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Editorial

In den letzten Jahren steigt die Zahl der Schlaf-Wach-Störungen in der deutschen Bevölkerung stetig an. Aktuell gehen wir von einer Prävalenz von bis zu 10 % bei der Insomnie und von mindestens 5 % bei der exzessiven Tagesschläfrigkeit aus. Daraus ergeben sich auch erhebliche sozialmedizinische Beeinträchtigungen. Dieses Schwerpunktheft widmet sich den sozialmedizinischen Konsequenzen der weit gefächerten Bandbreite der Schlaf-Wach-Störungen mit Relevanz für den Begutachtenden.

Die Internationale Klassifikation von Schlafstörungen (ICSD-2) hat in ihrer letzten großen Überarbeitung 2014 mehr als 80 verschiedene Schlafstörungen gelistet. Diese sind in die großen Gruppen der Insomnien, Schlafbezogenen Atmungsstörungen, Hypersomnien zentraler Ursache, Zirkadianen Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen, Parasomnien und Schlafbezogenen Bewegungsstörungen eingeteilt.

S. Kotterba und A. Heidbreder beschreiben die sozialmedizinischen Konsequenzen der Hypersomnie. Übermäßige Tagesschläfrigkeit und damit verbundene Aufmerksamkeitsdefizite sind häufige Ursachen von Verkehrsunfällen. Ebenfalls entstehen Probleme am Arbeitsplatz, die zu Ausfall am Arbeitsplatz, aber auch dauerhafter Berufsunfähigkeiten führen können. Hierzu bedarf es zunehmend gutachterlicher Stellungnahmen.

Bei Parasomnien handelt es sich um besondere Vorkommnisse im Schlaf, bei denen es zu unbewussten komplexen Handlungen kommt. Bewegungen im Rahmen von Parasomnien können zu Verletzungen der Betroffenen und der Bettpartner führen, auch sexuelle Übergriffe sind möglich. Hierbei wird zwischen sogenannten non-REM-Parasomnien und REM-Schlaf bezogenen Parasomnien unterschieden. In dem Beitrag von B. Voges geht es um rechtliche Konsequenzen von durch komplexe bewusstseinsferne Handlungen im Schlaf (non-REM-Parasomnien) entstandenen Schädigungen von „Täter“ oder Bettpartner. Hieraus ergibt sich ein möglicherweise resultierender Bedarf an juristischen und gutachterlichen Abwägungen zwischen unbewusstem Handeln mit Schuldunfähigkeit einerseits oder Willkürtat mit nachgeschobener Schutzbehauptung andererseits. S. Rupprecht widmet sich der REM-Schlaf-Verhaltensstörung als eine seltene neurologische Erkrankung, charakterisiert durch das gewaltsam-aggressive Ausagieren von Trauminhalten. Sie ist häufig das Erstsymptom einer neurodegenerativen Erkrankung mit entsprechenden Implikationen für die sozialmedizinische Beurteilung. Aufgrund der Seltenheit des Erkrankungsbildes liegen bisher keine gutachterlichen Empfehlungen vor. Hier werden erstmals allgemeine und spezifische Empfehlungen zur sozialmedizinischen und forensischen Beurteilung der REM-Schlaf-Verhaltensstörung im Rahmen gutachterlicher Verfahren vorgestellt.

Ein weiterer Beitrag von S. Happe et al. stellt eine Konsensusempfehlung der Begutachtung des Restless-Legs-Syndroms vor. Dieses stellt eine zunehmende sozialmedizinische Anforderung an den Neurologen dar. In dieser Empfehlung wird insbesondere auch näher auf die Diagnostik und Therapie des Restless-Legs-Syndroms als häufigste schlafbezogene Bewegungsstörung überhaupt eingegangen.

Insgesamt freue ich mich, die großen neurologisch-relevanten schlafmedizinischen Themen in einem Heft vereint von auf ihrem Fachgebiet besonders ausgewiesenen neurologischen Schlafmedizinern präsentieren zu dürfen. Ich wünsche Ihnen eine anregende und für Ihre Tätigkeit hilfreiche Lektüre.

Svenja Happe, Telgte