· Etwa 23 Millionen Deutsche (28 Prozent) berichten über chronische Schmerzen. Von chronischen Schmerzen sprechen wir in der Regel, wenn ein Schmerzzustand länger als drei Monate dauert. Tatsächlich leiden viele Schmerzpatienten jahrelang unter Schmerzen.
· Ein wesentliches Kriterium für die Auswirkungen chronischer Schmerzen im Alltag ist die resultierende körperliche Beeinträchtigung. Berücksichtigt man den Schweregrad der Schmerzen als „Messlatte“, so erfüllen 6 Millionen Deutsche die Kriterien eines chronischen, nicht tumorbedingten, stark bis sehr stark beeinträchtigenden Schmerzes.
· Es gibt noch eine weitere Stufe: Sind Schmerzen mit starker körperlicher Beeinträchtigung auch noch mit signifikanten psychischen und sozialen Beeinträchtigungen assoziiert, liegt eine Schmerzkrankheit vor; der Schmerz ist zum alles bestimmenden Faktor im Leben der Betroffenen geworden. An einer solchen Schmerzkrankheit leiden rund 2,2 Millionen Deutsche.
In der Versorgung von Patienten mit chronischen, aber auch akuten Schmerzen werden psycho(-soziale) Aspekt nicht immer angemessen berücksichtigt, kritisierte Christiane Hermann, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychologische Schmerztherapie und -Forschung (DGPSF e. V.) und Leiterin der Abteilung Klinische Psychologie & Psychotherapie an der Universität Gießen. So ist zum Beispiel das Erfragen der Schmerzintensität oder der Beeinträchtigung im Alltagsleben nicht ausreichend, um psychosoziale Einflussfaktoren gut einschätzen zu können.
Die Erfassung psychosozialer Faktoren und auch psychischer Komorbiditäten ist insbesondere deshalb wichtig, weil sich Schmerzerleben und psychosoziale Faktoren wechselseitig beeinflussen und verstärken können (zum Beispiel bei Traumafolgestörungen: Intrusive Erinnerungen an das Trauma können Schmerz auslösen oder verstärken und umgekehrt; Depression: Grübeln verschlechtert sowohl das emotionale Befinden wie auch Schmerz). Ein bio-psycho-soziales Verständnis von Schmerz erfordert einen interdisziplinären Ansatz in Diagnostik und Therapie von Schmerz, so Hermann.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden