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Risiken alternativer/komplementärer Krebstherapien

Bei einigen besonders gefährlichen Behandlungsverfahren sind bereits Behörden, Fachgesellschaften oder Expertengremien aktiv geworden und haben Stellungnahmen herausgegeben. Deren Anwendung ist dann in Deutschland entweder verboten oder Fachleute raten ausdrücklich davon ab.

Zu prominenten gefährlichen Methoden gehören beispielsweise:

Bittere Aprikosenkerne, rohe Bittermandeln: Sie enthalten hohen Mengen Amygdalin, auch bekannt unter dem Phantasienamen "Vitamin B17" – eine irreführende Bezeichnung, da es sich hierbei um kein Vitamin handelt. Amygdalin wird im Körper während der Verdauung zu Blausäure umgewandelt. Blausäure kann zu schweren Vergiftungen mit Beschwerden wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen bis hin zu Atemnot und Tod führen. Miracle Mineral Supplement (MMS): Dabei handelt es sich um eine Lösung mit der chemischen Verbindung Natriumchlorit – nicht zu verwechseln mit Kochsalz (Natriumchlorid). Meist gehört eine 2. Flasche mit einer verdünnten Säure ("Aktivator") zur Therapie. Wird Natriumchlorit mit dem "Aktivator" versetzt, entsteht das stark reizende Chlordioxid. Die Einnahme kann unter anderem Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall verursachen. Wer die Lösung unverdünnt schluckt oder versehentlich auf die Haut bekommt, muss mit Reizungen und Verätzungen rechnen. Ukrain: Wird aus giftigen Inhaltsstoffen von Schöllkraut (Alkaloiden) und dem Zytostatikum Thiotepa hergestellt. Für Schöllkraut-Extrakte sind schwere Leberschädigungen, einschließlich Leberentzündungen (Hepatitis) bekannt geworden. Untersuchungen mit Ukrain zeigten viele weitere Nebenwirkungen, unter anderem Knochenmarksschädigungen und Tumorblutungen.  

Bei anderen Verfahren können bestimmte Personengruppen von erheblichen Risiken betroffen sein, beispielsweise

Allergiker: Pflanzen, pflanzliche Wirkstoffe und tierische Produkte können allergische Reaktionen auslösen – von harmlosen Hautreaktionen durch Salben und Umschläge bis hin zu lebensbedrohlichen Reaktionen beispielsweise durch Bienenprodukte wie Gelée Royale (Bienenköniginnenfuttersaft). Patienten mit Krebserkrankungen, die vom Immunsystem ausgehen (Leukämien und Lymphome): Es gibt zum Beispiel Hinweise aus klinischen Studien, dass eine Misteltherapie solche Krebserkrankungen durch die möglicherweise immunstimulierende Wirkung der Mistelextrakte eher fördert als bekämpft. Menschen mit beeinträchtigter Leberfunktion: Von manchen Pflanzenprodukten ist bekannt, dass sie der Leber schaden können, beispielsweise von Noni, der Frucht des indischen Maulbeerbaums.  

Wer Mittel mit wirkaktiven (sog. schulmedizinischen) Inhaltsstoffen einnimmt oder spritzt, geht ein mögliches Risiko von Wechselwirkungen mit anderen, gleichzeitig angewendeten Medikamenten und Therapien ein – das gilt auch für Substanzen der komplementären Krebstherapie. 

So können hochdosierte Antioxidantien die Wirkung von Chemotherapie oder Strahlentherapie abschwächen, weil sie die erwünschte Zellschädigung durch die Therapie abmildern. Beispiele sind hochdosierte Vitamin-C-Infusionen oder Nahrungsergänzungsmittel mit hohen Mengen an Epigallocatechingallat (EGCG, ein Wirkstoff aus grünem Tee).

Grundsätzlich ist davon auszugehen: Substanzen oder Eingriffe in den Körper, von denen eine Wirkung erwartet wird, können auch Nebenwirkungen haben. Das gilt nicht nur für etablierte Krebstherapien, sondern auch für viele vermeintlich "sanfte" und "natürliche" Therapien, so der Krebsinformationsdienst.

https://www.krebsinformationsdienst.de/komplementaere-und-alternative-krebsmedizin

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden