Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Grundlagen der Rehabilitation nach COVID-19

Die Nachfrage nach Rehabilitationsleistungen wegen COVID-19-Folgen wird voraussichtlich so hoch sein wie nie zuvor, obwohl die Versorgungsmodelle noch beschrieben und evaluiert werden müssen, erklärte Rembert Koczulla, Chefarzt im Fachzentrum für Pneumologie in der Schön-Klinik Berchtesgadener Land in Schönau, auf dem 19. Pneumologie-Update am 11. und 12. November 2022 in Mainz.

Die Long-/Post-COVID-Behandlungsleitlinie der AWMF von 2022 (Registernummer 020–027) empfiehlt zur Behandlung von durch Long-/Post-COVID bedingten Einschränkungen nach ärztlich-diagnostischer Abklärung eine Versorgung der Patienten mit rehabilitativen Maßnahmen. Diese sollen eingeschränkte Körperfunktionen (z. B. Atemnot) wiederherstellen und Aktivitätslimitierungen (z. B. nicht mehr länger spazieren gehen können) sowie Einschränkungen an der Teilhabe des täglichen Lebens (z. B. nicht mehr arbeiten gehen können oder mit Freunden treffen können) entgegenwirken. Zu den rehabilitativen Maßnahmen zählen Physiotherapie, Ergotherapie, Neuropsychologie, Psychotherapie und/oder Logopädie – die auch ambulant erfolgen können.

Eine stationäre Rehabilitation sollte immer dann verordnet werden, wenn ambulante Heilmittel für die Behandlung nicht mehr ausreichen und es einer multimodalen ärztlichen und therapeutischen Behandlung bedarf (z. B. bei nicht nur vorübergehender Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben). Nachdem die durch SARS-CoV-2 ausgelöste Erkrankung COVID-19 als eine Multiorgankrankheit mit einem breiten Spektrum von Manifestationen zu verstehen ist, sollten je nach dominierender Symptomatik des Patienten, welche für die Rehabilitationsbedürftigkeit führend sind, eine entsprechend indikationsspezifische pneumologische, neurologische oder kardiologische Rehabilitation erfolgen.

Weil die Bedürfnisse von einigen Patienten nach COVID-19 über die hinausgehen, die üblicherweise bei Personen mit Atemwegs- oder Herzproblemen auftreten, sollten trotz Schwerpunktsetzung verschiedene therapeutische und medizinische Dienste zusammenarbeiten oder integriert werden, um gemeinsam auf die individuellen Bedürfnisse der Post-COVID-19- Population eingehen zu können. Zudem muss angesichts des viel niedrigeren Durchschnittsalters als üblicherweise in pneumologischen Rehabilitationsstudien beschrieben, die Rückkehr an den Arbeitsplatz als Reha-Ziel unbedingt berücksichtigt werden.

Dass eine pneumologische Rehabilitation dazu beitragen kann, die körperliche Leistungsfähigkeit und Lungenfunktion zu verbessern, wurde bislang jedoch nur in prospektiven Observationsstudien untersucht. Trotz erster positiver Untersuchungsergebnisse fehlen bislang weiterhin randomisierte, kontrollierte Studien, welche die Effekte einer multimodalen pneumologischen Rehabilitation in Abgrenzung zum natürlichen Heilungsverlauf untersucht haben, konstatierte Koczulla. Das stelle aktuell einen Forschungsschwerpunkt dar.

Zu beachten ist zudem, dass mit der pneumologischen Rehabilitation bei schwerem Verlauf von COVID-19 möglichst früh begonnen werden sollte, und zwar schon in der Akutklinik. Diese Patienten benötigen in der Akutphase oft komplexe Organunterstützungen, die in einem längeren Intensivstationsaufenthalt resultieren und einen Verlust von Lebensqualität bewirken.

In einer aktuellen prospektive Beobachtungsstudie von McWilliams et al. wurden 177 Erwachsene mit einer bestätigten COVID-19-Erkrankung und einer für mind. 24 Stunden notwendigen mechanischen Ventilation untersucht (Zeitraum: März bis April 2020). Nach 14 ± 7 Tagen fand im Durchschnitt die erste individuelle Mobilisation durch einen Physiotherapeuten statt. Darüber hinaus unterstützten diese dabei, den Patienten zu repositionieren und in die Bauchlage zu drehen. Eine individuelle Atemphysiotherapie wurde durchgeführt, um die Sekret Clearance zu optimieren.

Diese frühe Mobilisation reduzierte den Rehabilitationsbedarf: Nur 7,3 % der Patienten wurden nach dem Krankenhausaufenthalt direkt in eine stationäre Rehabilitation entlassen (50,5 % nach Hause ohne Reha, 42,2 % nach Hause mit Reha). Patienten, die bei der Entlassung aus dem Krankenhaus älter oder gebrechlicher waren bzw. mehr Komorbiditäten aufwiesen, hatten eine größere Chance auf eine Rehabilitation.

Literatur

1 McWilliams, D. et al. (2021). Rehabilitation levels in patients with COVID-19 admitted to intensive care requiring invasive Ventilation. An observational study. Ann Am Thorac
Soc, 1, 122-129.

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden