Eine Liposuktion streben viele Patientinnen vordergründig an – nicht immer aufgrund der Schmerzen, die sich bekanntlich kaum objektivieren lassen, sondern in vielen Fällen aus ästhetischen Gründen. Kompression wird dann nicht selten nur widerwillig deshalb hingenommen, weil die gegenwärtige G-BA-Richtlinie eine 6-monatige erfolglose konservative Therapie zur Liposuktionsvoraussetzung erklärt hat.
Des Weiteren fordert besagte Richtlinie eine 6-monatige manuelle Lymphdrainage und das Vorliegen des Stadium III des Lipödems als Voraussetzungen für eine Liposuktion. Damit ist der G-BA-Beschluss wissenschaftlich betrachtet nicht mehr up-to-date, d. h. er entspricht nicht der aktuellen S2k-Leitlinie „Lipödem“, und bietet im klinischen Alltag Sprengstoff:
· Auf der einen Seite werden Frauen, bei denen die manuelle Lymphdrainage keinen Effekt auf die Schmerzen hat, genötigt, trotzdem 6 Monate manuelle Lymphdrainage durchzuziehen. Vordergründig adipöse Patientinnen werden dreimal pro Woche kritiklos eine Stunde lang massiert („das steht mir zu, das tut gut“), haben aber absolut keine Zeit, sich aktiv zu bewegen und Sport zu machen.
· Auf der anderen Seite wird aktiven sportlichen und nicht übergewichtigen Frauen mit nicht tolerablen Schmerzen im „Stadium II“ die Liposuktion verwehrt, weil das „Stadium“ nicht schlimm genug sei.
Hinzu kommt, dass es in einigen Bundesländern nicht möglich ist, Kompression ohne vorherige manuelle Lymphdrainage zu verordnen (dies ist lege artis beim Lymphödem, nicht aber beim Lipödem!) Regelmäßig wird die „soll/sollte/kann“-Empfehlung der Leitlinie schlichtweg ignoriert und es werden damit unnötig Kosten produziert, die sich unser Gesundheitssystem wohl kaum leisten kann, kritisierte Mühlberg.
Hier bleibe nur zu hoffen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse und politische Entscheidungen baldmöglichst mit einem praktikablen Ansatz zusammenfinden. Die (bereits für Dezember 2024 angekündigten) Ergebnisse der LipLeg-Studie, bei der konservative vs. operative Therapien verglichen werden, stehen weiterhin aus.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden