nun vor

„Der G-BA hat es sich zu keinem Zeitpunkt leicht gemacht – weder mit der heute beschlossenen Versicherteninformation noch mit dem Beschluss, den Bluttest auf Trisomien unter bestimmten Voraussetzungen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen. Uns ist bewusst, dass die Entscheidung nicht in allen gesellschaftlichen Gruppen auf ungeteilte Zustimmung stoßen wird. Zur Realität gehört aber auch, dass dieser Bluttest seit 2012 zugelassen ist, bisher auf eigene Kosten genutzt wurde und gegenüber den seit den 70er Jahren zum Leistungskatalog der Krankenkassen gehörenden invasiven Untersuchungen keine Fehlgeburten auslösen kann. Es ist rational wie medizinisch richtig, jenen Schwangeren, denen das Wissen um eine Trisomie persönlich wichtig ist, eine sichere Alternative anzubieten“, so Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA. „Durch die Orientierungsdebatte im Bundestag zu vorgeburtlichen genetischen Bluttests im April 2019 wurden keine gesetzgeberischen Vorgaben angestoßen. Wenn wir es als Gesellschaft ernst meinen und klare gesetzliche Regeln für den Umgang mit nichtinvasiver Pränataldiagnostik als sinnvoll erachten, muss sich das Parlament angesichts der sich stets weiterentwickelnden Innovationen dieser ethisch-moralischen Frage stellen.“

Ärztliche Beratungen mit Hilfe der Versicherteninformation
Das Blut einer schwangeren Frau enthält ab der 10. Woche ausreichend Erbgut des ungeborenen Kindes, um es genetisch zu untersuchen und so die Wahrscheinlichkeit für eine Trisomie zu bestimmen. Entsprechend den Vorgaben aus dem Gendiagnostikgesetz müssen speziell geschulte Ärztinnen und Ärzte die Schwangere über die Bedeutung und die Tragweite von genetischen Untersuchungen aufklären und beraten. Im Fall der genetischen Blutuntersuchungen auf Trisomien ist von den Ärztinnen und Ärzten die Versicherteninformation des G-BA im Gespräch mit der Schwangeren künftig verpflichtend einzusetzen.

Ausdrücklich wird in der Versicherteninformation darauf hingewiesen, dass die Untersuchungen auf Trisomien freiwillig sind. Es wird erklärt, was Trisomien sind, wie häufig sie auftreten, was bei der genetischen Untersuchung gemacht wird und wie die Ergebnisse zu verstehen sind. Ebenso wird ausgeführt, welche Optionen Schwangere haben, sollte ein auffälliges Testergebnis durch eine abklärende Untersuchung bestätigt werden. Hier nimmt die Versicherteninformation Bezug auf das Schwangerschaftskonfliktgesetz. Danach sind Schwangerschaftsabbrüche verboten, allein weil das Kind behindert ist. Erlaubt sind Schwangerschaftsabbrüche jedoch, um eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen oder seelischen Gesundheit der schwangeren Frau zu verhindern.

„Die Versicherteninformation beschreibt, welche Aussagen mit dem Bluttest möglich sind und welche nicht, wie zuverlässig die Testergebnisse sind und dass ein auffälliges Ergebnis weiter abgeklärt werden muss. Auch bei einem bestätigten auffälligen Testergebnis wollen wir Schwangere unterstützen, die für sie beste Lösung zu finden. Das kann für die eine Frau bedeuten, sich z. B. durch den vermittelten Kontakt zu Menschen mit einem Down-Syndrom und zu deren Familien auf ein Leben mit einem Trisomie-Kind bewusst einzustellen. Für die andere Frau kann es aufgrund der persönlichen Situation aber auch heißen, das Kind nicht zu bekommen“, so Dr. Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Methodenbewertung.

Umfangreich getestete Versicherteninformation
Der Entwurf der Versicherteninformation stammt vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Das IQWiG hatte ihn mit 1 000 Frauen und Männern getestet und relativ hohe Zustimmungswerte erhalten: 76 Prozent der Testleserinnen und Testleser hatten den Eindruck, dass die Broschüre die Freiwilligkeit der Entscheidung betont. 86 Prozent gaben an, dass die Informationen helfen, über Vor- und Nachteile des NIPT nachzudenken.

Dem aktuellen Beschluss zur Versicherteninformation war – wie dem grundlegenden Beschluss zur Aufnahme des NIPT als neue Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung – ein umfangreiches Stellungnahmeverfahren vorausgegangen. Beispielsweise nutzten wissenschaftliche Fachgesellschaften, die Bundesärztekammer und die Gendiagnostikkommission die Chance, sich zum Entwurf zu äußern. Die Ergebnisse des schriftlichen und mündlichen Stellungnahmeverfahrens flossen in die intensiven Beratungen zur Versicherteninformation ein.

Weitere Schritte bis zur Versorgungspraxis
Beanstandet das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) den heute gefassten Beschluss zur Versicherteninformation nicht, wird er im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt – gemeinsam mit dem Beschluss zur Anwendung eines nichtinvasiven Tests zur Bestimmung des Risikos autosomaler Trisomien 13, 18 oder 21 – in Kraft. Das BMG hat für diesen Schritt zwei Monate Zeit. Der Beschluss vom 19. September 2019 ist vom BMG bereits positiv geprüft worden.

Nach dem Inkrafttreten der Beschlüsse verhandeln Krankenkassen und Ärzte im Bewertungsausschuss über eine Abrechnungsziffer für den Test und die Beratungsleistung. Dafür haben sie maximal sechs Monate nach Inkrafttreten der Beschlüsse Zeit. Liegt die Abrechnungsziffer vor, kann die neue Leistung für gesetzlich versicherte Frauen erbracht und abgerechnet werden.

Hintergrund: NIPT und Versicherteninformation als Teil der Mutterschafts-Richtlinien des G-BA
In den Richtlinien über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (Mutterschafts-Richtlinien) sind Art, Umfang und Voraussetzungen der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung geregelt. Sowohl der NIPT auf Trisomien als auch die Versicherteninformation über den Bluttest werden in die Mutterschafts-Richtlinien aufgenommen.

Pressemittelung Gemeinsamer Bundesausschuss