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Bayerisches LSG, Beschluss vom 9.5.2018 – L 12 SF 40/17Schlagwörter: Gutachten – ergänzende Stellungnahme – Vergütung

Leitsatz:

Für die Vergütung einer ergänzenden Stellungnahme gelten die für die Vergütung eines Gutachtens geltenden Grundsätze entsprechend. Allerdings ist zu berücksichtigen, inwieweit erneut das vollständige Studium der Akten erforderlich ist und inwiefern sich die Abfassung der Stellungnahme von der Abfassung des Gutachtens aufgrund der Nachfrage unterscheidet.

Aus den Gründen:

I. Der Beschwerdeführer (Bf.) begehrt die Festsetzung einer höheren Vergütung für eine im Auftrag des SG … erstellte ergänzende Stellungnahme zum Gutachten durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 JVEG.

In dem am SG anhängig gewesenen Rechtsstreit … ist der Bf. … zum ärztlichen Sachverständigen bestellt worden. Für das … Gutachten machte der Bf. … eine Vergütung in Höhe von insgesamt 6.001,93 EUR geltend. Mit gerichtlichem Schreiben vom 20.12.2011 wurde die Vergütung auf 3.336,34 EUR festgesetzt.

Die Bevollmächtigten der Klägerin nahmen mit Schriftsatz vom 17.1.2012 zum Gutachten des Bf. Stellung. Der Schriftsatz umfasste sieben Seiten und enthielt zahlreiche Anmerkungen der Klägerin zu den vom Bf. durchgeführten Untersuchungen und seinen gutachterlichen Feststellungen. Dem Schriftsatz beigefügt waren ein nervenärztliches Gutachten mit testpsychologischen Zusatzgutachten über die Klägerin (insgesamt 28 Seiten) und ein Auszug aus einer Veröffentlichung. Der Bf. wurde mit gerichtlichem Schreiben vom 23.2.2012 um Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme zum Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin vom 17.1.2012 gebeten.

Der Bf. gab mit Schreiben vom 30.5.2012 die geforderte ergänzende Stellungnahme zum Gutachten vom 30.5.2012 im Umfang von neun Seiten ab. Er ging dabei im Einzelnen auf die von der Klägerin erhobenen Einwände, auch zum Ablauf der Untersuchung ein. Mit Rechnung vom 1.6.2012 machte der Bf. für die Abgabe der ergänzenden Stellungnahme eine Vergütung in Höhe von 2.040,36 EUR geltend … Die Vergütung für die ergänzende Stellungnahme wurde mit Schreiben des SG vom 13.6.2012 auf 1.435,32 EUR festgesetzt …

Mit Schreiben vom 16.10.2014 teilte das SG dem Bf. mit, dass bei einer Prüfung durch die Bezirksrevision festgestellt worden sei, dass für die ergänzende Stellungnahme ein Zeitaufwand von 8,80 Stunden vergütet worden sei, obwohl der Bf. bereits für das Gutachten vom 9.12.2011 einen Zeitaufwand von 9,9 Stunden für das Aktenstudium erhalten habe. Die Bezirksrevision weise das SG an, 5 Stunden á 85,00 EUR – insgesamt 425,00 EUR – zurückzufordern. Dieser Betrag werde mit beiliegender Kostenrechnung in Rechnung gestellt …

Der Bf. … legte gegen die Rückforderung Widerspruch ein und bat um richterliche Festsetzung der Vergütung. Das SG hat mit Beschluss vom 18.1.2017 die Vergütung des Bf. für die ergänzende Stellungnahme vom 30.5.2012 auf 929,57 EUR festgesetzt. Die darüber hinaus gezahlte Vergütung in Höhe von 505,75 EUR sei durch den Bf. an die Staatskasse zu erstatten. Gegen diesen Beschluss legte der Bf. am 30.1.2017 Beschwerde ein ...

II.

Die … Beschwerde ist teilweise begründet. Die Vergütung des Bf. für die ergänzende Stellungnahme vom 30.5.2012 ist auf 1.131,87 EUR festzusetzen.

1. Im Rahmen der Beschwerdeentscheidung sind vom Beschwerdegericht alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie der Bf. aufgegriffen hat oder nicht (vgl. Beschluss des BayLSG vom 8.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B; Thüringer LSG, Beschluss vom 5.3.2012, Az.: L 6 SF 1854/11 B – m.w.N.). Das Beschwerdegericht ist eine neue Tatsacheninstanz, die in vollem Umfang anstelle des Erstgerichts zu entscheiden hat (vgl. Meyer/Höver/Bach/ Oberlack/Jahnke, JVEG, 27. Aufl. 2017, § 4, Rn. 18; Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl. 2017, § 4 JVEG, Rn. 28).

2. Dem Bf. steht eine Vergütung in Höhe von 1.131,87 EUR zu.

a) Die Vergütung eines Sachverständigen setzt sich gemäß § 8 Abs. 1 JVEG aus dem Honorar für seine Leistungen, dem Ersatz von Fahrtkosten, der Entschädigung für Aufwand, dem Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen zusammen.

Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 JVEG erhält der Sachverständige neben dem Ersatz von Fahrtkosten und Entschädigung für sonstigen Aufwand (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 JVEG) für seine Leistung ein Honorar, das nach Stundensätzen zu bemessen ist. Die Höhe des Stundensatzes variiert je nach der Zugehörigkeit des Gutachtens zu einer bestimmten Honorargruppe (§ 9 Abs. 1 JVEG i.V.m. Anlage 1 zu § 9 Abs. 1). Das Honorar wird gemäß § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; andernfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags.

Die erforderliche Zeit im Sinn des § 8 Abs. 2 JVEG ist nach einem abstrakten und objektiven Maßstab zu ermitteln, der sich an dem erforderlichen Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität orientiert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.7.2007, Az.: 1 BvR 55/07; BGH, Beschluss vom 16.12.2003, Az.: X ZR 206/98; st. Rspr. BayLSG, vgl. z.B. Beschlüsse vom 14.5.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, und vom 18.5.2012, Az.: L 15 SF 104/11). Angemessen zu berücksichtigen sind dabei der Umfang des dem Sachverständigen unterbreiteten Streitstoffs, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Fragen unter Berücksichtigung der gutachterlichen Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet, der Umfang des Gutachtens und die Bedeutung der Streitsache (st. Rspr. BGH, vgl. z.B. Beschluss vom 16.12.2003, Az.: X ZR 206/98, aber auch sozialgerichtliche Rspr., vgl. z.B. Beschlüsse des BayLSG vom 14.5.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, und vom 18.5.2012, Az.: L 15 SF 104/11; Thüringer LSG, Beschluss vom 5.3.2012, Az.: L 6 SF 1854/11). Eine Schätzung des tatsächlichen Zeitaufwands als Grundlage für das nach Stundensätzen zu bemessende Honorar ist der gesetzlichen Regelung fremd (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.7.2007, Az.: 1 BvR 55/07). Zu betonen ist, dass es de lege lata auf den objektiv erforderlichen Zeitaufwand im individuellen Fall ankommt.

Bei der Ermittlung des objektiv erforderlichen Zeitaufwands ist wie folgt vorzugehen (vgl. Beschluss des BayLSG vom 14.5.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E):

– Kontrollberechnung: Ausgehend vom Umfang des Akteninhalts und des Gutachtenumfangs sowie der angegebenen Untersuchungszeit, wenn sich diese im üblichen Rahmen bewegt, wird anhand von Erfahrungswerten ermittelt, welchen Zeitaufwand ein durchschnittlicher Sachverständiger für die Erstellung des Gutachtens benötigt hätte.

– Abgleich von Ergebnis der Kontrollberechnung und dem vom Sachverständigen angegebenen Zeitaufwand:

+ Sind die Zeitangaben des Sachverständigen niedriger oder genauso hoch wie das Ergebnis der Kontrollberechnung, werden (entsprechend dem Antragsprinzip) der Ermittlung der Vergütung die Zeitangaben des Sachverständigen zugrunde gelegt.

+ Überschreiten die vom Sachverständigen gemachten Zeitangaben das Ergebnis der Kontrollberechnung um nicht mehr als 15 v.H., werden der Ermittlung der Vergütung ebenfalls die Zeitangaben des Sachverständigen zugrunde gelegt.

+ Liegen die Zeitangaben des Sachverständigen um mehr als 15 v.H. über dem Ergebnis der Kontrollberechnung, werden der Vergütung nur dann die Zeitangaben des Sachverständigen zugrunde gelegt, wenn der angegebene höhere Zeitaufwand ohne weiteres erkennbar ist. Ist der angegebene höhere Zeitaufwand nicht ohne weiteres erkennbar, ist das Ergebnis der Kontrollberechnung – d.h. ohne einen Aufschlag in Höhe von 15 v.H. – der Vergütung zugrunde zu legen. (BayLSG, Beschluss vom 1.7.2015, Az.: L 15 SF 180/13)

Bei der Ermittlung des Zeitaufwands, den ein durchschnittlicher Sachverständiger für die Erstellung des Gutachtens benötigt hätte, im Rahmen der Kontrollberechnung geht das BayLSG in st. Rspr. (vgl. z.B. Beschlüsse des BayLSG vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, und vom 1.7.2015. Az.: L 15 SF 180/13) von folgenden Erfahrungswerten aus, wie sie in der Mitteilung des Präsidenten des Bayer. LSG vom 25.05.2007, Az.: GenA 537/07, festgehalten sind:

– Für das Aktenstudium werden 100 Blatt/Stunde einschließlich der Fertigung von Notizen und Exzerpten gerechnet bei mindestens 25 % medizinisch gutachtenrelevantem Inhalt. In allen anderen Fällen dagegen erscheinen 150 bis 200 Blatt/ Stunde angemessen. Die Seitenzahl ist, sofern die Akten nicht durchnummeriert sind, annähernd zu bestimmen.

– Für die Abfassung einer Seite der Beurteilung und Beantwortung der gestellten Beweisfragen wird eine Stunde zugrunde gelegt, wobei jeweils für eine ganze Seite von 1.800 Anschlägen (30 Zeilen x 60 Anschläge nach DIN 1422) (= Standardseite) ausgegangen wird.

– Für Diktat und Durchsicht wird eine Stunde für je sechs Seiten angenommen, wobei auch hier jeweils eine Standardseite mit 1.800 Anschlägen zugrunde gelegt wird.

b) Diese Grundsätze gelten entsprechend, soweit die Vergütung einer ergänzenden Stellungnahme zu einem bereits erstatteten Gutachten zu bestimmen ist. Allerdings ist zu berücksichtigen,

– ob und inwieweit für die Fertigung der ergänzenden Stellungnahme erneut das vollständige Studium der Gerichts- und beigezogenen Akten erforderlich ist und

– inwiefern die Abfassung der Stellungnahme einen größeren oder geringeren Zeitaufwand erfordert als die Abfassung der Beurteilung und der gestellten Beweisfragen. Eine schematische Betrachtung verbietet sich, da Inhalt und Umfang der vom Gericht angeforderten ergänzenden Stellungnahmen deutlich variieren. Ist etwa nur die Erläuterung einzelner Befunde (etwa Labor, bildgebende Diagnostik, Ergometrie, EKG etc.) angefragt, wird der Aufwand für das Aktenstudium deutlich geringer zu beurteilen sein als bei einer Stellungnahme, in der etwa die Beurteilung von Kausalzusammenhängen näher und ggf. unter Berücksichtigung neuen Vortrages eines Beteiligten zu erörtern ist.

Der von der Bezirksrevision verlangte Ansatz von generell nur 1–2 Stunden für das erneute Aktenstudium für eine ergänzende Stellungnahme unter Verweis auf die Entscheidung des BayLSG vom 20.12.2006, Az.: L 16 R 413/03 mag im dort entschiedenen Fall, in dem es nur um die Beurteilung der nachträglich eingeholten Ergebnisse einer ausführlichen kardiologischen Untersuchung im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ging, zutreffend sein. Einer pauschalen Anwendung dieser Entscheidung auf die Vergütung sämtlicher ergänzender Stellungnahmen steht entgegen, dass Grundlage der Vergütung der objektiv erforderliche Zeitaufwand im individuellen Fall ist und eine Schätzung des Zeitaufwandes der gesetzlichen Regelung fremd ist (s.o.). Auch lässt sich in Anbetracht der Vielgestaltigkeit der Inhalte ergänzender Stellungnahmen kein allgemeiner Erfahrungswert bilden, dass für das Aktenstudium ein Zeitaufwand von 1–2 Stunden stets ausreichend sein wird. Dies berücksichtigt weder den generell unterschiedlichen Umfang der dem Sachverständigen vorgelegten Akten noch den unterschiedlichen Umfang des nach Erstattung des Gutachtens neu hinzugekommenen Akteninhalts noch den Zeitablauf zwischen Erstellung des Gutachtens und Anforderung der ergänzenden Stellungnahme.

Für die Ermittlung des Zeitaufwandes für das Aktenstudium zur Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme sind folgende Überlegungen maßgebend:

– Der bereits bei Erstellung des Gutachtens dem Sachverständigen vorliegende Akteninhalt ist in der Regel – soweit relevant – bereits im Gutachten zusammengefasst. Es wird daher in der Regel ein Viertel der Zeit der bei Gutachtenerstellung für das Aktenstudium als erforderlich angesehenen Zeit ausreichend sein.

– Für den neu hinzugekommenen Akteninhalt gelten die gleichen Maßstäbe wie für die Vergütung des Gutachtens, d.h. 100 Blatt/Stunde einschließlich der Fertigung von Notizen und Exzerpten bei mindestens 25 % medizinisch gutachtenrelevantem Inhalt.

– Hinzu kommt ggf. Zeitaufwand für das Studium eigener Aufzeichnungen zur Untersuchung, sofern dies nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich erscheint, insbesondere dann, wenn eine Stellungnahme zum Ablauf der Untersuchung oder zu den bei der Untersuchung erhobenen Befunden erforderlich ist.

aa) Im vorliegenden Fall umfasste der neue Akteninhalt nach dem vom Bf. erstatteten Gutachten die Blätter 153–199 der Gerichtsakte. Diese enthielten nahezu ausschließlich für das Gutachten bzw. die Stellungnahme relevanten Inhalt. Die Mindestanforderung von 25 % gutachtenrelevantem Inhalt ist
hier um gut das Doppelte überschritten worden, so dass der Zeitaufwand für die knapp 50 Seiten hier deutlich höher mit 1,5 Stunden zu veranschlagen ist.

Für die Sichtung des bereits aus der Gutachtenerstellung bekannten Akteninhaltes von 792 Seiten und des Gutachtens vom 28.11.2011 sind 25 % des für die Vergütung des Gutachtens anerkannten erforderlichen Zeitaufwandes (9,9 Stunden) mit 2,48 Stunden zu berücksichtigen. Aufgrund der von der Klägerin aufgeworfenen Fragen zur Untersuchung und den erhobenen Befunden ist ein zusätzlicher Zeitaufwand für das Studium der Aufzeichnungen der Sachverständigen über die am 21.7.2011 durchgeführte Untersuchung plausibel. Dieser ist mit 1 Stunde zu veranschlagen.

bb) Der Zeitaufwand für die Abfassung der Beurteilung beträgt 4,89 Stunden.

Maßgebend ist dabei der Textanteil der ergänzenden Stellungnahmen, in denen sich der Bf. zu den von der Klägerin aufgeworfenen Fragen äußert. Folgende Teile der Stellungnahme bleiben unberücksichtigt: S. 1–2: sie enthalten nur einführende/erläuternde Textpassagen; S. 9 ab dem 3. Absatz: Erklärung über die Beteiligung von Herrn Dr. R. H. an der Erstellung der Stellungnahme.

Die nicht als Beurteilung zu berücksichtigenden Passagen umfassen ca. 1.800 Zeichen. Laut Abrechnung umfasst die gesamte Stellungnahme 10.666 Anschläge, so auf die Beurteilung ca. 8.800 Zeichen entfallen. Dies entspricht 4,89 Standard-Seiten, so dass der erforderliche Zeitaufwand für die Abfassung der Beurteilung 4,89 Stunden beträgt.

cc) Für Diktat und Durchsicht ist bei insgesamt 10.666 Anschlägen (entspricht 5,93 Standard-Seiten) eine Stunde anzusetzen.

dd) Der vom Bf. angesetzte Zeitaufwand für das Literaturstudium ist nicht berücksichtigungsfähig.

Grundsätzlich ist von einem Sachverständigen zu erwarten, dass er sich durch Einsicht in die einschlägige Literatur auf dem Laufenden hält (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 20.2.2008 Az.: L 6 B 186/07 SF, m.w.N., und vom 2.4.2013, Az.: L 6 SF 1739/12). Bei einem Sachverständigen mit beruflichen Qualifikationen wie beim Antragsteller, der zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens und der Stellungnahme, W3-Professor und Ärztlicher Direktor des am Universitätsklinikum F-Stadt u.a. mit dem Forschungsschwerpunkt Toxikologie von nanoskaligen Partikeln war und Autor mehrerer Studien zu den Auswirkungen der Emissionen aus Laserdruckern, ist die entsprechende Kenntnis und Verfügbarkeit der einschlägigen Literatur vorauszusetzen.

Die Anerkennung von zusätzlich notwendigem Literaturstudium und -recherche ist nur in ganz besonderen Fällen möglich (st. Rspr. BayLSG, z.B. Beschluss vom 15.6.2009, Az.: L 15 SF 129/09 B E und vom 30.11.2011, Az.: L 15 SF 97/11). Ein Zeitansatz für ein zusätzliches Literaturstudium kommt daher nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn beispielsweise eine abweichende Meinung vertreten wird, bei fehlenden oder widersprüchlichen Lehrmeinungen oder in sogenannten Seltenheitsfällen, wobei aber eine kritische Auseinandersetzung damit im Gutachten bzw. in der Stellungnahme erforderlich ist (Thüringer LSG, Beschluss vom 2.4.2013, Az.: L 6 SF 1739/12).

Das in Auftrag gegebene Gutachten und die angeforderte Stellungnahme betrafen eine Erkrankung und Fragestellungen zur Kausalität, die nicht häufig in gleichartiger oder ähnlicher Form vorkommen, so dass die Berücksichtigung eines zusätzlichen Zeitaufwandes für Literaturstudium denkbar ist. Hier fehlt es allerdings bereits an einer Darlegung des Standes der Literatur in der Stellungnahme vom 30.5.2012 und an einer Auseinandersetzung mit den angegebenen Literaturstellen. Ein Literaturverweis findet sich nur auf Seite 4 der Stellungnahme in Form einer Fußnote, mit der auf eine Studie (The German Multicentre Study on Multiple Chemical Sensitivity, veröffentlicht 2008) verwiesen wird. Eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt dieser Veröffentlichung enthält die Stellungnahme nicht. Auch in den übrigen Ausführungen wird auf Veröffentlichungen zu aktuellen oder von der Meinung des Bf. abweichenden Erkenntnissen kein Bezug genommen. Aus der Stellungnahme ist somit nicht erkennbar, für welche Ausführungen die vom Sachverständigen mit 6 Stunden angegebene Recherche zu Humanexposition erforderlich gewesen war. Die Berücksichtigung eines zusätzlichen Zeitaufwandes für Literaturrecherchen ist damit nicht geboten.

ee) Der Gesamtzeitaufwand setzt sich damit zusammen aus 4,98 Stunden für das Aktenstudium, 4,89 Stunden für die Abfassung Beurteilung und 1 Stunde für Diktat und Durchsicht. Er beträgt insgesamt 10,87 Stunden, gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 JVEG aufzurunden auf 11 Stunden.

ff) Die Schreib- und Portokosten sind antragsgemäß zu ersetzen, ebenso die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer (§§ 8 Abs. 1 Nr. 4, 12 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3 und 4 JVEG).

c) Die Vergütung errechnet sich damit wie folgt: Honorar, §§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 JVEG 11 Stunden á 85,00 EUR: 935,00 EUR; Schreibgebühren 8,25 EUR; Porto 7,90 EUR; Summe: 951,15 EUR; zzgl. 19% Umsatzsteuer: 180,72 EUR; insgesamt: 1.131,87 EUR. Nachdem dem Bf. bereits 1.435,32 EUR ausgezahlt worden sind (gerichtliches Schreiben vom 13.6.2012), sind vom ihm 303,45 EUR zu erstatten.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung …

Redaktionell überarbeitete Fassung,
eingereicht von P. Becker, Kassel