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Handbuch Neuraltherapie

Stefan Weinschenk (Hrsg.)

2. Auflage 2020, 970 Seiten, gebunden
Georg Thieme Verlag, Stuttgart,
249,99 Euro
ISBN  978-3-13-220491-1

Neuraltherapeutische Injektions- und Infiltrationstechniken (Therapie mit Lokalanästhetika) sind gerade zur Behandlung von Schmerzen in Klinik und Praxis weit verbreitet. Daher ist das jetzt in 2. Auflage vorliegende Handbuch, verfasst von ca. 90 Autoren, durchaus zu begrüßen, bietet es doch in großzügiger Aufmachung eine umfassende Übersicht sowohl über die Grundlagen der Methode als auch über Techniken und Verfahren, Fachgebiete und (angebliche) Indikationen.

Kritisch anzumerken ist allerdings, dass auch in diesem Werk zahlreiche alternativmedizinische Hypothesen und Konzepte weitgehend unkritisch propagiert werden, wie etwa folgender Merksatz zeigt: „Chronische Erkrankungen sind aus kybernetischer Sicht Störungen der Regelkreisfunktion selbst, z. B. durch Blockade oder Verfälschung des für die Selbstkorrektur erforderlichen Informationstransfers.“ Entscheidend sei die Tatsache der durch Störfaktoren bewirkten Schwächung oder gar des Zusammenbruchs der Regelfähigkeit.

Auch verschiedene Methoden zur angeblichen Störfeldsuche bzw. -testung (als zentrales Konzept der Neuraltherapie) wie der Reflex auriculo-cardiac (RAC, Nogier-Reflex), die Applied Kinesiology oder der „Nachweis von Zahntoxinen mittels OroTox“ sind ausgesprochen kritisch zu sehen. Das gilt ebenso für Behandlungsempfehlungen etwa von Herzrhythmusstörungen bzw. gar von Multipler Sklerose, um nur zwei Beispiele zu nennen, u. a. mit Injektionen ans ­Ganglion stellatum oder mit einer „Störfeldtherapie“. Besonders fragwürdig erscheinen zudem Empfehlungen zur chirurgischen Sanierung eines „Körperherdes“, denen ein eigenes Kapitel gewidmet ist.

Im Rahmen der Begutachtung – etwa in einem Arzthaftpflichtprozess – ist dagegen in der Regel zu prüfen, ob beim zu beurteilenden Einzelfall eine neuraltherapeutische Behandlung aus wissenschaftlicher („schulmedizinischer“) Sicht indiziert war und ob sie technisch korrekt durchgeführt wurde. Zu diesem zweiten Aspekt bietet das vorliegende Buch allerdings umfassende Informationen, nicht zuletzt durch eine umfangreiche und instruktive farbige Bebilderung. Zudem werden die aus gutachtlicher Sicht besonders wichtigen Themen Rechtsfragen, Dokumentation und Qualitätsmanagement in eigenen Kapiteln abgehandelt.

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden