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Zur Bedeutung internationaler medizinische Leitlinien im Haftungsfall

Welche Bedeutung haben internationale medizinische Leitlinien im Haftungsfall? Dieses Thema sprach Dirk Weyhe von der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Pius-Hospital Oldenburg, Universitätsklinik für Viszeralchirurgie, auf dem 11. DGAV-Chirurgie-Update-Seminar am 15. und 16. Februar 2019 in Wiesbaden an.

Die Etablierung evidenzbasierter Medizin führt zu einem starken Bestreben, die Behandlungsqualität basierend auf Literaturevidenz zu standardisieren und daraus abgeleitete Therapiekonzepte in Form von Leitlinien zu etablieren. Dadurch können allerdings auch Konfliktsituationen bezüglich der gesetzlich zugesicherten Therapiefreiheit ärztlichen Handelns ausgelöst werden.

In einem aktuellen eigenen Beitrag des Referenten in der Fachzeitschrift „Der Chirurg“ werden medizinhaftungsrechtlich relevante Definitionen und der Umgang mit Leitlinien im Haftungsfall im Licht derzeitiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) analysiert und kommentiert. Hierzu diskutieren ein Rechtsanwalt für Medizinhaftrecht, der Vorsitzende des Zivilsenats für Arzthaftungsrecht des Oberlandesgerichts Oldenburg, ein Facharzt für Viszeralchirurgie und Mitglied verschiedener internationaler und nationaler Leitlinienkommissionen (der Referent) sowie eine Naturwissenschaftlerin aus ihrer jeweiligen Perspektive den Umgang mit Leitlinien und ggfs. juristische Konsequenzen.

Deutsche Gerichte haben sich – soweit ersichtlich – noch nicht explizit zur Frage geäußert, inwieweit der nationale Facharztstandard durch internationale Leitlinien abgebildet wird. Internationale Leitlinien können jedoch offensichtlich nicht a priori die gleiche Vermutung für sich haben, national befolgt zu werden wie zum Beispiel eine AWMF-S3-Leitlinie.

Daher wird man im Zweifel nicht davon ausgehen dürfen, dass eine internationale Leitlinie sofort die einer nationalen AWMF-S3-Leitlinie vergleichbare juristische Quasiverbindlichkeit erhält, sondern dass sie eher wie eine – wenn auch gewichtige – Fachveröffentlichung im Einzelfall zu subsummieren ist, erklärte Weyhe.

(Weyhe D, Uslar VN, Mählmeyer C, Oehlers H: Juristische Relevanz von Leitlinien. Der Chirurg 2018; 89 (8), 624–630)

 G.-M. Ostendorf, Wiesbaden

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