Bis zum 7. April 2023 vorgenommene Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2, die auf der Grundlage der Coronavirus-Impfverordnung erfolgten, gehören dem Bereich hoheitlicher Betätigung an. Die damals impfenden Ärzte sind demnach als Verwaltungshelfer einzuordnen. Die Verantwortlichkeit für etwaige Aufklärungs- und Behandlungsfehler dieser Verwaltungshelfer trifft deshalb grundsätzlich den Staat. Es kommt gemäß Art. 34 Satz 1 Grundgesetz nur eine Amtshaftung des Staates in Betracht, argumentierte der BHG.
Die jeweiligen Leistungserbringer (d. h. insbesondere die impfenden Ärzte) erledigten mit der Durchführung von Schutzimpfungen eine hoheitliche Aufgabe. Sie erfüllten den eigens durch das Bundesministerium für Gesundheit als Verordnungsgeber geschaffenen Anspruch gegen den Staat auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus. Dessen hoheitlicher Charakter stand bei der Impftätigkeit im Vordergrund.
Die Schutzimpfungen waren ein zentrales Mittel zur Bewältigung der Corona-Pandemie. Der darauf gerichtete Anspruch war ein wesentlicher Bestandteil der staatlichen "Corona-Impfkampagne", in welche die Leistungserbringer ausdrücklich eingebunden wurden. Die Erfüllung des staatlichen Impfanspruchs diente nicht nur dem individuellen Gesundheitsschutz, sondern auch der Aufrechterhaltung zentraler staatlicher Funktionen und zentraler Bereiche der Daseinsfürsorge.
Schließlich stand den privaten Leistungserbringern nur ein stark eingeschränkter Entscheidungsspielraum zu, wie der Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus zu erfüllen war. Ihnen wurde durch den Verordnungsgeber vorgegeben, auf welche Weise die Schutzimpfung und die begleitenden Leistungen vorzunehmen waren.
Der BGH bestätigte damit die Entscheidung der Vor-Instanzen, welche die Klage eines Patienten wegen eines angeblichen Impfschadens auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 800.000 €, die Feststellung der Einstandspflicht der impfenden Ärztin für materielle und nicht vorhersehbare immaterielle Schäden sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten abgewiesen hatten.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden