Die Klägerin hatte gegen den Haftpflichtversicherer eines Unfallverursachers einen weiteren Teilschmerzensgeldanspruch aus einem Verkehrsunfall geltend gemacht. Dieser war von der Fahrbahn abgekommen und auf den Gehweg gefahren, wo er mit einer Gruppe von Passanten kollidiert war, unter denen sich auch die Klägerin, ihre Großeltern und ihr damals sechs Wochen alter Sohn befunden hatte. Die Klägerin hatte mehrere Verletzungen erlitten; ihr Sohn ein Schädel-Hirn-Trauma und eine Hirnblutung, zudem war ein Lungenflügel kollabiert. Er war eine Woche im künstlichen Koma gelegen.
Das vorher zuständige Oberlandesgericht (OLG) Köln hatte aber offenkundig unrichtig überhöhte Anforderungen an die Substantiierungspflicht der Klägerin zum Krankheitswert der psychischen Beeinträchtigungen gestellt und damit deren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt, kritisierte der BGH.
Die Klägerin hatte nicht nur ihre psychischen Beschwerden beschrieben. In der Berufungsbegründung hatte sie auch ausdrücklich die Behauptung aufgestellt, dass es sich bei diesen Beschwerden um "pathologisch feststellbare Gesundheitsbeeinträchtigungen im psychischen Bereich" handle.
Sie hatte weiter in der Klageschrift und in einem Schriftsatz aus dem von ihr vorgelegten I-Bericht zitiert, wonach ihre psychische Situation das "gesundheitliche Hauptproblem" sei. Im I-Bericht findet sich in der Aufstellung der beim Unfall erlittenen Verletzungen unter anderem der Eintrag: „Deutliche Hinweise auf eine Anpassungsstörung"; eine Verhaltenstherapie war empfohlen worden. Die Klägerin hatte weiter 23 psychotherapeutische Behandlungsstunden absolviert, deren Kosten von der beklagten Haftpflichtversicherung übernommen worden waren.
Zudem hatte die Klägerin behauptet, dass die Behandlungen aufgrund des Unfallgeschehens "medizinisch geboten" gewesen seien und dies unter Beweis gestellt durch den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Eine weitere Substantiierung kann jedoch von einem medizinischen Laien, der in seinen Beschwerden die Symptome einer unfallbedingten psychischen Erkrankung vermutet, nicht erwartet werden, betonte der BGH. Insbesondere musste die Klägerin nicht, wie vom Berufungsgericht erwartet, vortragen, dass eine fachkundige Person bereits eine Diagnose aus dem Katalog des Kapitels V des Klassifikationssystems ICD-10 gestellt habe, und auch nicht entsprechende Bescheinigungen ihrer Psychotherapeutinnen vorlegen.
Der Behauptung der Klägerin, dass es sich bei ihren Beschwerden um "pathologisch feststellbare Gesundheitsbeeinträchtigungen im psychischen Bereich" handle, war vielmehr durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen.
Versicherungsrecht, 76. Jg., Heft 15 vom 1. August 2025, S. 967-968
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden