Anlässlich des Welttages der Patientensicherheit am 17. September mahnte die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e.V. (DGCH) deshalb dazu, vor Operationen weit häufiger als bisher den Glukosespiegel zu bestimmen – auch weil ein Diabetes oder Prädiabetes selbst den betroffenen Patientinnen und Patienten nicht immer bekannt ist.
„Dass es während größerer Operationen zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels kommt, ist daher zunächst einmal als normale Anpassungsreaktion zu werten“, erklärte Thomas Schmitz-Rixen, Generalsekretär der DGCH. Problematisch kann ein solcher Zuckerschub aber dann werden, wenn er auf einen ohnehin bereits erhöhten Blutzuckerspiegel trifft: Hohe Zuckerwerte schwächen die Immunfunktion, fördern die Ausscheidung von Wasser, können damit zu Exsikkose führen und verändern die Gerinnungsneigung – um nur die wichtigsten Effekte zu nennen.
„Ein schlecht eingestellter Blutzucker steigert daher die Komplikationsrate bei Operationen, von Infektionen über Thrombosen und Wundheilungsstörungen bis hin zur Notwendigkeit eines weiteren Eingriffs“, ergänzte Roland Goldbrunner, Präsident der DGCH. Das Risiko, im Zusammenhang mit der Operation zu versterben, ist bei Diabeteserkrankten um bis zu 50 Prozent erhöht!
Wie man heute weiß, ist es weniger der Diabetes an sich, sondern vielmehr eine mangelhafte Blutzuckereinstellung im Vorfeld des chirurgischen Eingriffs, welche diese Risiken in die Höhe treibt. Für die Entscheidung, geplante Eingriffe bei zu hohen Blutzuckerwerten zu verschieben, sollte zudem nicht nur der aktuelle Blutzuckerwert herangezogen werden, sondern auch das HbA1c. Dieser Wert gibt Hinweise auf die Blutzuckereinstellung in den zurückliegenden Wochen und sollte vor einer Operation einen Zielbereich von 8 bis 9 Prozent nicht überschreiten.
Hohen Aufklärungsbedarf sieht die DGCH weiter in Bezug auf die Diabetes-Dunkelziffer, den bislang unerkannten Typ-2-Diabetes. In Deutschland leben zusätzlich zu den 9 Millionen Menschen mit einem diagnostizierten Typ-2-Diabetes schätzungsweise 2 Millionen, die noch nichts von ihrer Erkrankung wissen.
„Untersuchungen legen nahe, dass bei mindestens 10 Prozent der Patienten in der Chirurgie ein bislang unerkannter Typ-2-Diabetes vorliegt“, so Schmitz-Rixen. Die DGCH plädiert daher für die Anwendung eines selektiven präoperativen Blutzucker-Screenings, wie es Empfehlungen vorsehen. „Der Nüchternblutzucker sollte zumindest vor Operationen mit hohem eingriffsbezogenem Risiko, bei Vorliegen von Herz-Kreislauf-Risikofaktoren und bei einem Body-Mass-Index von mehr als 30 kg/m2 bestimmt werden“, erläuterte der DGCH-Generalsekretär.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden