Die zur Behandlung eines Astigmatismus mittels Femtosekundenlasers vorgenommene Korrektur einer Hornhautverkrümmung (Laser-Keratotomie) ist nach GOÄ-Nr. 1345 (Hornhautplastik) zu honorieren – zu welcher gegebenenfalls der Zuschlag nach GOÄ-Nr. 441 für die Anwendung eines Lasers bei ambulanten operativen Leistungen hinzukommt –, aber nicht zusätzlich durch analogen Ansatz der GOÄ-Nr. 5855 (intraoperative Strahlenbehandlung mit Elektronen), entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 24. April 2025 (AZ: III ZR 435/23).
Er führte damit seine einschlägige Rechtsprechung fort (Urteil vom 14. Oktober 2021; AZ: III ZR 350/20, RuS 2022, 35), über welche wir bereits in dieser Zeitschrift berichtet haben (Heft 6/2022, S. 269). Hier kurz zusammengefasst die wesentlichen Punkte der Argumentation des BGH:
Die rechtliche Bewertung der Berechtigung einer Gebührenforderung obliegt dem Gericht. Dazu gehört auch die Auslegung des Leistungsinhalts einer Gebührenvorschrift.
Die GOÄ-Nr. 1345 GOÄ enthält als Beschreibung der zu vergütenden Leistung allein den Begriff „Hornhautplastik“. Aus dem Sinngehalt dieses zusammengesetzten Wortes sowie der systematischen Stellung in der Gebührenordnung in Abschnitt L „Augenheilkunde“ der GOÄ ergibt sich, dass von der Gebührennummer – im Sinne einer Zielleistung – die funktionsbezogene operative Wiederherstellung oder Änderung der Hornhautform erfasst wird.
Gemessen daran ist die zur Behandlung eines Astigmatismus vorgenommene Korrektur einer Hornhautverkrümmung auch dann unter die GOÄ-Nr. 1345 zu subsumieren, wenn sie nicht manuell-chirurgisch durch Klingenschnitt, sondern unter Verwendung eines Femtosekundenlasers durch (berührungsfreien) Energieeintrag in das Hornhautgewebe (sogenannte Laser-Keratotomie) erfolgt. Dem Eingriff liegt in beiden Fällen als Zielleistung eine funktionsbezogene operative Änderung der Hornhautform zugrunde.
Eine gesonderte Abrechnung des Einsatzes des Femtosekundenlasers durch die analoge Anwendung der GOÄ-Nr. 5855 oder eines anderen im Gebührenverzeichnis enthaltenen Gebührentatbestands kommt jedoch nicht in Betracht, weil es insoweit an einer selbständigen ärztlichen Leistung fehlt.
Die Selbständigkeit einer ärztlichen Leistung ist danach zu beurteilen, ob für sie eine eigenständige medizinische Indikation besteht. Dies lässt sich nicht ohne Einbeziehung wertender Gesichtspunkte bestimmen. Hierbei ist neben Berechnungsbestimmungen im Gebührenverzeichnis selbst vor allem das in § 4 Abs. 2a GOÄ niedergelegte Zielleistungsprinzip in den Blick zu nehmen.
Bei der Korrektur einer Hornhautverkrümmung mittels Femtosekundenlaser handelt es sich um keine eigenständige Methode zur Behandlung eines Astigmatismus, sondern um eine „besondere Ausführung“ im Sinne von § 4 Abs. 2a Satz 1 Alt. 2 GOÄ einer Hornhautplastik. Dass die Lasertechnologie bei der Bewertung der unter der Nummer 1345 GOÄ erfassten Leistung durch den Verordnungsgeber noch nicht bekannt war, steht der Annahme einer (unselbständigen) Ausführungsart einer Hornhautplastik nicht entgegen.
Auch der Beschluss des Ausschusses „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer zur Abrechnung der Refraktionschirurgie mit Excimerlaser (Deutsches Ärzteblatt 2002, 99, A 144, vgl. auch Brück/Klakow-Franck aaO) führt zu keiner anderen Beurteilung. Dieser Beschluss dürfte sich nicht zu der hier in Rede stehenden Durchführung einer Astigmatismus-Korrektur beziehungsweise einer Hornhautplastik mittels Femtosekundenlasers (Laser-Keratotomie) verhalten, so dass der Ausschuss insoweit bislang keinen Beschluss zu einer Analogiebewertung gefasst haben dürfte. Dies kann jedoch auf sich beruhen, so der BGH ergänzend. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, würde ein solcher Beschluss mit dem Regelungsgehalt von GOÄ-Nr. 1345 und dem Zielleistungsprinzip im Widerspruch stehen.
Erneut betonte der BGH, dass es grundsätzlich Sache des Verordnungsgebers sei, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von nach Erlass der Verordnung eingetretenen Veränderungen des medizinisch-technischen Standards oder der Fortentwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse, die im Gebührenverzeichnis aufgeführten ärztlichen Leistungen zu bewerten. Eine Bindung an die Verordnung bestehe nur dann nicht, wenn sie wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht – etwa Art. 3 oder Art. 12 Grundgesetz – nichtig sei. Dafür gebe es hier jedoch keine Anhaltspunkte.
Anmerkung aus gutachtlicher Sicht
Aufgabe des medizinischen (Gerichts-)Sachverständigen in einem solchen gebührenrechtlichen Streitfall ist es, die Leistungsinhalte der relevanten GOÄ-Nummern verständlich zu erläutern, um dem Gericht eine Entscheidung der rechtlichen Fragen zu ermöglichen. Ob bestimmte GOÄ-Nummern (etwa bei einer Operation) aber als selbständige ärztliche Leistungen analog berechenbar sind, ist eine vom Gericht zu klärende juristische Frage, welche nicht in die Kompetenz des medizinischen Sachverständigen fällt.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden