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Das Verfahren zur Anerkennung von Berufskrankheiten

Anna-Lena Hollo

Schriften zum Sozialrecht 47, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 2018

ISBN 978-3-8487-5108-2, 587 Seiten, Taschenbuch, Preis: 149,-€

Anna–Lena Hollo, eine der jahrgangsbesten Absolventen der Ersten Juristischen Staatsprüfung des Landes Niedersachsen in 2015, arbeitet als Rechtsreferendarin im OLG-Bezirk Celle und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für öffentliches Recht und Sozialrecht an der Universität Hannover. Zusammen mit ihrem Vater Dierk F. Hollo, der Name ist medizinischen Sachverständigen als Herausgeber des Standardwerkes „Rechtliche Rahmenbedingungen für die ärztliche Beratung und Begutachtung“ ein Begriff, hat sie zudem die vollständige Überarbeitung der zweiten Auflage als Autorin maßgeblich mitgestaltet. Grundlage des jetzt erstmalig vorgelegten Taschenbuches ist ihre juristische Dissertation an der Universität Hannover, wobei Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur bis Mai 2018 Berücksichtigung fanden. Reformbedarf und Weiterentwicklung des seit 1925 existierenden Berufskrankheitenrechts der gesetzlichen Unfallversicherung stehen zunehmend in der Diskussion und finden auch außerhalb der Fachöffentlichkeit großes mediales Interesse. Immer auffälliger wird dabei, dass u.a. die formalrechtlichen Voraussetzungen- z.B. bei sog. offenen BK-Tatbestän­den- dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zeitlich deutlich „hinterherhinken“. Diese Diskrepanz wird sich im Zeitalter der Digitalisierung und Vernetzung weiter verschärfen, so dass eindeutige Klarstellungen dringlich geboten sind, um die nicht zielführende öffentliche Infragestellung des gesamten, grundsätzlich bewährten und guten Systems der Berufskrankheiten nicht weiter zu verschärfen.

Vor diesem Hintergrund systematisiert und erläutert die Autorin das bisherige Recht, und unterzieht es einer umfangreichen rechtlichen und sozialpolitischen Prüfung. Diese ist aus meiner Sicht rundum gelungen. Das Werk greift auf über 550 Seiten die Standpunkte und Sichtweisen der unterschiedlichen Verfahrensbeteiligten sowie der Sozialpartner auf und berücksichtigt deren mitunter widerstreitende Interessen. Zu allen Streitfragen werden detaillierte Reformvorschläge sowohl auf rechtlicher als auch auf tatsächlicher Ebene gemacht, wobei sich zeigt, dass an vielen „Stellschrauben“ gleichzeitig gedreht werden muss. Für Sozialmediziner besonders interessant (weil es das selten so klar und prägnant zu lesen gibt) sind die tieferen Einblicke in die Rolle des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Berufskrankheiten (ÄSVB) beim BMAS, der aufgrund seiner bisherigen weitgehend nicht öffentlich zugänglichen Arbeitsweise gerne auch als „Geheimbund“ tituliert wurde. Bis 2016 wurden zudem auch die Mitglieder aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes „geheim“ gehalten. So werden von der Autorin die häufigsten Kritikpunkte an diesem Gremium u.a. fehlende rechtliche Legitimation und Transparenz, Definitionsmacht über sog. offene BK-Tatbestände, Dauer der Umsetzung ausführlich behandelt.

Formal fördert die für Mediziner eher ungewohnte sehr tiefgehende Gliederung, die wahrscheinlich daher rührt, dass es sich hier um eine Dissertationsschrift einer Juristischen Fakultät handelt, nicht unbedingt die Übersichtlichkeit. Bezogen auf den qualitativ hochwertigen Inhalt war ein derartiges Buch lange überfällig. Zusammenfassend ist es insbesondere für medizinische Sachverständige in BK- und Sozialgerichtsverfahren sehr hilfreich (es liegen schon diesbezügliche Selbsterfahrungen vor !) und unbedingt lesenswert. Der für Mediziner eher hohe Preis von 149,- € dürfte allerdings einer weiten Verbreitung unter dieser Leserschaft nicht unbedingt förderlich sein.

A. Weber, Dortmund