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Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie in der COVID-19-Pandemie 

Als „Fazit für Praxis und Klinik“ nannte Grötz folgende Punkte:

1.    Die Infektion mit SARS-CoV-2-Viren und deren intrazelluläre Vermehrung unterscheidet sich nicht grundsätzlich von anderen RNA-Viren, wobei das SARS-CoV-2-Virus eine hohe „Effektivität“ in der Penetration der Zellmembran durch Kopplung anACE2 entwickelt hat. Dies rückt die Bedeutung der Mundhöhle als ersten Infektionsort in den Vordergrund.

2.    Neben der geläufigen Übertragung durch Tröpfchen-Infektion rückte die mögliche Bedeutung der Aerosol-Einatmung viel mehr in den Fokus als bei anderen Infektionserkrankungen. Zwischenzeitlich haben sich diese Bedenken aber relativiert.

3.    Die verfügbare Evidenz verweist in Alltagssituationen auf eine hinreichende Sicherheit für etablierte OP-Masken beim Kontakt mit Patienten; sie zeigt keine Überlegenheit von FFP2(N95/KN95)-Masken.

4.    Es kann als evidenzbasiert gesichert gelten, dass Freiluftumgebung, (soziale) Distanz und regelmäßiger Luftaustausch von Innenräumen sichere Präventionsmaßnahmen darstellen.

5.    Die Identifikation von COVID-19-Risikopatienten hat große Bedeutung, weil diese ein Teil der Differential-Therapie ist, da sie gegenüber der Indikationsstärke medizinisch notwendiger Heilmaßnahmen elektiver Behandlungen abgewogen werden muss. Wichtige Risiko-Kollektive sind – neben dem höheren Lebensalter und unabhängig davon – vorrangig arterielle Hypertonie und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes sowie chronische Nierenerkrankungen.

6.    Ageusie und Anosmie (Verlust des Geschmacks- bzw. des Geruchsvermögens) stellen konsistente und häufige Früh-Symptome einer beginnenden COVID-19-Erkrankung nach einer SARS-CoV-2-Infektion dar und können deshalb zur klinischen Früherkennung bei Patienten und auch im Behandlungsteam dienen.

Weiter verwies Grötz auf die aktuelle DGZMK-Leitlinie „Umgang mit zahnmedizinischen Patienten bei Belastung mit Aerosol-übertragbaren Erregern“ (1).  Diese formuliere wichtige Empfehlungen, welche auf die chirurgische Behandlung übertragen werden können. Es habe sich bewährt, zwischen Gesunden bzw. asymptomatischen Patienten einerseits und COVID-19-infizierten Patienten bzw. Verdachtsfällen andererseits zu unterscheiden, welche nur unter Einhaltung spezieller Schutzmaßnahmen behandelt werden sollen.

Weiter berichtete Frank Hölzle, Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum Aachen, dass etwa beim Mundhöhlenkarzinom die chirurgische Onkologie und die rekonstruktive Chirurgie auch im Rahmen des Pandemiegeschehens als sicher eingestuft werden, obwohl onkologische Eingriffe im Kopf-Hals-Bereich eine direkte Atemwegsmanipulation bedeuten und Aerosol-produzierende Verfahren beinhalten (2).

Allerdings habe die Absage von onkologischen Operationen im Kopf-Hals-Bereich sowie die Deeskalation onkologischer Therapiekonzepte einerseits Änderungen der zugewiesenen Behandlungsmodalitäten und anderseits die Durchführung nicht idealer Therapiekonzepte im Zuge der COVID-19-Pandemie erforderlich gemacht.

Literatur

1.    Heider, J. et al. (2021). S1-Leitlinie: Umgang mit zahnmedizinischen Patienten bei Belastung mit Aerosol-übertragbaren Erregern; DGZMK, Langfassung 2.0, AWMF-Registriernummer: 083-046

2.    COVIDSurg Collaborative (2021). Head and neck cancer surgery during the COVID-19 pandemic: An international, multicenter, observational cohort study. Cancer, 14, 2476–2488.

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden