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Projekt F2436: „Führung und Organisation im Wandel“

Der Zusammenhang organisationaler Rahmen­bedingungen und Gesundheit bei Führungskräften und Beschäftigten

B. Thomson1

C. Steidelmüller1

T. Schröder2

A. Wittmers1

F. Pundt3

C. Weber1

The correlation between organisational context
and the health of leaders and employees

Depending on its nature, leadership can be positively or negatively asso­ciated with wellbeing and health in the workplace. Yet leadership behaviour is not only determined by the leader himself or herself. It is also influenced by organisational context conditions such as structure, climate and management culture. Little is known about the underlying mechanisms, however. The BAuA project “Leadership and organisation in a changing world of work” therefore tackles the issue of how organisational context impacts affect the working conditions, management behaviour, wellbeing and health of leaders and followers alike. This report addresses research gaps in this respect.

Firstly (in paragraph 2), we define our understanding of structure, climate and culture as these constructs – particularly the difference between climate and culture – are not clear-cut in reference literature. For our purposes, we define structure as the sum of objective organisational characteristics such as size, industry sector, hierarchy, etc. Our understanding of climate is the shared and conscious perception of practices and procedures in a specific organisation. In accordance with Schein (2017), we refer to culture as the sum of organisational phenomena shared by the organisation‘s members, although these are more implicit than climate. Theoretical approaches to combine the organisational macro- and micro-perspective are currently lacking. In paragraph 3 we refer to a research model which considers the different layers of the organisation relevant to our research questions.

Based on a systematic literature review (paragraph 4) and secondary data analysis (paragraph 5) with combined data on businesses and employees, we demonstrate that positively perceived climates (e.g. as regards organisational fairness or support) are, as expected, conducive to employee wellbeing and health. On the other hand, negative climates (e.g. marked by discrimination) pose a risk to these individual outcomes. The few existing studies on the correlation between culture and health show that different types of culture can lead to positive outcomes for employees. Both these studies and those referring to structural characteristics and individual outcomes produce ambiguous results.

In particular, based on our secondary data analysis we found that leaders (vs. followers) seem to have a better perception of their wellbeing and health. With regard to the connection between organisational characteristics and health, it was noted that the mere existence of potential support structures (e.g. health-management systems, regular employee appraisals) is not in itself related to positive individual outcomes. These structures only have a positive effect on wellbeing and health if they are “in use” and referred to by the organisation‘s members – in other words, if they become a positively perceived climate of support. Accordingly, we found positive associations between organisational climate and well-being. Interestingly, high demands on the leaders as regards social support to promote the health of their followers have an adverse impact on the leaders‘ wellbeing and health.

Keywords: structure – climate – culture – leadership – wellbeing – health

Der Zusammenhang organisationaler Rahmenbedingungen und Gesundheit bei Führungskräften und Beschäftigten

Führungsverhalten steht je nach Ausprägung positiv oder negativ mit dem Wohlbefinden und der Gesundheit von Beschäftigen im Zusammenhang. Wie eine Führungskraft agiert, hängt unter anderem auch von den Rahmenbedingungen in der Organisation ab – von Strukturen, Klima und Organisationskultur. In dem Projekt „Führung und Organisation im Wandel“ geht die BAuA daher unter anderem der Frage nach, welchen Einfluss die Rahmenbedingungen der Organisation auf die Arbeitsbedingungen der Führungskräfte, ihr Führungsverhalten, das Wohlbefinden und die Gesundheit der Führungskräfte selbst sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Der vorliegende Bericht adressiert in diesem Zusammenhang diverse Lücken in der Forschung.

Zur begrifflichen Einordnung definieren wir zunächst strukturelle Aspekte als objektivierbare Merkmale einer Organisation (u.a. Größe, Branche, Aufbau- und Ablauforganisation). Klima verstehen wir als die geteilte und bewusste Wahrnehmung von Praktiken und Prozeduren in einer Organisation. Angelehnt an Schein (2017) verstehen wir Kultur als die von den Organisationsmitgliedern geteilten, aber impliziten Überzeugungen und Werte. Eine theoretische Einordnung von Fragestellungen, die sich simultan auf mehrere Ebenen der Organisation bezieht, wird aufbauend auf organisa­tionsbezogenen Theorien und solchen, die den Zusammenhang von Arbeitsbedingungen und Individualauswirkungen betrachten, in einem für unsere Studien relevanten Forschungsmodell adressiert.

Auf Basis eines systematischen Literaturreviews und eines repräsentativen Datensatzes mit kombinierten Betriebs- und Beschäftigtendaten kann erwartungsgemäß gezeigt werden, dass positive Klimata mit hohen Ausprägungen von Gerechtigkeit oder Unterstützung der Beschäftigtengesundheit zuträglich sind. Negative Klimata, die etwa geprägt sind durch Diskriminierung, wirken demgegenüber beeinträchtigend. Die wenigen existierenden Studienergebnisse zum Zusammenhang von Kultur und Gesundheit können als Hinweise gewertet werden, dass unterschiedliche Kulturtypen zu förderlichen Ergebnissen für die Beschäftigten führen können. Die Studienlage zu Zusammenhängen struktureller Merkmale und den interessierenden Out­comes war sehr heterogen. In den meisten Fällen waren die Befunde unklar.

Im Rahmen der Sekundärdatenanalyse konnte gezeigt werden, dass sich Führungskräfte im Vergleich zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ohne Führungsverantwortung gesünder zu fühlen scheinen. Im Hinblick auf den Zusammenhang organisationaler Charakteristika mit Gesundheit konnte festgestellt werden, dass das reine Vorhandensein potenziell gesundheitsförderlicher Strukturen (Gesundheitsförderung, regelmäßige Mitarbeitergespräche) erst einmal nicht mit Gesundheit im Zusammenhang steht. Das Klima und die Arbeitsbedingungen hingegen weisen einen sehr klaren Zusammenhang mit Mitarbeitergesundheit auf. Interessanterweise ist die für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesundheitsförderliche soziale Unterstützung für die Führungskräfte selbst scheinbar durchaus eine Belastung, die mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen einhergeht. Die festgestellte hohe Bedeutung von Klimaaspekten für die Gesundheit der Beschäftigten lässt sich auch als „gelebte Unterstützungsstruktur“ interpretieren.

Schlüsselwörter: Struktur – Klima – Kultur – Führung – Wohlbefinden – Gesundheit

1 Einleitung

1.1 Führung als wichtiger Aspekt im Wandel der Arbeit

Der Wandel von Arbeit ist unumstritten und in Gesellschaft, Politik und Wissenschaft breit diskutiert. Neben der Globalisierung, einer veränderten Zusammensetzung des Arbeitskräfteangebots und einem beobachtbaren kulturellen Wandel gilt die Digitalisierung als einer der Treiber und Trends des aktuellen Wandels (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, BMAS, 2017). Die Digitalisierung ermöglicht und bedingt durch neue technische Optionen (massenhafte Verbreitung neuer Technologien, intelligente Automatisierung, „big data“ oder kommunikative Vernetzung) Wandel in den Strukturen und Prozessen der Arbeit. Globalisierung, sozialer Wandel und Restrukturierung in den Organisationen werden dabei weiter vorangetrieben. Dieser Wandel geht auch mit Veränderungen des Verständnisses von Organisationen, deren Aufbau und Ablauforganisation, einher, was die normativen Anforderungen an Führung beeinflusst. Denn Führung ist das „Vehikel“, um organisationale Strategien und Ziele in den bestehenden Strukturen der Organisation umzusetzen (Burnes 2004).

Das Weißbuch „Arbeiten 4.0“ der Bundesregierung (BMAS 2017) greift die Herausforderungen der beschriebenen Veränderungen in der Arbeitswelt für Politik, Unternehmen und Beschäftigte auf. Hierbei wird verdeutlicht, dass Digitalisierung und Globalisierung zwar nicht immer zwingend und überall radikal neue Formen der Unternehmensorganisation hervorrufen, jedoch wachsende Flexibilitätsanforderungen, häufige Restrukturierungen und zunehmenden organisationskulturellen Wandel nach sich ziehen. Das zugehörige Grünbuch (BMAS 2015) betont die Notwendigkeit neuer und angepasster Führungskultur, um den diversen Anforderungen der Arbeit 4.0 zu begegnen. Führung wird damit auch politisch als wichtiger Aspekt im Wandel der Arbeit adressiert. Aktuelle Veröffentlichungen zeigen dazu, dass die Anforderungen des Wandels für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch das Verhalten der Führungskraft maßbeglich beeinflusst werden (Otto et al. 2018; Thomson et al. 2018). Die Anforderungen an Führungskräfte sind in diesem Zusammenhang vielfältig: zum Beispiel mehr Dynamik und damit mehr Selbstorganisation und Delegation, Führen nicht mehr über Ziele, sondern Rollendefinitionen, mehr Eigenverantwortung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Umgang mit mehr Beschäftigtenheterogenität und veränderte Anforderungen der Beschäftigten (Ernste et al. 2013; Felfe et al. 2014; Franken 2016; von Au 2017). In einer aktuellen Internetanalyse zukünftig erwarteter Führungsoptionen angesichts der Digitalisierung zeigten Weber et al. (2018) auf, dass sich die Anforderungen der Beschäftigten an Führung verändern. Führungsverhalten auf der Basis von Autoritätshaltung, Kontrolle und Machterhalt durch Informationsvorsprünge wird abgelehnt. An die Stelle eines eher hierarchischen Verständnisses von Führung tritt die Betonung des Dialogs auf Augenhöhe und vertrauensvoller Beziehungen, in denen die Führungskraft nicht die Richtung vorgibt, sondern eher die Rolle eines Moderators, Kommunikators und Unterstützers einnimmt. Dabei wird jedoch nicht thematisiert, wie die Transformation von einem eher älteren Verständnis von Führung zu einem modernen Führungsverständnis beschritten werden kann. Ansätze, wie zu einem neuen Verständnis von Führung und adäquatem Führungsverhalten in flexiblen Organisationen gelangt werden kann, sind daher dringend notwendig, in der Forschung aber bislang wenig berücksichtigt. „Moderne“ Führungsansätze, die einen hohen Anteil an partizipativer und gleichberechtigter sozialer Interaktion bei gleichzeitiger hoher Leistungsorientierung aufzeigen, erfordern von der Führungskraft hohes Engagement und zeitliche Ressourcen. Führungskräfte sind involviert im Hinblick auf die Häufigkeit und Intensität affektiver Reaktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, hervorgerufen durch hohe Arbeitsanforderungen, Veränderung und Unsicherheit (Montano et al. 2017). Dies zu leisten, ist für Führungskräfte nur möglich, wenn in der Organisation entsprechende ermöglichende Rahmenbedingungen im Sinne von Unterstützungsstrukturen und einer entsprechenden Unternehmenskultur bzw. bestimmten Klimafacetten vorhanden sind (Montano et al. 2017; Rothe et al. 2017). Die Zusammenhänge dieser Organisationsbedingungen mit den Arbeitsbedingungen der Führungskräfte und mit ihrem Führungsverhalten sind indes in der Führungsforschung unterrepräsentiert. Studien, die den Kontext ausdrücklich und substanziell mit seinen Auswirkungen auf Individuen in den Fokus nehmen sind rar (Johns 2006), wenngleich Gruppen- oder Organisationsvariablen auch einen ganz direkten Einfluss auf Individuen haben können oder die Beziehung von Stressoren am Arbeitsplatz und Stressreaktionen des Individuums moderieren oder mediieren können (Diez-Roux 1998).

Diese Erkenntnislücke, die aus der Nicht-Beachtung von organisationalen Kontextfaktoren entsteht, wird in der Literatur zur Organisationsforschung zunehmend anerkannt. So fordert Johns (2006), dass Kontextvariablen in die theoretischen Modelle einzubinden seien, um Ergebnisse besser interpretieren zu können und praktische Empfehlungen für Manager ableiten zu können. Dies ist bedeutsam, um über eher verhaltensorientierte Ansätze (Bewältigungstrainings, Umgang mit Stress etc.) hinauszugehen und an der Gestaltung von Prozessen und Arbeitsbedingungen anzusetzen (Bliese u. Jex 2002). Insbesondere in der Führungsforschung wäre die Einbindung von organisationalen Kontextvariablen notwendig (Montano et al. 2016, 2017). Bisher allerdings liegt hier der Schwerpunkt der Forschung vielmehr auf der Frage, wie Führungsstile als überdauernde Verhaltensmuster der Führungskräfte mit dem Erfolg der Teams oder der Führungskräfte selbst zusammenhängen. Sowohl die Frage von Rahmenbedingungen als Determinante von Führungshandeln wie auch der Fokus auf Wohlbefinden und Gesundheit als Ergänzung zu Leistungs- und Erfolgsaspekten sind aufgrund der Komplexität der Mechanismen in einer Organisation wenig beachtet, obwohl die Bedeutung dieser Einflussfaktoren auf der Hand liegt.

Abgesehen von der mangelnden theoretischen Fundierung zu Forschungshypothesen beinhaltet die unzureichende Berücksichtigung der diversen Organisationsebenen auch Implikationen für die Ableitung praktischer Empfehlungen. Es wird beispielsweise als problematisch erachtet, auf der Mikro-Ebene der Organisation Evidenz zu Zusammenhängen von Individualmerkmalen zu generieren und daraus Ableitungen für die höheren Ebenen der Organisation zu formulieren („atomistic fallacies”; Kozlowski u. Klein 2000). Frage­stellungen und Lösungen, die lediglich kleine Teile der Organisationsrealität in den Blick nehmen, bieten insofern wenig Potenzial für praktische Gestaltungsempfehlungen, die sich auf Abteilungen oder die Organisation insgesamt beziehen. Fundierte Empfehlungen dieser Art sind indes notwendig, denn betriebliche Interventionen scheinen eine positivere Wirkung zu zeigen, wenn sie auf höheren Ebenen der Organisation (anstatt nur beim Individuum) ansetzen (Karasek u. Theorell 1990). So zeigen Montano et al. (2017) auf, dass sowohl organisationale Charakteristika als auch Gruppenprozesse und Individualaspekte für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter relevant sind. Zu den organisationalen Aspekten zählen die Autoren organisationale Strukturen sowie strategische und operative Setzungen durch das Management und die Führungskräfte, wie sie weiter oben auch im Kontext von Kultur und Klima diskutiert wurden. Insbesondere mit den komplexer werdenden Bedingungen im Zuge des „Wandels der Arbeit“ werden Forderung nach Mehr-Ebenen-Betrachtungen der verschiedenen Analyseebenen in der wissenschaftlichen Diskussion häufiger und vehementer (Avolio u. Bass 1995; Hackman 2003; Kozlowski u. Klein 2000; Nielsen et al. 2018; Rothe et al. 2017; Turgut 2014; Yammarino u. Dansereau 2009).

1.2 Ziel, Beitrag und Struktur des vorliegenden Berichts

Diese Aspekte werden daher im aktuellen BAuA-Projekt „Führung und Organisation im Wandel – FOWa“ (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2019) umfassend aufgegriffen. Ziel des vorliegenden Berichts ist die Präsentation erster Ergebnisse aus diesem Projekt zu folgenden Fragestellungen:

  • In welchem Zusammenhang stehen organisationale Aspekte wie strukturelle Unterstützungsangebote für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (regelmäßige Mitarbeitergespräche, Betriebliches Gesundheitsmanagement, Personalentwicklung etc.), oder ein(e) mitarbeiterorientierte(s) Kultur/Klima mit Wohlbefinden und Gesundheit?
  • In welchem Zusammenhang stehen diese Aspekte speziell mit den Arbeitsbedingungen der Führungskräfte und mit dem Führungsverhalten?
  • In welcher Wechselwirkung stehen Kultur/Klima und Führungsverhalten?
  • Wegen der bisher unzureichenden Studienlage nähern wir uns diesen Fragen zunächst explorativ im Rahmen zweier Teilstudien, nämlich auf Basis einer systematischen Literaturübersicht sowie der Auswertung verschiedener großer Datensätze, die Betriebs- und Beschäftigteninformationen miteinander in Beziehung setzen. Damit tragen wir dazu bei, wichtige Lücken in der Führungsforschung vor dem Hintergrund des Wandels der Arbeit zu schließen und die relevanten Informationen in die wissenschaftliche und gesellschaftliche Diskussion zurückzuspiegeln.

    Zudem leisten wir eine notwendige begriffliche und theoretische Einordnung der Begriffe Struktur, Kultur und Klima im betrieblichen Kontext. Dies ist insbesondere notwendig, weil es in der Literatur häufig an eindeutigen Abgrenzungen des Kultur- und Klimabegriffs fehlt bzw. beide Begriffe unsystematisch und häufig synonym verwandt werden.

    Ein wesentlicher Innovationsaspekt des Projekts „Führung und Organisation im Wandel“ ist die Betrachtung von Zusammenhängen verschiedener Ebenen der Organisation. Theorien, die die gesamte damit verbundene Komplexität abbilden, sind nicht verfügbar und sicherlich auch nicht sinnvoll. Gleichwohl ist es aus unserer Sicht bedeutsam aufzuzeigen, wie Organisationstheorien und Theo­rien, die die Auswirkungen von Arbeitsbedingungen auf Individuen vorhersagen, ineinandergreifen können und welche Aspekte in diesem Zusammenhang relevant sind (Diez-Roux 1998; Johns 2006). Insofern leistet dieser Bericht auch eine theoretische Einordnung, die für die Erfüllung der Projektzielstellung relevant ist.

    Um zu den beschriebenen Zielen beizutragen, ist der vorliegende Bericht wie folgt strukturiert: Zunächst definieren wir unser Verständnis zu wichtigen organisationalen Rahmenbedingungen, die einen potenziellen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der Führungskräfte, ihr Führungsverhalten sowie die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Führungskräfte haben können (Abschnitt 2). Im Anschluss erfolgt die theoretische Einordnung unserer Fragestellungen und die Hinführung auf ein entsprechendes Rahmenmodell (Abschnitt 3). Danach wird in den Abschnitten 4 und 5 das Vorgehen und die Ergebnisse des Literaturreviews und der Sekundärdatenanalyse beschrieben. Die Ergebnisse werden in Abschnitt 6 zusammenfassend diskutiert und das weitere Vorgehen hieraus abgeleitet. Der Bericht bietet eine wissenschaftliche Abhandlung zu den weiter oben dargestellten Fragestellungen und richtet sich insofern an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Praktikerinnen und Praktiker mit wissenschaftlichem Hintergrund und Interesse.

    2 Begriffsdefinitionen

    Wesentlich für unseren Untersuchungsgegenstand (siehe Zielstellung Abschnitt 1.2) sind die Begriffe Organisation, Organisationsstruktur, Organisationsklima sowie Organisationskultur (im Folgenden nur noch kurz als Struktur, Klima und Kultur bezeichnet). Bei der Ausein­andersetzung mit diesen Konstrukten zeigt sich, dass die Klärung des Begriffsverständnisses von besonderer Bedeutung ist, denn die Literatur in diesem Forschungsfeld ist alles andere als eindeutig und präsentiert keine Standarddefinitionen. Insbesondere die Begriffe Klima und Kultur werden häufig synonym verwendet oder zeigen große inhaltliche Überschneidungen (für eine vertiefende Diskussion siehe Denison 1996; Kuenzi u. Schminke 2009; Ostroff et al. 2013). Diese begriffliche Unschärfe spiegelt sich auch in den Ergebnissen unserer Literaturrecherche wider (siehe Abschnitt 4.2.3).

    Insbesondere der Kulturbegriff wird in Wissenschaft und Praxis häufig und breit eingesetzt. Der Unternehmenskultur werden weitreichende Effekte auf die Zufriedenheit, das Wohlergehen und die Gesundheit der Beschäftigten, wie auch auf die Prosperität der Organisation unterstellt (siehe zum Beispiel Badura et al. 2016). Das Konstrukt Kultur spielt insofern eine zentrale Rolle bei dem Versuch, die Komplexität von Organisationen in ihrer Ganzheitlichkeit zu erfassen. Daher ist ein fundiertes Verständnis dessen, wie man Kultur – insbesondere auch in Abgrenzung zu anderen organisationalen Phänomenen – fassen und wie man sie gegebenenfalls anpassen und optimieren kann, von großer Bedeutung.

    Eine möglichst genaue Definition der zentralen Begriffe Struktur, Kultur und Klima hat zudem Implikationen für deren Messmethodik, wie weiter unten verdeutlicht werden wird. Das Fehlen von Standarddefinitionen und die unzureichende Abgrenzung zwischen den Begrifflichkeiten resultieren zu einem großen Teil aus unterschiedlichen Forschungstraditionen (Schneider et al. 2011, 2017) und einem unterschiedlichen Begriffsverständnis in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen, die sich mit Organisationen und ihren Subsystemen beschäftigen. So ist das Verständnis von Struktur und Kultur in der Organisationssoziologie mit ihrem Fokus auf Fragen von Arbeitsteilung, Formen der Kooperation und Fragen von Herrschaft und Machtdifferenzen anders als in der Organisationspsychologie, in der es um Zusammenhänge von Organisation, Arbeitsbedingungen und vor allem um Auswirkungen auf Individuen, und dabei insbesondere auch um deren Wohlbefinden und Gesundheit, geht (siehe dazu insbesondere Abschnitt 3). Die folgenden Abschnitte beleuchten jeweils die Diskussion um die Begriffe Struktur, Klima und Kultur und leiten daraus die Arbeitsdefinition ab, derer wir uns für die Zwecke dieses Berichts bedienen.

    2.1 Organisation und Organisationsstruktur

    Eine Organisation kann definiert werden als „ein der Umwelt gegenüber offenes System, das zeitlich überdauernd existiert, spezifische Ziele verfolgt, sich aus Individuen bzw. Gruppen zusammensetzt, eine bestimmte Struktur aufweist, die meist durch Arbeitsteilung und eine Hierarchie von Verantwortung gekennzeichnet ist“ (Gebert 1978, zitiert nach von Rosenstiel u. Kaschube 2014, S. 679). In dieser Definition wird bereits auf die Struktur einer Organisation als deren (relativ objektiv fassbares) Grundgerüst verwiesen.

    Der Strukturbegriff wird in zahlreichen Rahmenmodellen zur ganzheitlichen Organisationsdiagnose verwendet und beinhaltet wichtige Beschreibungsdimensionen der Organisation (ein Überblick über relevante Modelle und Konzepte findet sich zum Beispiel bei Felfe 2019). Ein Beispiel für den Diagnosezugang für Organisationen ist das von Van de Ven u. Ferry (1980) entwickelte Organizational Assessment Inventory. Dieses erfasst die formale Struktur einer Organisation auf den Analyseebenen Gesamtorganisation (Aufbau- und Ablauforganisation), Abteilungs-, Arbeitsplatz- sowie Individualebene.

    Einen der bekanntesten Ansätze – sowohl als eigenständige Organisationstheorie als auch in der Organisationsdiagnose – stellt der kontingenztheoretische Ansatz dar. Dieser wurde maßgeblich von der so genannten „Aston-Gruppe“ geprägt, die sich zwischen 1961 und 1970 an der Aston-University in Birmingham unter der Leitung von Derek S. Pugh mit Organisationsstrukturen und organisationalem Verhalten beschäftigt hat (Schreyögg u. Geiger 2016). Die Forscherinnen und Forscher leiteten aus der organisationstheoretischen Literatur fünf zentrale Strukturdimensionen einer Organisation ab (Hinings u. Lee 1971; Pugh et al. 1968):

  • Spezialisierung – Grad der Arbeitsteilung beziehungsweise das Ausmaß, in dem die Arbeit in spezialisierte Rollen aufgeteilt ist.
  • Formalisierung – Ausmaß, in dem Regeln, Verfahrensweisen, Weisungen usw. schriftlich niedergelegt sind.
  • Standardisierung – Ausmaß, in dem organisatorische Aktivitäten als Routineverfahren vorgeregelt sind.
  • Die ersten drei Dimensionen können auch als Strukturierungsgrad der Tätigkeiten zusammengefasst werden.

  • Zentralisierung – Ausmaß, in dem Entscheidungskompetenzen an der Organisationsspitze angesiedelt sind.
  • Konfiguration – Ausprägung der Strukturgestalt, bestimmt durch die Zahl der Hierarchieebenen, die Größe der Kontrollspannen, die Kriterien der Abteilungsbildung und/oder den prozentualen Anteil der Verwaltungskräfte.
  • Aus diesen Dimensionen wurden mittels Faktoren- und Clusteranalysen sieben Organisationstypen abgeleitet, die beschreibenden Charakter im Hinblick auf objektivierbare Organisationseigenschaften hatten (Pugh et al. 1969).

    Der Kontingenztheorie folgend werden diese Strukturdimensionen beziehungsweise ihre Ausprägungen in Abhängigkeit von bestimmten Kontextdimensionen betrachtet. Hierzu zählen sowohl situative Faktoren der Organisation selbst wie Historie der Organisation, Größe und Eigentumsverhältnisse, aber auch Umwelteinflüsse wie technologischer Fortschritt oder die Wettbewerbssituation innerhalb einer Branche (Felfe 2014; Schreyögg u. Geiger 2016). Die Strukturdimensionen einer Organisation werden also nicht als konstant, sondern als veränderlich verstanden.

    Das Aston-Konzept erfuhr später starke Kritik aufgrund der angenommenen deterministischen Beziehung zwischen Kontext- und Strukturdimensionen der Organisation. Denn sowohl die gegenseitige Einflussnahme von Umwelt und Organisation als auch organisationsimmanente Prozesse (siehe Kultur und Klima), die über die Reaktion auf einen externen Stimulus entscheiden, sind in dem Ansatz nicht berücksichtigt (eine ausführliche kritische Auseinandersetzung mit diesem Ansatz findet sich beispielsweise in Schoonhoven 1981; Schreyögg 1995). Obwohl es wichtig ist, diese Interdependenzen zu betrachten, leistet der kontingenztheoretische Ansatz durch die Einbeziehung der Umwelteinflüsse einen wichtigen Beitrag in dem Sinne, dass die normative Vorstellung der klassischen Organisationstheorien (z. B. Taylor 1911) aufgehoben wird. Es gibt für Organisationsstrukturen im Rahmen der kontingenztheoretischen Ansätze insofern kein universelles Richtig oder Falsch. Um effizient zu sein, müssen Organisationen vielmehr ihre Strukturen an die jeweiligen Umfeldbedingungen anpassen (Pugh u. Hickson 1968). Dieser Gedanke ist vor dem Hintergrund der Einbettung von Organisationen in übergeordnete Wandelprozesse der modernen Arbeitswelt – gegenwärtig intensiv unter dem Stichwort „Arbeit 4.0“ diskutiert – umso wichtiger und interessanter. Zudem betont die Aston-Gruppe, dass gesamtorganisationale Strukturdimensionen, wenngleich sie möglichst effizient gestaltet sein sollten, noch nichts über die tatsächliche Erfüllung von Effizienzkriterien aussagen. Letztlich entscheidet nicht das Vorhandensein einer Struktur, sondern deren Umsetzung in Prozesse und schließlich das Verhalten der Organisationsmitglieder über die Effizienz der Organisation. Bedeutsam ist also die Interferenz mit und die klare Trennung von Variablen der Individualebene wie dem tatsächlichen Leistungsverhalten (Pugh u. Hickson 1968). Dieser Gedanke beinhaltet im Sinne der Zielsetzung dieses Berichts einen entscheidenden Beitrag zur Relation des Strukturbegriffs mit Klima beziehungsweise Kultur. Die Struktur einer Organisation wird auf Basis der bisherigen Ausführungen durch objektive Eigenschaften bestimmt, die sich anhand von Kennzahlen beschreiben lassen (Felfe 2014). Hier wird die Frage beantwortet, „Was?“ in einer Organisation existiert oder auch nicht. Ohne den Einbezug von individueller Wahrnehmung besteht allerdings keine „Brücke“ zu individuellen Verhaltens-, Einstellungs- und Gesundheitsoutcomes. Die objektivierbaren Strukturdimensionen werden beeinflusst durch deren Kontext und wirken vermittelt über Interferenzprozesse in der Organisation auf das Individuum. Für diese Interferenzprozesse sind nicht nur die objektivierbaren Eigenschaften der Organisation relevant, sondern vor allem deren Wahrnehmung durch die Individuen – Aspekte, die im Zusammenhang mit der Definition von Klima und Kultur bedeutsam sind (siehe unten).

    Zusammenfassend verstehen wir für die Zwecke dieses Berichts Struktur als Set objektivierbarer Dimensionen einer Organisation, für die definiert werden kann, ob sie in einer Organisation vorhanden sind oder nicht. Die Organisationsstruktur an sich lässt sich dabei über folgende Klassifizierung beziehungsweise inhaltliche Dimensionen beschreiben:

  • Organisationsdemografische/-ökologische Merkmale (Nienhüser 1991): Hierunter fassen wir Merkmale wie Größe und Alter der Organisation, Eigentumsverhältnisse beziehungsweise Gesellschaftsform oder Branchenzugehörigkeit. Diese Merkmale, die im kontingenztheoretischen Ansatz als Kontextdimensionen gefasst werden, stellen eigenständige Strukturmerkmale dar, bilden aber gleichzeitig den Rahmen, in dem weitere Strukturdimensionen implementiert werden.
  • Formale Struktur („explicit design”; Blau u. Schoenherr 1971, S. 5): Die allermeisten Definitions- und Klassifizierungsversuche in der Literatur konzentrieren sich auf die formale Struktur, die deshalb auch als Hauptdimension beziehungsweise Kernstück betrachtet werden kann. Hierzu gehören faktisch geschaffene Strukturen der Aufbau- und Ablauforganisation sowie formale Regeln, Maßnahmen etc. Formale Strukturen, die sich potenziell auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beziehen, sind zum Beispiel Aspekte wie Betriebliches Gesundheits- und Sicherheitsmanagement, Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement sowie Personalentwicklungs­angebote (Sonntag et al. 2016), aber auch Maßnahmen zur Verringerung von Konflikten unterschiedlicher Lebensbereiche (siehe Opportunitätsstruktur). Dabei beschreibt Struktur, wie bereits im Rahmen des kontingenztheoretischen Ansatzes angesprochen, als objektive Gegebenheit erst einmal nur das Vorhandensein (in Abgrenzung zum Fehlen) solcher Elemente. Ob und wie diese genutzt werden, ist für den Strukturbegriff, wie er hier definiert ist (Felfe 2014), nicht relevant.
  • Sozial-/Positions-/Opportunitätsstruktur (Baron u. Bielby 1980): Hierzu gehört unter anderem die Zusammensetzung der Belegschaft in Bezug auf den Anteil bestimmter Gruppen, wie zum Beispiel die Altersstruktur oder auch der Frauenanteil. Dies bezieht sich sowohl auf die Gesamtbelegschaft als auch auf die Repräsentanz bestimmter Gruppen in Gremien, auf Hierarchiestufen etc. Hierbei handelt es sich also um Strukturmerkmale, die Chancen eröffnen können. Da organisationsdemografische Merkmale sowie Aspekte der formalen Struktur diese Zusammensetzung prägen beziehungsweise Veränderungen herbeiführen können – wie zum Beispiel formal geregelte Arbeitszeitmodelle, die Beschäftigtengruppen bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglichen – besteht eine hohe Interdependenz zwischen diesen Strukturdimensionen.
  • Technische Infrastruktur – Die technische Ausstattung einer Organisation ist inhaltlich noch einmal von der formalen Struktur zu differenzieren (Emery u. Trist 1960).
  • 2.2 Organisationsklima(ta)

    Schwieriger als die Beschreibung der Struktur gestalten sich die Definitionsversuche von Klima und Kultur, da sie sich aus Interaktions­prozessen ergeben und durch die Wahrnehmung der Organisations­mitglieder determiniert sind. Insbesondere die Abgrenzung der Konstrukte Klima und Kultur voneinander ist eine Herausforderung, da die Verwendung der Begriffe zur Beschreibung organisationaler Rahmenbedingungen undifferenziert und oft sogar synonym erfolgt (Kuenzi u. Schminke 2009; Schneider et al. 2017).

    Die aus unterschiedlichen Forschungssträngen entstandene separate Auseinandersetzung mit den beiden Konstrukten mag einerseits als künstliche Trennung erscheinen, die im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung von Organisationen (Schneider et al. 2017) und vor dem Hintergrund der Notwendigkeit von Ableitungen von Praxisempfehlungen (Schneider et al. 2011) überwunden werden sollte. Andererseits bilden Klima und Kultur aber dennoch unterschiedliche Dimensionen des komplexen Systems Organisation ab. Ein differenzierter Sprachgebrauch sowie angemessen differenzierte Untersuchungsmethoden sollten dieser Unterschiedlichkeit auch im Hinblick auf die Definitionsschärfe Rechnung tragen.

    Um diesem Ziel näher zu kommen, wenden wir uns zunächst dem Konstrukt Klima zu, das als verbindendes Element zwischen Struktur und Kultur gewertet werden kann, wie später verdeutlicht wird.

    Klima sowie die jeweiligen Subklimata, auf die in diesem Abschnitt noch näher eingegangen wird, stehen im Kontext der Wahrnehmung und Bewertung bestimmter Organisationsmerkmale durch die Organisationsmitglieder. Schneider et al. (2013) definieren Klima „as the shared perceptions of and the meaning attached to the policies, practices, and procedures employees experience and the behaviors they observe getting rewarded and that are supported and expected” (S. 362). Klima ergibt sich also als bewusste Wahrnehmung und Bewertung des Umfelds im Sinne eines günstigen oder ungünstigen Umgangs mit bestimmten Aspekten in einer Organisation. Vereinfacht gesagt wird hier also eine Antwort auf die Frage nach dem „Wie?“ innerhalb einer Organisation gegeben.

    Kuenzi und Schminke (2009) fassen drei wesentliche Merkmale von Klima wie folgt zusammen:

  • Klima ist ein Wahrnehmungskonstrukt: Dadurch unterscheiden sich Klimamerkmale von objektiven Strukturmerkmalen, die auch von Dritten außerhalb der Organisation beschrieben werden könnten.
  • Klima ist ein kollektives Phänomen: Die Wahrnehmung des Klimas von jedem einzelnen Individuum, das so genannte psychologische Klima (James u. Jones 1974), aggregiert sich zum geteilten kollektiven Klima, das nicht nur der Summe der einzelnen Wahrnehmungen entspricht, sondern durch emergente Prozesse eine eigene Ausprägung annimmt (Kozlowski u. Klein 2000; Schneider et al. 2017). Das heißt, durch Wechselwirkungen der einzelnen Individuen mit ihren Wahrnehmungen bilden sich neue Eigenschaften von Teams oder der gesamten Organisation heraus.
  • Klima muss von Kultur unterschieden werden: Kultur ist tiefer in der Organisation verwurzelt, unbewusst und auf einem höheren Abstraktionslevel (siehe Abschnitt 2.3). Klima beschreibt bestimmte Kulturausprägungen die aufgrund geteilter Wahrnehmungen „an der Oberfläche“ klassifizierbar und beschreibbar werden.
  • Wie bereits angedeutet, gibt es in einer Organisation nicht nur das globale Konstrukt Klima, stattdessen kann darüber hinaus in verschiedene Subdimensionen, so genannte facettenspezifische Klimata, unterschieden werden (Schneider 1975). Kuenzi und Schminke (2009) nehmen eine systematische Benennung und Einteilung der Subklimata vor. Sie gruppieren die Subklimata in Anlehnung an Katz und Kahn‘s Four types of motivational patterns (1966, nach Schneider et al. 2011) wie folgt:

  • Klimata, die auf Verhaltenssteuerung („behavioral guidance“) fokussieren, zum Beispiel ethisches Klima, Gerechtigkeitsklima oder Klima für Diversität und Toleranz. Auch Führung wird häufig als eine Klimafacette operationalisiert; da Führung allerdings selbst eine besondere Rolle im Organisationsgeschehen einnimmt, schlagen Schneider et al. (2011) vor, Führung unabhängig von Klima zu betrachten.
  • Klimata, die auf Einbindung und Integration („involvement“) fokussieren, zum Beispiel Partizipations- oder Unterstützungsklima;
  • Klimata, die auf die Weiterentwicklung des Unternehmens und seiner Mitglieder („development“) fokussieren, zum Beispiel Klima für Innovationen oder Klima für Lernen und Transfer;
  • Klimata, die auf das Kerngeschäft des Unternehmens („core operations“) fokussieren, zum Beispiel Service- oder Sicherheitsklima.
  • Kluge und Schilling (2013) vereinfachen die Betrachtung, indem sie zwischen Subdimensionen, die dem strategischen Klima und solchen, die dem Prozessklima zuzuordnen sind, differenzieren. Das strategische Klima erfasst die organisationalen Ereignisse, Praktiken, Prozeduren und Anreize hinsichtlich ihrer Relevanz und Unterstützung in Bezug auf spezifische Ziele, die die Organisation erreichen will. Hierzu gehören beispielsweise Sicherheit, Service und Innovation. Insbesondere das strategische Klima erweist sich als wichtiger Mediator zwischen dem globalen Klima und Erfolgsvariablen einer Organisation.

    Die strategischen Klimata setzen sich fort in Prozessklimata, die Ausdruck von Prozessmerkmalen in der Organisation sind (Kuenzi u Schminke 2009). Zu den Prozessklimata gehören zum Beispiel Gerechtigkeit, Ethik, Partizipation und der Charakter der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen (Kluge u. Schilling 2013). Auch Leistungserwartungen und der Umgang mit Fehlern in einer Organisation können den Prozessklimata zugeordnet werden. Bei diesen Klimadimensionen sind am ehesten Auswirkungen auf Gesundheitsvariablen der Organisationsmitglieder zu erwarten.

    Schneider et al. (2011) empfehlen aufgrund der Vielzahl von Klimafacetten, die bei organisationalen Untersuchungen betrachtet werden können, zunächst die interessierenden Outcomes zu definieren und daraus den inhaltlichen Fokus bei der Betrachtung des Klimas abzuleiten. In Bezug auf den Gesundheitsfokus des Projekts „Führung und Organisation im Wandel“ werden insbesondere Prozessklimadimensionen betrachtet. Für diese Subdimensionen gibt es jeweils spezifische, standardisierte Messinstrumente. Damit ist es möglich, sich auch quantitativ gesundheitsrelevanten Charakteristika einer Organisation zu nähern.

    2.3 Organisationskultur

    Klima beantwortet auf Basis geteilter Wahrnehmungen also die Frage nach dem „Wie?“. Dies adressiert noch nicht „Warum?“ in einer Organisation bestimmte Aspekte auf eine bestimmte Art und Weise gehandhabt werden (Ostroff et al. 2013). Was sind die tieferliegenden bestimmenden Momente des Handelns in einer Organisation? Warum verhalten sich Organisationsmitglieder unter Umständen anders, als es Organisationsleitbilder, offizielle Verlautbarungen über die Werte der Organisation oder Aussagen in Hochglanzbroschüren vermuten lassen? Um der Beantwortung dieser Frage näher zu kommen, wenden wir uns dem – auch alltagssprachlich – häufig verwendeten Begriff der Kultur zu.

    2.3.1 Kulturebenen

    Das Begriffsverständnis der meisten Autorinnen und Autoren zum Kulturbegriff basiert auf der Konzeption von Edgar Schein, der als einer der wichtigsten Repräsentanten der organisationspsychologischen Kulturforschung gilt. Schein (2017) unterscheidet zwischen drei Ebenen der Kultur. Mit „Ebenen“ bezeichnet er dabei den Grad, bis zu dem das jeweilige Kulturphänomen sowohl für die Beteiligten als auch für Außenstehende wahrnehmbar/beobachtbar ist. Die „oberste“ Ebene des Kulturphänomens stellen die so genannten Artefakte dar. Diese sind sichtbar, aber interpretationsbedürftig. Hierzu gehören Strukturen und Prozesse sowie beobachtbares Verhalten. Diese Kulturebene stellt für den Zweck dieses Berichts eine Vermischung mit dem Strukturbegriff (siehe oben) dar und findet im Sinne einer möglichst klaren Abgrenzung der Begrifflichkeiten keine Überführung in unsere Arbeitsdefinition von Kultur. Wir schließen uns indes der Annahme an, dass sich in diesen (in unserer Definition strukturellen) objektivierbaren Elementen die Kultur widerspiegeln kann (aber nicht muss).

    Die zweite Kulturebene bei Schein (2017) lässt die mangelnde Trennschärfe von Klima und Kultur deutlich hervortreten (siehe Abschnitt 2.2). Diese Ebene umfasst vom Kollektiv der Beschäftigten geteilte Glaubenssätze, Werte und Ziele. Diese sind teils in der Organisation expliziert (z. B. in Leitbildern), teils sind sie implizit, bleiben unbewusst und müssen nicht kongruent mit Artefakten sein, die in der Unternehmenskommunikation hervorgehoben werden (Schein 2017). So können Aussagen einer Organisation, die imageträchtig in der Außendarstellung verwandt werden und die man im Sinne Scheins zu den Kulturartefakten zählen würde, durchaus von den tatsächlichen geteilten Werten und Zielen des Kollektivs abweichen.

    Die dritte „unterste“ Ebene, die tieferliegenden Annahmen, stellen für Schein die Essenz von Kultur dar. Im Gegensatz zur zweiten noch weitestgehend explizierbaren und artikulierbaren Ebene, stehen hier tiefliegende, unbewusste, nicht hinterfragte Glaubenssätze und Werte im Fokus, die aber dennoch stark handlungsleitend für die Mitglieder einer Organisation, ihr Verhalten, ihre Wahrnehmung, ihre Gedanken und Gefühle sind und damit den Charakter eines Normensystems haben (Neuberger u. Kompa 1993; Parker et al. 2003; Schein 2017). Dieser Kern des Kulturkonzepts zeigt sich auch in der folgenden Definition, der wir uns für die Zwecke dieses Berichts anschließen:

    „The culture of a group can be defined as the accumulated shared learning of that group as it solves its problems of external adaptation and internal integration; which has worked well enough to be considered valid and, therefore to be taught to new members as the correct way to perceive, think, feel and behave in relation of those problems. This accumulated learning is a pattern of system of believes, values and behavioural norms that come to be taken for granted as basic assumptions and eventually drop out of awareness” (Schein 1985 [2004], 2017, S. 6).

    Die Unterscheidung zwischen explizierbaren und impliziten Elementen ist auch deshalb so wichtig, da es auch an anderer Stelle in der psychologischen Literatur fundierte Hinweise darauf gibt, dass explizite und implizite Messungen menschlicher Handlungstreiber oftmals nur zu geringen Übereinstimmungen führen (Köllner u. Schultheiss 2014).

    Weick und Sutcliffe (2003, zitiert nach Badura u. Ehresmann 2016, S. 84) betonen die emotionale Komponente der Kulturbildung und definieren Kultur als „Summe von Erwartungen, die durch tief empfundene Gefühle der Billigung oder Missbilligung lebendig gehalten werden“. Damit erfüllt Kultur implizite und unbewusste Steuerungsfunktionen für Annäherungs- und Vermeidungsverhalten, Problemlösung und Gefühlsregulierung (ebd.). Dies impliziert die Bedeutung von Kultur auch für Vorgänge im Hinblick auf Stresserleben, in denen Emotionen eine zentrale Bedeutung spielen (Lazarus 2006). Eine hohe Relevanz von Kulturaspekten für Stresserleben deutet auf ein hohes Präventionspotenzial für gesundheitliche Beeinträchtigungen in Organisationen hin (Badura u. Ehresmann 2016).

    2.3.2 Einfluss von Management und Führungskräften auf Kultur

    Welche Bedeutung kommt nun im Hinblick auf Organisationskultur den Führungskräften als besonderer Fokusgruppe dieses Berichts zu? Dem Verständnis von Schein folgend bilden Managerinnen und Manager sowie Führungskräfte die Gruppe in der Organisation, die den stärksten Einfluss auf die Bildung oder Veränderung der Kultur haben (Schein 2017). Aus dem Handeln, den Rollenbeispielen, den Vorgaben, den Ressourcenfestlegungen, den strategischen Schwerpunktsetzungen etc. der Leitungs- und Führungsebene resultieren Signale, die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als organisationsrelevante Werte aufgenommen werden und implizit das Handeln der Organisationsmitglieder im Sinne geteilter Lernprozesse (siehe oben) stark beeinflussen.

    So steuern Führungskräfte über Belohnung versus Sanktionierung funktionale versus dysfunktionale Verhaltensweisen im Hinblick auf die Ziele der Organisation (Schein 1985 [2004], 2017). Auch Strategisches Human Ressource Management kann durch Befähigung zu bestimmten Verhaltensweisen, durch Belohnungs- oder Sanktionssysteme oder die Steuerung der Ressourcen einen starken Beitrag zur Kulturprägung leisten (Kluge, im Druck).

    Organisationskultur ist indes kein einheitliches Phänomen, das ausschließlich durch Top-down-Prozesse für eine gesamte Organisation entsteht. Es können vielmehr – beeinflusst durch regionale Führungspersonen und strategische wie operative Vorgaben, aber auch durch die Individualität eines jeden Organisationsmitglieds im Rahmen emergenter Prozesse (s. Abschnitt 2.2, Klima als kollektives Phänomen) – diverse Subkulturen entstehen. Diese entfalten dann Wirkung für einzelne Abteilungen oder Teams, für bestimmte Berufsgruppen, organisationale Ebenen etc. (Martin 2001; Schneider et al. 2011). Zwischen diesen Subkulturen können durchaus Ambivalenzen und latente Konflikte auftreten.

    2.3.3 Kategorisierung und Messbarkeit von Kulturdimensionen

    Um Kultur beschreibbar zu machen, wird in unterschiedlichen Ansätzen versucht, das Konstrukt über Subdimensionen zu operationalisieren. Dabei geht es darum, Kultur zu quantifizieren, sie leichter messbar zu machen und über standardisierte Kulturprofile abzubilden. So unterscheidet Sackmann (2002) Unternehmenskulturen auf Basis grundsätzlicher Orientierungen (Kunden- oder Leistungsorientierung, partnerschaftliche Führung, offene Kommunikation). Die Ausprägungen einer Organisation auf diesen Dimensionen ergeben ein spezifisches Kulturprofil. Den bekanntesten Ansatz zur Typologie von Unternehmenskultur stellt das Konzept der konkurrierenden Werte (Competing Values Framework [CVF], Quinn u. Rohrbaugh 1983) dar. Über die jeweilige Ausprägung zweier zentraler Dimensionen – Unternehmensfokus (entweder auf interne Abläufe oder auf externe Positionierung gerichtet) und Organisationsstruktur (entweder flexibel oder kontrolliert/stabil – hier zeigt sich wiederum eine Vermischung der Begrifflichkeiten) – wird ein Vier-Felder-Schema aufgespannt, aus dem sich vier Unternehmenstypen ergeben, die jeweils eine spezifische Kultur widerspiegeln (Cameron u. Quinn 1999 [2006]): Clan/Zusammenarbeit, Adhokratie/Kreativität, Markt/Konkurrenz und Hierarchie/Kontrolle. Unternehmen mit einer Clan-Kultur stützen sich auf Werte wie Zugehörigkeit, Vertrauen und Zusammenarbeit. Sie sind nach innen, auf ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerichtet. Somit bedeutet Erfolg für diese Unternehmen, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zufrieden und an das Unternehmen gebunden sind. Im Gegensatz dazu, zeichnet sich eine Markt-Kultur durch den externen Fokus aus. Erfolg besteht für Unternehmen dieses Typs vor allem darin, im Wettbewerb mit den Konkurrenten zu gewinnen und den Marktanteil zu vergrößern. Dies wird dadurch erreicht, dass klare Ziele für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter formuliert werden und sie entsprechend ihrer Leistung belohnt werden. Es zählen also Werte wie Wettbewerb, Leistung und Kompetenz. Auch Unternehmen mit einer Adhokratie-Kultur haben einen externen Fokus. Erfolg wird allerdings durch Innovationen bestimmt. Damit Innovationen entstehen, fördern Unternehmen mit einer Adhokratie-Kultur die individuelle Initiative ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und geben ihnen Freiheit bei der Ausführung ihrer Tätigkeiten. Der letzte der vier Kulturtypen (Hierarchie) fokussiert auf seine internen Strukturen und Prozesse, die möglichst effizient und reibungslos umgesetzt werden sollen. Routinen und formale Regeln helfen Unternehmen dieses Typs, Stabilität und Vorhersagbarkeit sicherzustellen.

    Hartnell et al. (2011) haben den Ansatz des CVF in einer Meta-Analyse einer intensiven Überprüfung unterzogen und Kritik geäußert (siehe Abschnitt 5). Die Autorin und die Autoren merken an, dass die Kulturtypen sich nicht deutlich voneinander unterscheiden und keine eindeutigen Zusammenhänge mit spezifischen Erfolgs­variablen wie Mitarbeiterzufriedenheit, Innovationen, Produktqualität oder wirtschaftlichem Erfolg aufweisen. Insgesamt bewerten Hartnell et al. den Versuch einer Typologie für unpassend und schlagen vor, Kultur als komplexes ganzheitliches Bündel unterschiedlicher Werte, Annahmen und Verhaltensweisen mit hoher Individualität in Bezug auf das jeweilige Unternehmen und dessen Ziele zu definieren.

    Diese Bewertung impliziert, dass aufgrund der hohen Komplexität und Diversität von Kultur quantitative Messinstrumente zur Erfassung des Konstrukts eher ungeeignet sind. Schein (2017) kritisiert die vermehrt isolierte Betrachtung einzelner Kulturelemente. Dies wird Kultur als ganzheitlichem – und daher schwer greifbarem – Gestaltphänomen nicht gerecht („a more complex, holistic gestalt phenomenon”, Schneider et al. 2017, S. 475). Das heißt, auf Basis der Beobachtungen und Erfahrungen, dem Fühlen und Denken der Organisationsmitglieder ergeben sich Deutungsmuster und implizite Regeln, die Wertungen und Handlungen bestimmen. Aufgrund der Einzigartigkeit von Organisationen (Schneider et al. 2011) ist zur Annäherung an die spezifische Kultur ein Eintauchen in den Organisationskontext notwendig (Schneider et al. 2017 nach Kluge, im Druck). Diese Tiefe lässt sich durch rein quantitative Untersuchungen nicht erreichen. Fragebögen erfassen „lediglich vordefinierte kulturelle Subdimensionen als Surrogate des kulturellen Ganzen“ (Kluge 2003 nach Kluge, im Druck, S. 18). All dies spricht dafür, dass eine Annäherung an dieses Konstrukt eher durch den Einsatz qualitativer Methoden zu erreichen ist, eine Vorgehensweise, die in der Kulturforschung immer populärer wird (Schneider et al. 2017). Mittels Methoden der qualitativen Sozialforschung kann (re)konstruiert werden, auf Basis welcher sozial geteilter Sinngehalte und Deutungsmuster Menschen handeln (Lamnek u. Krell 2016).

    2.4 Zusammenspiel der Dimensionen und schematische Zusammenfassung der Begrifflichkeiten

    Zusammenfassend haben wir auf Basis der dezidierten Analyse der Literatur das folgende Verständnis von Struktur, Klima und Kultur als wichtige Determinanten für Arbeitsbedingungen, Wohlbefinden und Gesundheit entwickelt. Strukturen bilden Charakteristika der Organisation ab, die relativ objektiv beschreibbar und damit quantitativ erfassbar sind. Hier wird die Frage nach dem „Was?“ beantwortet. Da es sich nicht um ein Wahrnehmungskonstrukt handelt, kann zunächst keine Wirkung auf das Individuum entstehen.

    Als verbindendes Element zwischen den Strukturelementen und den tieferliegenden bestimmenden Momenten des Handelns, den Kulturelementen, kann Klima gewertet werden. Klima bezieht sich auf die kollektive Wahrnehmung von Aspekten in der Organisation als Antwort auf die Frage, „Wie?“ in der Organisation mit bestimmten Aspekten umgegangen wird. Für Subklimata wie etwa Gerechtigkeit (Colquitt 2001), Vertrauen und Unterstützung (Eisenberger et al. 2002), Leistung (Patterson et al. 2005) oder Umgang mit Fehlern (Putz et al. 2013) existieren standardisierte Konzepte, auf deren Basis man auch Klimafacetten quantitativ erheben kann.

    Kultur bezieht sich auf die Frage, auf Basis welcher Werte und impliziter Normen in der Organisation agiert wird. Gemäß der Definition nach Schein (1985 [2004], 2017) wirkt die Kultur als kollektiv erlernte, auf Werten basierende aber letztlich unbewusste Anleitung zum Handeln in der Organisation. Kultur verstehen bedeutet die Frage nach dem „Warum?“ zu beantworten (Ostroff et al. 2013). Diese „unterhalb der sichtbaren Oberfläche“ liegenden Aspekte von Kulturen und Subkulturen werden über vereinfachende Kategorien nur sehr grob abgebildet, sodass wir davon ausgehen, dass Kultur sinnvoller durch qualitative Methoden erfasst und beschrieben werden sollte. Wenngleich es durchaus eine große Anzahl quantitativer Erhebungsinstrumente für Kultur gibt (siehe Abschnitt 2.3) halten wir es in der Gesamtschau für sinnvoll sich der Komplexität des Kulturphänomens qualitativ zu nähern. Dies impliziert keine ausdrückliche Gleichsetzung impliziter und unbewusster Prozesse mit der Notwendigkeit qualitativer Erhebungsmethoden.

    Abschließend ist es noch einmal wichtig, zu betonen, dass die drei Dimensionen Struktur, Klima und Kultur nicht unabhängig voneinander sind, wie auch bereits im Rahmen der obigen Arbeitsdefinitionen erwähnt. Innerhalb des komplexen Gesamtgefüges Organisation bedingen und beeinflussen sie sich gegenseitig. Das Verhältnis der Konstrukte zueinander final zu klären und zu untersuchen, gehört indes nicht zu den primären Zielen des vorliegenden Berichts. Der Vollständigkeit halber und als wichtige Grundlage für die Interpretation von Untersuchungsergebnissen zu organisationalen Determinanten möchten wir Optionen des potenziellen Zusammenwirkens von Struktur, Klima und Kultur dennoch kurz auf Basis des Beispiels eines geringen Frauenanteils in den Führungsebenen einer Organisation (ebenso könnte man jedes andere Diversitätsmerkmal wählen). Die Tatsache des geringen Frauenanteils wäre der Opportunitätsstruktur zuzuordnen und könnte Gender-bezogene ungerechte Benachteiligung implizieren.

    Das objektive Strukturmerkmal ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einem Klima der Diskriminierung oder Ungerechtigkeit. Die Wahrnehmung und Bewertung, die sich über die Ausprägung von Klimadimensionen abbilden lässt, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Hierzu gehören zum einen persönliche Charakteristika der bewertenden Individuen, wie persönliche Betroffenheit (Lee et al. 2015), Zufriedenheit mit der eigenen Situation, Sozialisierung und soziodemografische Merkmale. Darüber hinaus spielen Erfahrungen oder der Zugang zu Informationen über Personalentscheidungen und damit Wissen um Ursachen und Gründe für die Existenz eines Strukturmerkmals eine wichtige Rolle. Dieses Wissen ist notwendig, um eine Personalentscheidung beispielsweise als vorurteilsbehaftet versus neutral oder leistungsbasiert wahrzunehmen. Auch andere Strukturmerkmale wie der allgemeine Frauenanteil in der Belegschaft und Angebote der Personalentwicklung prägen diesen Bewertungsprozess.

    Auf diese Wechselwirkung von Struktur und Bewertung im Sinne von Klima wirken zudem Aspekte der Kultur. Sie kann sich in dem Strukturmerkmal selbst widerspiegeln und aufdecken, welche Haltungen, Prägungen, Stereotypen und Entscheidungsgrundsätze in einer Organisation vorherrschen (Ostroff et al. 2013). Die Kultur kann sich gleichzeitig aber auch in der Bewertung des Strukturmerkmals, also dem Klima, widerspiegeln. Die handlungsleitenden Normen und eine implizite Vorstellung davon, was in der Organisation akzeptiert ist und was nicht, was hinterfragt wird und was nicht, können einen Einfluss auf Bewertungsprozesse haben.

    Wenn nun über die Messung von Klimadimensionen die positive oder negative Bewertung eines (strukturellen) Sachverhalts transparent gemacht wird, kann dies wiederum zu Veränderungen von Strukturen führen, wie Personalentwicklungsangebote, neue Karrierelaufbahnen, Vereinbarkeitsangebote etc. Diese strukturellen Veränderungen können dann Schritt für Schritt, längerfristig, eine Kulturveränderung anstoßen.

    Eine Betrachtung der drei Konstrukte im Zusammenspiel hat ein Gesamtverständnis der komplexen Prozesse innerhalb einer Organisation zum Ziel. Abbildung 1 visualisiert unser Begriffsverständnis im Überblick.

    3 Auswirkungen organisationaler Aspekte auf Individuen – Notwendigkeit einer Mehr-Ebenen-Betrachtung

    Im vorherigen Abschnitt wurde recht ausführlich die begriffliche Einordnung zentraler organisationaler Charakteristika mit potenziellen Auswirkungen auf Individualmerkmale dargestellt. In diesem Teil folgt nun, trotz des eher explorativen Charakters der weiter unten dargestellten Teilstudien, eine überblickshafte theoretische Einordnung unserer auf verschiedene Analyseebenen bezogenen Fragestellungen. Diese Analyseebenen beziehen sich auf die Organisation im Ganzen (Struktur, Klima und Kultur), die Gruppenebene (Teams) oder die Ebene sozialer Beziehungen (Interaktion, insbesondere Führungsinteraktionen) sowie die Frage individueller Reaktionen auf die organisationalen Gegebenheiten und die Führungsinteraktio­nen (insbesondere Wohlbefinden und Gesundheit). Der wesentliche Fokus liegt dabei letztlich auf der Erklärung des Einflusses von Kontextfaktoren auf das Erleben und Verhalten von Individuen – direkt oder vermittelt durch das Führungsverhalten.

    Mit der Funktionsweise von Organisationen und der Beziehung der verschiedenen Analyseebenen inklusive der Frage von Individual­reaktionen befassen sich, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, diverse Disziplinen, die teilweise eine Makro- teilweise die Mikroperspektive der Organisation einnehmen (Kozlowski u. Klein 2000). In der Makroperspektive werden Organisationen in ihren Eigenschaften und Funktionsweisen betrachtet. Ziel ist es, Eigenschaften der Organisation wie etwa Regeln, Normen, Machtkonstellationen etc. zu erklären. Wissenschaftliche Disziplinen, in denen die Makro-Sichtweise vorherrschend ist, sind etwa Soziologie, Politikwissenschaften oder Ökonomie. Demgegenüber fokussiert die Mikro-Perspektive der Organisation darauf, Reaktionen der Organisationsmitglieder/der Individuen im Kontext der Organisation zu erklären und hat ihre Wurzeln vor allem in der Psychologie. Ein häufig genannter Vorwurf, der in der organisationspsychologischen Forschung geäußert wird, ist der enge Fokus auf Individualmerkmale ohne Berücksichtigung der Kontextfaktoren (Felfe 2014). Ziel der Mehr-Ebenen-Forschung aus einer Mikro-Perspektive ist es insofern, komplettere, breitere Modelle von organisationalen Phänomenen abzubilden, die dem Systemcharakter der Organisation gerecht werden und Kontextfaktoren auf höheren Ebenen der Organisation für individuelle Reaktionen zu berücksichtigen.

    Das Axiom der Organisation als Mehr-Ebenen-System und die Geltung von Prinzipien der allgemeinen Systemtheorie ist bereits im Rahmen früher Organisationstheorien berücksichtigt und anerkannt. Die Bedeutung des systemischen Charakters von Organisationen in der Organisationsforschung und -praxis ist aber bisher weitestgehend metaphorisch (Kozlowski u. Klein 2000). De facto wird das System „Unternehmen“, „Betrieb“, „Behörde“ etc. in der Forschung in die oben genannten Ebenen zerlegt, wobei jede Ebene von verschiedenen Disziplinen, Theorien und Zugängen besetzt ist. In ihrem ausführlichen Kapitel zu Mehr-Ebenen-Zugängen in der Organisationforschung urteilen der Autor und die Autorin: „The organization might be an integrated system but organizational science is not“ (Kozlowski u. Klein 2000, S. 3).

    Grundsätzlich sind in der Analyse der Phänomene auf den verschiedenen Organisationsebenen Wirkrichtungen relevant, die sich auf „Top-down“- und auf „Bottom-up-Aspekte“ beziehen. Welche Perspektive für ein spezifisches Set von Forschungsfragen relevant ist, hängt davon ab, welche abhängigen Variablen das jeweilige Forschungsmodell mit seinen spezifischen Fragestellungen beinhaltet. Das heißt, Theorie und Modellansätze müssen letztlich auf die endogen interessierenden Konstrukte fokussieren, also auf diejenigen, die durch das Modell erklärt beziehungsweise vorausgesagt werden sollen. Eine „Top-down-Sicht“ ist angemessen, wenn es – wie im Fall unserer beiden Teilstudien – in erster Linie darum geht, die Kontexteinflüsse der Organisation und der Arbeitsbedingungen auf Individuen zu erklären (Kozlowski u. Klein 2000). Zwei Beispiele für Modelle zu den Individualauswirkungen organisationaler Aspekte finden sich zum Beispiel bei Michel u. González-Morales (2013) und Montano et al. (2017). Die Autorinnen und Autoren schlagen theoretisch abgeleitete Modelle für die Erklärung individueller Auswirkungen für den spezifischen Fall von drastischen Veränderungen der Organisationsstruktur vor. Kultur und Klima als wichtige Komponenten der oberen und mittleren Organisationsebene, die vermittelnde Funktion im Hinblick auf Individualreaktionen haben (s. Abschnitt 3.2) werden allerdings auch in diesen Modellen nicht explizit berücksichtigt.

    In ihrem Beitrag zur Mehr-Ebenen-Betrachtung von Organisa­tionen betonen Kozlowski und Klein (2000, S. 6), dass die Lösung in Modellen liegt, die zwar systemorientiert sind, aber nicht versuchen, die Komplexität des gesamten Organisationssystems im Detail abzubilden. Im Einklang mit dieser Einschätzung möchten wir daher nicht den Versuch unternehmen, eine geschlossene Theorie für die Gesamtheit der hier relevanten Fragestellungen zu entwickeln. Vielmehr soll im Folgenden diskutiert werden, inwiefern der Zusammenhang organisationaler Rahmenbedingungen (Struktur, Kultur, Klima), Arbeitsbedingungen und Auswirkungen auf die Individuen verschiedene Theorieklassen (Organisationstheorien und psychologische Theorien) relevant ist und wie diese Aspekte ineinandergreifen. Dazu werden zwei prominente Organisationstheorien kontrastierend gegenüberstellt, um zu verdeutlichen, wie in diesen Theorien das Organisations- und das Führungsverständnis jeweils miteinander einhergehen (Abschnitt 3.1). Da sich der aktuelle Beitrag auf abhängige Konstrukte wie Einstellungen, Wohlbefinden und Gesundheit der Beschäftigten, einschließlich der Führungskräfte bezieht, wird das in Abschnitt 3.1 dargestellte Organisationsverständnis mit einem in Abschnitt 3.2 beschriebenen stresstheoretischen Konzept aus der Psychologie verbunden.

    Die Organisationstheorien sollen dabei vor allem erklären, wie organisationale Rahmenbedingungen Führungskonzepte und Arbeitsbedingungen prägen (vgl. Pfad 2, Abb. 2), während die psychologischen Ansätze, die direkte Wirkung der Rahmenbedingungen sowie die Wirkung von Führung und Arbeitsbedingungen auf die Individualreaktionen erläutern (vgl. Pfad 1 und 3, Abb. 2).

    3.1 Organisationstheorien und Implikationen für Führung

    Die Vorstellung von „guter Führung“ hängt eng mit dem Organisationsverständnis zusammen und wird zu großen Teilen im normativen Sinne daraus abgeleitet (Burnes 2004; Felfe 2014). In diesem eng miteinander verknüpften Verständnis von Organisation und Führung hat es seit der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts diverse Entwicklungen gegeben, die sich in unterschiedlichen organisationstheoretischen Ansätzen niederschlugen (für einen breiten Überblick zu diesen Organisationstheorien siehe etwa Boje et al. 2012).

    Im Verständnis früher Organisationstheorien (Fayol 1916; Taylor 1911; Weber 1921) gleicht die Organisation einer Maschinerie (Morgan 2008), in der Prozesse und Aufgaben von Rationalität, Funktionalität, Standardisierung und Hierarchie geprägt sind. Der mechanistischen Vorstellung der Organisation folgt ein normatives Verständnis der Führungsanforderungen, in denen es primär um die Umsetzung der von oben definierten Ziele und die Überprüfung der Zielerreichung geht. Die Führungsprozesse sind insofern „top-down“ ausgerichtet, formalisiert hierarchisch und auf Kontrolle basierend (Felfe 2014). Entsprechend besteht inhaltlich die Führungsaufgabe in Planung, Organisation, Anweisung, Koordination und Kontrolle (Fayol 1916 [1929]; Taylor 1911; Weber 1921 [1980]). Wenngleich insbesondere im Rahmen der Diskussion um die Arbeitswelt 4.0 deutlich wird, dass dieses Verständnis stabiler Strukturen, Hierarchien und vorhersagbarer Zustände nicht mehr vollständig passt, beruhen dennoch viele Organisationen und Prozesse nach wie vor zumindest in Teilen auf dieser Vorstellung (Felfe 2014). Wie also lassen sich heutige
    Organisationen charakterisieren?

    Laloux (2015) ordnet eine Vielzahl heutiger Organisationen (Unternehmen, Betriebe, Behörden mit der grundlegenden Ausrichtung auf Innovation, Leistungsfähigkeit und Leistungscontrolling) dem Begriff der „modernen“ Organisation zu. Nach wie vor an der hierarchischen Pyramidenstruktur als Grundprinzip orientiert, stehen Prozesse und Projekte im Mittelpunkt. Innerhalb dieser modernen Organisationen wird über das Prinzip der Steuerung über Ziele die Verantwortung für die Leistungserbringung von oben nach unten delegiert und der Fortschritt dieser Zielerreichung durch die Führungskräfte und das Management kontrolliert. Bei einem hohen Maß an Eigenverantwortung jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedes einzelnen Mitarbeiters ist es eine zentrale Aufgabe der Führungskraft, Druck und Kontrolle auszuüben, damit die Leistungen der Beschäftigten nicht nachlassen. Die Annahme ist, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien leistungsorientiert, am materiellen Erfolg interessiert, schätzten allerdings die Freiheit, den Weg zur Erreichung der individuell gesetzten Ziele selbst zu bestimmen. Die Organisation hält dabei eine Vielzahl von Unterstützungsfunktionen vor, etwa für Personalentwicklung, IT, Qualität, Gesundheit und Sicherheit etc. Im Unterschied zur Vorstellung der klassischen Organisationstheorien aus dem frühen 20. Jahrhundert passt zur „modernen“ Organisation die Metapher der „gut geölten Maschine“, bei der durch die genannten Unterstützungsfunktionen die Prozesse der Organisation gängiger gemacht werden (Brandl 2019; Laloux 2015).

    Dem Bild der Maschine in den klassischen Organisationstheorien oder der gut geölten Maschine in modernen Organisationen steht im Rahmen des gesellschaftlichen und technischen Wandels ein eher organisches, fluides Verständnis von Organisation gegenüber (Morgan 2008). Die „postmoderne“ Organisation (Laloux 2015) ist gekennzeichnet durch die Abkehr von Macht und Hierarchie mit der Vorstellung, dass grundsätzlich alle Perspektiven in der Organisation gleichen Respekt und Berücksichtigung verdienen. Prinzipien von Fairness, Gleichheit und Gemeinschaft lösen „top-down“ gerichtete Prozesse und Kontrollmechanismen in Teilen ab. Wesentliche Prinzipien sind Werteorientierung, Vertrauen, inspirierende Sinnausrichtung, Dezentralisierung und eine starke gemeinsame Kultur. Das systemtheoretisch fundierte zugrunde liegende Bild der Organisation (Morgan 2008) ist nicht neu, sondern wurde bereits in den 1950er und 1960er Jahren im Zusammenhang mit der Organisation als soziotechnischem System (Emery u. Trist 1965) diskutiert. Wie Kozlowski u. Klein (2000) betonen, haben diese grundsätzlich anerkannten systemtheoretischen Ansätze in der Organisationsforschung allerdings bisher wenig tatsächliche Umsetzung im Sinne von standardisierten Mehr-Ebenen-Konzepten erhalten.

    Ein eher „organisches“ Verständnis des Unternehmens oder Betriebs der Zukunft geht auch mit einem veränderten Führungsverständnis einher. In einer aktuellen Auswertung zur Vorstellung von Beschäftigten zur Führung in der Zukunft ergibt sich ein Bild, dass eher der Organismus- als der Maschinenmetapher zuzuordnen ist. Weber et al. (2018) betonen auf Basis ihrer systematischen Analyse, dass die Beschäftigten von der Notwendigkeit ausgehen, Führung in zukünftigen Organisationen stärker zu demokratisieren und ihr eher den Stellenwert von Orientierung und Unterstützung als von Leistungskontrolle und Verantwortungsübertragung der Organisa­tionsziele auf die einzelnen Mitarbeiter im Sinne von „Management by Objectives“ zu geben. Auch Laloux (2015) betont, dass Führung in der postmodernen Organisation nicht mehr primär auf die Kontrolle der Leistungserfüllung fokussiert, sondern die Funktion von Orientierung, Unterstützung, Ermutigung und gemeinsamer Entwicklung hat. Die „Klammer“ für die dezentrale, fluide und digitale Organisation ist eine gemeinsame starke sinnstiftende Kultur.

    3.2 Wahrnehmung und Bewertung als Brücke zu Wohlbefinden und Gesundheit

    Wie in Abschnitt 1 beschrieben, bilden die Organisationsaspekte wichtige Kontextfaktoren für das Führungsverständnis, die Interaktionen (zwischen verschiedenen Organisationsmitgliedern oder Gruppen von Individuen) bei der Arbeit und auch direkt für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Individuen. In Abschnitt 2.1 wurde zudem ausführlich hergeleitet, dass Beschreibungselemente der Organisation nur vermittelt über die Wahrnehmung der Organisationsmitglieder auf diese wirken können, so dass weniger die strukturellen objektiven Gegebenheiten an sich, sondern die als Klima wahrgenommenen und als Kultur manifestierten Aspekte eine Wirkung bei den Individuen entfalten.

    Organisationale Bedingungen führen also nicht per se zu indivi­duellen Reaktionen. Das Erleben von Anforderungen, die Bewältigung erlebter Anforderung oder die Beanspruchung aufgrund erlebter Überforderung hängen eng mit Wahrnehmungs- und Erkenntnisprozessen auf der Grundlage von Kognitionen zusammen (Lazarus u. Folkman 1984). Was macht subjektive Wahrnehmung und Erkenntnis aus? Warum sind die inter- aber auch die intraindividuellen Unterschiede so groß? Aus psychologischer Sicht sind Wahrnehmung und Erkenntnis keine reinen Abbildungsvorgänge äußerer Gegebenheiten, sondern Konstruktion individueller Wahrheiten (Watzlawick 1985). Vor diesem Hintergrund gehen die psychologischen Modelle von der Grundannahme aus, dass über die Wahrnehmung und Bewertung einer Situation und der eigenen Bewältigungsmöglichkeiten bei verschiedenen Individuen unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen werden können (Lazarus u. Folkman 1984).

    Die Wahrnehmung und Bewertung durch die Individuen stellt also die Brücke zwischen Bedingungen der Organisation und deren (differenzierter) Wirkung auf die Individuen dar.

    Die diversen psychologischen Modelle zur Erklärung von Stress und den weiteren Auswirkungen fokussieren jeweils auf unterschiedliche Teilaspekte, so dass es auf die spezifischen Fragestellungen einer Studie ankommt, welches der Modelle die beste Passung aufweist (Lohmann-Haislah 2012). Beispiele für häufig zitierte Modelle sind das Belastung-Beanspruchungs-Modell (Rohmert u. Rutenfranz 1975), das Anforderungs-Ressourcen-Stressoren-Modell (Iwanowa 2006); das Anforderungs-Kontroll-Modell (Karasek 1979), das transaktionale Stressmodell (Lazarus u. Folkman 1984), das „Effort-Reward-Imbalance“-Modell (Siegrist 1996) oder das Job-Demands-Resources-Modell (Bakker u. Demerouti 2017; Demerouti et al. 2001). Die umfassende Darstellung dieser alternativen Stressmodelle würde den Rahmen dieses Berichts sprengen. Es sei daher auf andere überblickartige Darstellungen dieser Theorieklasse verwiesen (z.B. Lohmann-Haislah 2012; Rigotti et al. 2014). Anstelle einer breiten Darstellung fokussieren wir wegen der guten Passung zu unseren Fragestellungen auf das Job-Demand-Resources-Modell (Bakker u. Demerouti 2017; Demerouti et al. 2001) und nehmen dies als Grundlage für unsere weiteren Überlegungen.

    Das Modell unterscheidet zwischen zwei Hauptkategorien von Arbeitscharakteristika, wie sie durch die Individuen eingeschätzt werden: Anforderungen/Stressoren und Ressourcen. Beide Kategorien spielen eine zentrale Rolle für das Entstehen von Stress und Befindensbeeinträchtigungen oder (Beeinträchtigungen von) Motivation. Unter Anforderungen werden im Modell physische, psychische, soziale oder organisationale Aspekte der Arbeit verstanden, die das stetige Einbringen physischer oder psychischer Anstrengungen erfordern und insofern mit physischen oder psychischen Kosten verbunden sind (Demerouti et al. 2001). Beispiele dafür sind Arbeitsmenge, Zeitdruck, schwierige Interaktionen, Schichtarbeit/lange Arbeitszeiten und physische Arbeitsbedingungen (Lärm, Schmutz, Zwangshaltungen etc.). Ressourcen beziehen sich auf physische, psychische, soziale oder organisationale Aspekte der Arbeit, die (unterstützend) der Zielerreichung dienen, die Anforderungen oder die damit verbundenen psychischen und physischen Kosten verringern oder auch persönliches Wachstum und persönliche Entwicklung fördern können (Bakker 2011; Bakker u. Demerouti 2017). Das Modell beschreibt für Anforderungen und Ressourcen zwei verschiedene Pfade. Der Pfad zu potenziellen Beeinträchtigungen des Wohlbefindens und der Gesundheit wird durch hohe Arbeitsanforderungen, Zeitdruck etc. ausgelöst, der zweite Pfad adressiert das Motivationspotenzial verschiedener Ressourcen und resultiert im besten Fall in hohem Engagement. Das Modell postuliert, dass die positive Wirkung der Ressourcen auf die Motivation insbesondere bei starker Arbeitsbelastung hoch ist. Ressourcen, wie etwa Unterstützung durch die Organisation oder die Führungskraft sind insofern bedeutsam für die Motivation und die Abmilderung potenziell negativer Wirkungen auf das Wohlbefinden von hohen Arbeitsanforderungen. Mehrere Studien, darunter eine aktuelle Meta-Analyse, verweisen allerdings darauf, dass auch Ressourcen einen direkten Einfluss auf das Wohlbefinden haben (Crawford et al. 2010; Lesener et al. 2019; Schaufeli 2017). In Übereinstimmung mit der Theorie der Ressourcenerhaltung entsteht Stress auch dann, wenn Ressourcen sich verringern oder die Gefahr besteht, dass sie sich verringern (Crawford et al. 2010).

    Für den Zweck dieses Berichts ist Führung als Stressor oder Ressource – eingebunden in oder determiniert durch die Bedingungen der Organisation – das zentrale Konstrukt. Insofern ist es wichtig, kurz auf die Frage einzugehen, wie dieser spezifische Aspekt (also als Ressource oder Stressor erlebtes Führungsverhalten) mit diversen Individualreaktionen und insbesondere mit Gesundheit im Zusammenhang steht.

    Hinweise darauf gibt eine aktuelle umfängliche Literaturübersicht zum Zusammenhang von Führungsstilen und Beschäftigtengesundheit (Montano et al. 2016). Es kann gezeigt werden, dass Führungsstile, die die genannte Unterstützung, Orientierung und Inspiration beinhalten, wie transformationale Führung, mitarbeiterorientierte Führung und ethisch/authentische Führung, dem Wohlbefinden und der Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuträglich sind, wohingegen destruktive Führung, Laissez-faire-Führung und mangelnde Führungskompetenz mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Verbindung stehen. Die Autoren untersuchten in dem Zusammenhang auch „management by objectives“ (Izumi et al. 2015) als organisationales Führungsprinzip der „modernen Organisation“ (Laloux 2015) mit dem Ergebnis, dass MBO negativ mit der Gesundheit der Beschäftigten im Zusammenhang stand.

    Die längsschnittlich angelegte Studie „rewarding and sustainable health promoting leadership/ReSuLead“ (Rigotti et al. 2014) fokussiert auf die Frage kausaler Zusammenhänge zwischen Führung und Gesundheit. Im Ergebnis zeigt sich, dass gesundheitsorientierte und transformationale Führung positive Effekte auf Wohlbefinden und Gesundheit hat. Ein positives Klima wirkt zudem günstig auf die Wahrnehmung des Führungsverhaltens und impliziert diverse Wechselwirkungen zwischen organisationalen Klimata und der Wirkung von Führung auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Insgesamt wirken gemäß den Autorinnen und Autoren moderne Führungskonzepte eher im Sinne der Verbesserung von Ressourcen und reduzieren nicht unbedingt die Belastungen, offensichtlich, weil der Einfluss der operativen Führungskräfte auf zentrale Belastungen wie Arbeitsmenge oder Zeitdruck eher beschränkt ist.

    Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Führungskräfte in einem schwierigen Spannungsfeld stehen von Anforderungen an (post)moderne unterstützende, demokratische, partizipative und faire Führung in einem organisationalen Rahmen, in dem nach wie vor die Pyramide als Top-down-Gebilde der „gut geölten Maschine“ (Brandl 2019) Modell steht. Viele Führungskräfte sind quasi mit der Anforderung eines Führungsstils „von morgen“ in der Organisation „von heute“ konfrontiert.

    Dieses Spannungsfeld kreiert neben der Vielfalt von Rollenanforderungen für die Führungskräfte, ihrer Sandwichposition etc. Arbeitsbedingungen, die von hohen psychischen Belastungen geprägt sind (Lohmann-Haislah 2012; Schröder u. Heß, in Vorbereitung; siehe Abschnitt 5). Zudem determiniert diese Schwierigkeit wahrscheinlich die Optionen der Führungskräfte für modernes, unterstützendes und inspirierendes Führungsverhalten.

    Es wird daher an dieser Stelle sehr deutlich, dass die Art wie die Organisation aufgestellt, welche Grundvorstellung des Zusammenwirkens der verschiedenen Organisationsebenen realisiert ist, welches Klima und welche Werte vorherrschen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einerseits direkt, andererseits indirekt über die Führung positiv oder negativ beeinflussen kann (siehe auch Kozlowski u. Klein 2000). Die Organisation und die in ihr eingebetteten Optionen für Führungshandeln stellen somit wichtige Aspekte der Kontextbedingungen für die Beschäftigten dar.

    3.3 Integratives Forschungsmodell

    Wie kann nun eine Verbindung zwischen den organisationsbezogenen und den psychologischen Theorien geschaffen werden, die die Auswirkungen auf Leistung, Wohlbefinden und Gesundheit von Individuen erklären oder vorhersagen? Ein interdisziplinäres Fachgebiet stellt in diesem Sinne „Organisational Behaviour“ dar, in dem verschiedene Verhaltenswissenschaften (Soziologie, Ökonomie, Psychologie) einen kombinierten Beitrag zur Erklärung von Phänomenen im Organisationssystem als Ganzem, der konkreten Arbeits- und Teamsituation und individuellen Auswirkungen leisten (Robbins u. Judge 2007) und sich dabei auf (Mehr-Ebenen-)Rahmenmodelle beziehen.

    Ein Beispiel für solch ein allgemeines, ebenenübergreifendes Modell wird von Robbins u. Judge (2015, S. 57) vorgestellt. Die Autoren definieren für die Organisations-, die Team- und die Individual­ebene Rahmen- („inputs“), Prozess- und Outputparameter. Das Modell beinhaltet auf der Organisationsebene Organisationsstruktur, Kultur, Human-Resource-Management und Change-Praktiken sowie Organisationsprosperität. Auf dem Level der Gruppen/der Arbeitssituation werden Gruppenstruktur, Teamverantwortlichkeiten, Kommunikation, Führung, Umgang mit Macht und Konflikten und Gruppenkohäsion berücksichtigt. Auf der Individualebene bezieht sich das Modell auf Diversität, Werteorientierung, Motivation, Emotionen, Wahrnehmung, Einstellungen, Stress und Leistung. Dieses allgemeine Modell impliziert indes keine Zusammenhänge oder gar Wirkrichtungen zwischen den Konstrukten, sondern ist eher eine Aufzählung und Kategorisierung von Aspekten, die im Kontext von Organisation, Team und auf der Individualebene relevant sind.

    Für die Fragestellungen, die in diesem Bericht und den darin vorgestellten Teilstudien relevant sind, haben wir auf Basis der begrifflichen und theoretischen Überlegungen ein Forschungsmodell1 erstellt, das die Ideen eines Rahmenmodells aufgreift und insbesondere folgende weiter oben diskutierte Aspekte und empirischen Befunde berücksichtigt und insofern von folgenden Annahmen ausgeht2:

  • Die Organisation ist ein Mehr-Ebenen-System.
  • Es gehen direkte Effekte von „oberen“ Ebenen auf die Führungs-/Teamebene aus, das heißt, die Organisationscharakteristika bilden eine wichtige Bedingung für Führung.
  • Es gehen direkte Effekte von der „oberen“ Ebene auf die Beschäftigten aus.
  • Es gehen, vermittelt über Arbeitscharakteristika und Führung, Effekte der oberen Systemebene auf die Beschäftigten aus.
  • Es gehen direkte Effekte von der Führung und den Arbeitsbedingungen auf die Beschäftigten aus.
  • Klima als organisationales Phänomen, basierend auf geteilten Wahrnehmungen, interagiert mit Führung in seiner Wirkung auf die Individuen.
  • Einflussfaktoren von den verschiedenen Ebenen der Organisation wirken je nach Ausprägung eher belastend im Sinne eines Stressors oder als Ressource.
  • Die im Folgenden beschriebenen Teilstudien liefern erste Erkenntnisse zu diesen Modellannahmen. Zunächst werden in Abschnitt 4 die Ergebnisse einer systematischen Literaturanalyse dargestellt. Abschnitt 5 berichtet den Aufbau und die Ergebnisse der Auswertung eines kombinierten Betriebs- und Beschäftigtendatensatzes.

    Abb. 2:  Integratives Forschungsmodell. Die farbige Hinterlegung (grau/blau) stellt je nach Ausprägung der Variable die unterschiedliche Wirkung als Arbeitsstressor oder -ressource dar. Die Pfeile, die vom Kasten des organisationalen Kontexts abgehen, beinhalten jeweils alle drei Dimensionen des organisationalen Kontexts, während die Pfeile, die auf den Kasten der individuellen Ebene zeigen, sich auf alle drei Konstrukte im Kasten beziehen (dargestellt durch die grau gestrichelten Linien). Der grau gestrichelte Doppelpfeil zwischen Führung und Arbeitsbedingungen deutet an, dass diese Konstrukte in Zusammenhang stehen (z. B. Führungskräfte als Gestalter der Arbeitsbedingungen im Sinne des HoL Ansatzes von Franke u. Felfe 2011). Der Zusammenhang liegt aber nicht im Fokus dieser ArbeitFig. 2: Integrative research model. Depending on the value of the variable, the coloured background (blue/grey) represents the differing effect as a work stress factor or work resource. The arrows coming out of the organisational context box each contain all three dimensions of the organisational context, whilst the arrows pointing to the box of individual levels relate to all three constructs in the box (represented by the grey dotted lines). The grey dotted double arrow between leadership and working conditions indicate that there is a correlation between these constructs (e.g. leaders as designers of working conditions as defined by the HoL approach of Franke and Felfe 2011). This correlation is not the focus of this paper, however

    Abb. 2: Integratives Forschungsmodell. Die farbige Hinterlegung (grau/blau) stellt je nach Ausprägung der Variable die unterschiedliche Wirkung als Arbeitsstressor oder -ressource dar. Die Pfeile, die vom Kasten des organisationalen Kontexts abgehen, beinhalten jeweils alle drei Dimensionen des organisationalen Kontexts, während die Pfeile, die auf den Kasten der individuellen Ebene zeigen, sich auf alle drei Konstrukte im Kasten beziehen (dargestellt durch die grau gestrichelten Linien). Der grau gestrichelte Doppelpfeil zwischen Führung und Arbeitsbedingungen deutet an, dass diese Konstrukte in Zusammenhang stehen (z. B. Führungskräfte als Gestalter der Arbeitsbedingungen im Sinne des HoL Ansatzes von Franke u. Felfe 2011). Der Zusammenhang liegt aber nicht im Fokus dieser Arbeit
    Fig. 2: Integrative research model. Depending on the value of the variable, the coloured background (blue/grey) represents the differing effect as a work stress factor or work resource. The arrows coming out of the organisational context box each contain all three dimensions of the organisational context, whilst the arrows pointing to the box of individual levels relate to all three constructs in the box (represented by the grey dotted lines). The grey dotted double arrow between leadership and working conditions indicate that there is a correlation between these constructs (e.g. leaders as designers of working conditions as defined by the HoL approach of Franke and Felfe 2011). This correlation is not the focus of this paper, however

    4 Teilstudie 1: systematisches Literaturreview

    Ziel des systematischen Literaturreviews war in erster Linie die Beantwortung der Frage, welche Zusammenhänge zwischen Kultur, Klima und Struktur und dem Wohlbefinden sowie der Gesundheit der Beschäftigten in der Literatur berichtet werden (siehe Pfad 1 in Abb. 2). Zudem wurde analysiert, welche Wechselwirkungen zwischen Führungsverhalten sowie Arbeitsplatzmerkmalen und organisationalen Rahmenbedingungen bestehen und wie diese Wechselwirkungen auf die Befindlichkeiten der Beschäftigten wirken (siehe Pfad 2 in Abb. 2).

    4.1 Methode

    Zur Beantwortung der skizzierten Fragen erfolgte eine systematische Literatursuche in den einschlägigen Datenbanken Medline, PsycINFO, PsycARTICLES, PSYNDEX und EconLit. Letztere Datenbank wurde ausgewählt, um Publikationen aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Bereich zu erhalten, die vor allem die Themen Kultur, Klima und Struktur im Betrieb aufgreifen, während Medline, PsycINFO, PsycARTICLES und PSYNDEX aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für gesundheitsbezogene Outcomes genutzt wurden.

    Die Suche basierte auf Suchbegriffen, die im Abstract der Artikel vorkommen sollten und sich auf die drei Themen organisationale Rahmenbedingungen, individuelle Outcomes sowie Arbeitsplatzkontext bezogen (siehe Tabelle 4 im Anhang zu Ein- und Ausschlusskriterien). Es erfolgte dabei eine Beschränkung auf englische und (wegen der nationalen Relevanz) deutschsprachige Artikel, die im Zeitraum von 2000 bis März 2018 veröffentlicht wurden; Letzteres, um vor allem aktuelle Veröffent­lichungen zu berücksichtigen. Bereits im Rahmen des Projekts „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“ konnte für viele Stressoren und Ressourcen mit potenziellen Auswirkungen für die Beschäftigtengesundheit festgestellt werden, dass insbesondere der Zeitraum ab der Jahrtausendwende die relevante Literatur enthält (Rothe et al. 2017). Um die Anzahl an auszuwertenden Studien im handhabbaren Bereich zu halten, wurden nur (qualitative und quantitative) Übersichtsarbeiten/Meta-Analysen berücksichtigt (s. Tabelle 1). Diese eingeschränkte Suche ermöglichte es, einen ersten Überblick über die bisherige Forschungslage zu der sehr breit angelegten Zielstellung des Reviews zu erhalten. Insgesamt führte die Suche zu einer Trefferzahl von 315 relevanten Artikeln. Die Sichtung der Abstracts erfolgte unabhängig durch zwei Personen mit einer Übereinstimmungsrate von 90 % und einem Cohen’s Kappa von 0,73. Verschiedene Sichtweisen (z. B. bezüglich des Ein- und Ausschlusses) wurden zudem mit einer dritten Person diskutiert. Von den 315 Artikeln wurden im Rahmen der Abstract-Prüfung 83 Artikel als relevant identifiziert, für die dann eine Volltextanalyse erfolgte. Von den 83 Artikeln wurden letztlich 51 Reviews und Meta-Analysen extrahiert (Inhalte im Rahmen der Extraktion können Tabelle 5 im Anhang entnommen werden). Durch eine Handsuche, bei der die Referenzen der Reviews und Meta-Analysen betrachtet sowie nach Artikeln bestimmter einschlägiger Autoren gesucht wurde, wurden sechs weitere, einschlägige Reviews/Meta-Analysen identifiziert und ausgewählt. Abbildung 3 zeigt das Flow-Diagramm der Studienauswahl.

    Im Überblick wies die gesichtete Literatur die in Tabelle 1 aufgeführten Charakteristika auf. Dabei wurde deutlich, dass die Suche (erst) ab dem Jahr 2000 sinnvoll war. Der Median des Publikationsjahrs lag mit 2012 eher in der jüngeren Vergangenheit, was impliziert, dass insbesondere in den letzten Jahren viele Veröffentlichungen zu unseren Fragestellungen entstanden sind. Es wurden vor allem Zeitschriftenartikel (53) ausgewertet. Nur sehr wenige Buchkapitel (4) und keine Dissertation fanden Eingang in unsere Analyse. Überwiegend wurden Reviews in die Extraktion eingebunden, einige davon auch nichtsystematisch beziehunsgweise narrativ. Im Vergleich zu den (nicht quantitativen) Literaturreviews waren die Meta-Analysen, die auch eine Abschätzung von Effektstärken erlaubten, in der Minderzahl (27%). Im Durchschnitt fassten die eingeschlossenen Studien selbst jeweils 40 Studien zusammen. Der Schwerpunkt der eingeschlossenen Studien bezog sich auf Organisationen im Gesundheits- und Sozialwesen. Der Überhang der Studien in diesem Bereich kann allerdings durch die Wahl der Datenbank Medline, die vor allem biomedizinische und Life-Sciences-Zeitschriften zitiert, und den inhaltlichen Fokus im Suchstring auf Gesundheit begründet sein. Eine repräsentative Verteilung über Branchen konnte nicht dargestellt werden.

    Abb. 3:  Flow-Diagramm der StudienauswahlFig. 3: Flow diagram of the study selection

    Abb. 3: Flow-Diagramm der Studienauswahl
    Fig. 3: Flow diagram of the study selection
    Tabelle 1:  Deskriptive Statistik der gesichteten LiteraturTable 1: Descriptive statistics of the literature studied

    Tabelle 1: Deskriptive Statistik der gesichteten Literatur
    Table 1: Descriptive statistics of the literature studied

    4.2 Ergebnisse

    In der Darstellung der Ergebnisse folgen wir dem Forschungsmodell (siehe Abb. 2) und greifen zunächst die in der Literatur berichteten Zusammenhänge zwischen den organisationalen Rahmenbedingungen und den Auswirkungen auf die Beschäftigten auf (Pfad 1 des Forschungsmodells, Abschnitt 4.2.1). Dabei gehen wir zunächst auf Merkmale der Organisationsstruktur, dann auf Kultur und Klima als Determinanten für individuelle Parameter ein. Danach werden die Ergebnisse zu vermittelnden Funktionen von Führung und Arbeitsbedingungen auf diese Zusammenhänge sowie die Interaktionen mit Führung und Arbeitsbedingungen beschrieben (Pfad 2 des Forschungsmodells, Abschnitt 4.2.2).

    4.2.1 Zusammenhänge zwischen den organisationalen Rahmenbedingungen und individuellen Outcomes der Beschäftigten

    Die Darstellung der Ergebnisse zu Pfad 1 des Forschungsmodells (siehe Abb. 2) greift zunächst die Frage von Struktur und folgend von Kultur und Klima im Hinblick auf Individualauswirkungen auf.

    Die Bedeutung von Struktur für die Gesundheit von Beschäftigten

    Die Ergebnisse hinsichtlich der Zusammenhänge von organisationaler Struktur und individuellen Outcomes waren wenig eindeutig. Der Strukturbegriff wurde in den zugrunde liegenden Übersichtsarbeiten und den dort eingebundenen Primärstudien sehr breit gefasst und beinhaltete eine Vielzahl verschiedenster Facetten wie beispielsweise Organisationsgröße, Frauenanteil, Arbeitszeitsysteme, Gesundheits- und Arbeitssicherheitssysteme, Personalmaßnahmen etc. Die im Rahmen des Literaturüberblicks aufgegriffenen Arbeiten waren entsprechend sehr divers und berücksichtigten Strukturmerkmale der Organisation als einen von mehreren Einflussfaktoren für die diversen individuellen „Outcomes“. Dies führte dazu, dass die in den eingeschlossenen Studien berücksichtigten Strukturmerkmale oft unterschiedlich bezeichnet und nicht hinreichend definiert wurden, was die Zusammenfassung und Synthese der Ergebnisse sehr erschwerte.

    Die unklaren Befunde können aber auch dadurch begründet sein, dass weniger das Vorhandensein der Strukturen von Relevanz ist, sondern die Art und Weise der Umsetzung, das heißt, wie die entsprechenden Strukturen im Unternehmen implementiert und gestaltet wurden. So betonten Cancelliere et al. (2011), dass der Einfluss der betrieblichen Gesundheitsförderung auf den krankheitsbedingten Produktivitätsverlust abhängig von der Ausgestaltung der Gesundheitsförderung in der Organisation ist.

    Eine Ausnahme von der fehlenden Eindeutigkeit von Ergebnissen zeigte sich im Rahmen der Restrukturierungsliteratur, das heißt, bei Studien zu den individuellen Auswirkungen von drastischen strukturellen Umbrüchen in einer Organisation. Insbesondere Restrukturierungen, die mit Personalabbau verbunden sind, zeigten deutliche und konsistente gesundheitsschädigende Wirkung für Individuen (Bose u. Bohle 2002; Datta et al. 2010; Nakata 2012), auch bekannt als „survivors’ syndrome” (Brockner et al. 1988). Als Gründe hierfür lassen sich die mit der Restrukturierung steigenden Arbeitsstressoren (Arbeitsmenge, Arbeitsintensität, Arbeitsunsicherheit) sowie reduzierten Arbeitsressourcen wie Personalkapazitäten und sozialer Unterstützung nennen (Datta et al. 2010; Thomson u. Michel 2018).

    Die Bedeutung von Klima

    Die Zusammenhänge zwischen organisationalem Klima und individuellen Outcomes entsprachen überwiegend den Erwartungen. „Positive“ Klimafacetten wie organisationale Unterstützung und Gerechtigkeit standen in einem positiven Zusammenhang mit „positivem“ Arbeitsverhalten (z. B. Leistung) und Einstellungen und waren zuträglich für das individuelle Wohlbefinden und die Gesundheit. So war beispielsweise ein Klima der Unterstützung nicht nur entscheidend für die psychische Gesundheit und stand in Zusammenhang mit Stress und Burnout (Bronkhorst et al. 2015; Lee et al. 2015). Ein gutes soziales Klima stellte sich auch als protektiver Faktor für Nackenschmerzen heraus (Kim et al. 2018). Darüber hinaus wurde in einem aktuellen Review ein eindeutiger und konsistenter Zusammenhang von Gerechtigkeitsklima mit Gesundheit ausgewiesen (Haupt et al. 2016). Dabei war insbesondere die Prozessgerechtigkeit bedeutsam, die Partizipation als zentrales Element enthält (Elovainio et al. 2004, 2005).

    „Negative“ Klimafacetten hingegen wie beispielsweise ein Klima der Diskriminierung hingen mit „negativen“ Verhaltensweisen (z. B. Belästigung) und Einstellungen zusammen. Diese Klimafacetten waren zudem schädigend für das Wohlbefinden und die Gesundheit (z.B. Bronkhorst et al. 2015; Carr et al. 2003; Jex et al. 2014; Kuenzi u. Schminke 2009; Parker et al. 2003; Schneider et al. 2017; Sojo et al. 2016; Willness et al. 2007). So war beispielsweise Klima der stärkste Prädiktor für sexuelle Belästigung in der Meta-Analyse von Willness et al. (2007).

    Meist waren die Outcome-Variablen allerdings sehr spezifisch auf das facettenspezifische Klima ausgerichtet. So wurden beim Service-Klima beispielsweise Service-Qualität und kundenorientiertes Leistungsverhalten als Outcomes betrachtet, während beim Sicherheitsklima das Sicherheitsverhalten oder Unfälle als abhängige Variablen Berücksichtigung fanden.

    Entgegen den Befunden zum prozeduralen Gerechtigkeitsklima kamen zwei Reviews mit Fokus auf ein Klima hoher Partizipation beziehungsweise Autonomie zu unklaren Ergebnissen. In einer Überblicksarbeit mit Bezug auf den Gesundheitssektor von Bronkhorst et al. (2015) stellten die Autorinnen fest, dass fünf von 15 Beziehungen zwischen einem Klima der Partizipation und Kommunikation und der mentalen Gesundheit signifikant waren, während der Rest der Beziehungen in den Studien nicht signifikant war (67 %). Das Klima der Partizipation und Kommunikation umfasste hierbei formale und informale Mechanismen, die zur Vermittlung von Informationen genutzt werden sowie das Ausmaß der Partizipation im Rahmen der Entscheidungsfindung bestimmen. Insgesamt flossen aber nur wenige Studien mit unterschiedlichen Operationalisierungen in das genannte Review ein. Jex et al. (2014) zitierten zwei Studien, die die geteilte kollektive Wahrnehmung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu der Kontrolle über ihre Arbeit (Autonomie) untersuchten. Während in einer Studie ein schwacher negativer Zusammenhang zwischen dieser kollektiven Wahrnehmung und individuellen Symptomen von traumatischem Stress gefunden wurden, zeigte sich in der anderen Studie kein Zusammenhang mit der individuellen psychischen Beanspruchung und den krankheitsbedingten Fehltagen. In der letztgenannten Studie bestand somit zwar kein signifikanter Zusammenhang zwischen der aggregierten wahrgenommenen Autonomie der Gruppe und den subjektiv wahrgenommenen Gesundheitsbeschwerden, aber die individuelle Abweichung vom Gruppenmittelwert (also wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter eine höhere Autonomie wahrnimmt als seine Arbeitsgruppe) hing durchaus signifikant und negativ mit den subjektiv wahrgenommenen Gesundheitsbeschwerden zusammen (Van Yperen u. Snijders 2000). Letzteres steht in Einklang mit Befunden auf der Individualebene, die Kontrolle beziehungsweise Autonomie als eine der bedeutsamsten Ressourcen zur Abmilderung negativer Belastungen hervorheben (Bakker u. Demerouti 2017; Demerouti et al.
    2001; Karasek u. Theorell 1990). Zwei andere aktuelle Literaturübersichten zu den Kontrollvariablen Tätigkeitsspielraum (Bradtke et al. 2016) sowie Handlungs- und Entscheidungsspielraum (Rosen 2016), die im Unterschied zu Jex et al. (2014) nicht auf kollektiven Klimawahrnehmungen beruhen, sondern auf Individualwahrnehmungen, zeigen, dass die Kontrollwahrnehmung deutlich und konsistent mit Gesundheit und Wohlbefinden im Zusammenhang steht. Somit wird deutlich, dass es wichtig ist, zwischen aggregierten Klimawahrnehmungen und der individuellen Wahrnehmung zu unterscheiden.

    Eine mögliche inhaltliche Erklärung für die widersprüchlichen Befunde neben unterschiedlichen Operationalisierungen und der geringen Anzahl an Studien in den beiden Reviews könnte sein, dass im Falle beider Klimafacetten ein Klima geschaffen wird, bei dem Beschäftigten eine hohe Verantwortung übertragen wird. Dies kann zwar einerseits die Selbstwirksamkeit und den Selbstwert der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbessern. Andererseits können hiermit aber auch höhere Leistungserwartungen einhergehen, die zu erhöhten Arbeitsanforderungen und einem höheren Druck seitens der Beschäftigten führen können (Baer et al. 2015; Franke u. Felfe 2011).

    Die Bedeutung von Kultur

    Mit Bezug auf die Zusammenhänge zwischen organisationaler Kultur und individuellen Outcomes lagen nur sehr wenige empirische Studien (Reviews/Meta-Analysen) vor (Jex et al. 2014). Eine der wenigen Überblicksarbeiten stellt die Meta-Analyse von Hartnell et al. (2011) dar, die explizit den Einfluss von Kultur auf die organisationale Effektivität basierend auf dem Competing-Value-Ansatz (CVA, siehe Abschnitt 2.3) behandelt. Dieser Ansatz impliziert, dass die verschiedenen Kulturtypen mit unterschiedlichen organisationalen Effektivitätskriterien in Zusammenhang stehen (Hartnell et al. 2011; Kluge, im Druck). In ihrer Meta-Analyse gingen Hartnell et al. (2011) der letztgenannten Annahme nach und untersuchten die Zusammenhänge zwischen den drei Kulturtypen (Clan, Adhokratie und Markt) und neun verschiedenen Effektivitätskriterien (hierunter auch Arbeitszufriedenheit, organisationales Commitment und Innovationen). Für den Kulturtyp Hierarchie lagen zu wenige Studien vor, so dass keine Korrelationen mit den Effektivitätskriterien berichtet wurden. Die Ergebnisse der Autorin und Autoren zeigten, dass ansonsten alle drei Kulturtypen (Clan-, Adhokratie- und Markt-Typ) positive Zusammenhänge mit Innovationen sowie Arbeitszufriedenheit und Commitment aufwiesen. Die Zusammenhänge waren aber unterschiedlich stark. Die Markt-Kultur korrelierte besonders stark mit Innovationen, während die Clan-Kultur die höchsten Korrelationen mit den Einstellungsvariablen (Commitment und Arbeitszufriedenheit) aufwies. Der starke Zusammenhang zwischen der Markt-Kultur und Innovationen ist dabei überraschend und entspricht nicht den Annahmen des Competing-Value-Ansatzes. Auf Basis des Modells vermuteten die Autorin und Autoren den stärksten Zusammenhang zwischen der Adhokratie-Kultur und Innovationen. Darüber hinaus konnten positive Zusammenhänge zwischen den Kulturtypen gefunden werden, was dafürspricht, dass die Kulturtypen entgegen der Annahme des CVA nicht konkurrierend sind, sondern sich auch ergänzen können. Hartnell et al. (2011) schlussfolgerten deshalb, dass die Identifizierung des dominanten Kulturtyps in einem Unternehmen nicht zielführend ist und die Organisationskultur Werte verschiedener Kulturtypen umfassen kann.

    Zusätzlich deuteten auch einige qualitative Überblicksarbeiten darauf hin, dass die Organisationskultur einen direkten Einfluss auf das Verhalten und die Gesundheit der Beschäftigten hat. So fasste Andriopoulos (2001) Einflussfaktoren der Kreativität zusammen und stellte fest, dass eine Kultur der Konvergenz und Effizienz hinderlich, während eine lernorientierte, unterstützende Kultur förderlich für die Kreativität im Unternehmen ist. Mit Bezug auf die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erleichterte zudem eine offene und hilfsbereite Kultur den Beschäftigten über ihre Krankheiten zu sprechen, was dann eine Anpassung der Arbeitsbedingungen und die Nutzung von Unterstützungsmöglichkeiten im Unternehmen ermöglichte (Purc-Stephenson et al. 2018). Insgesamt gab es nur wenige Studien, die den Zusammenhang von Kultur und Gesundheit/Wohlbefinden betrachteten.

    4.2.2 Die Rolle von Führung und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigen (siehe Abb. 2, Pfad 2)

    Die Wahrnehmung von organisationalem Klima, Kultur und Struktur durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird stark beeinflusst durch das Führungsverhalten (Colquitt 2001). Entsprechend konnten konzeptionelle wie auch empirische Studien zu der Interaktion dieser Organisationsaspekte mit Führung identifiziert werden. Auf Basis dieser Studien ließen sich hierbei drei unterschiedliche Formen des Zusammenspiels organisationaler(n) Kultur und Klimas mit Führung unterscheiden:

  • solche, die die Rolle von Führung für die Entstehung von Klima und Kultur betrachten;
  • Studien, die sich auf die moderierende Wirkung von Klima auf den Zusammenhang von Führung und individuellen Outcomes beziehen;
  • Studien, die Führung als inhärenten Teil von Klima verstehen.
  • In dem in Abb. 2 vorgestellten Rahmenmodell wird implizit angenommen, dass das Organisationsklima die Arbeitsbedingungen der Führungskräfte und deren Führungsverhalten als Antezedens determiniert. Die Mehrzahl der Studien in den drei genannten Kategorien betrachteten allerdings eher die Rolle von Führung als Einflussfaktor beziehungsweise Antezedens bei der Entstehung und der Entwicklung/Förderung von organisationalem Klima und Kultur (Çoğaltay u. Karadağ 2016; Goedhart et al. 2017; Kuenzi u. Schminke 2009; Pearson et al. 2007; Schneider et al. 2017). Beispielsweise zeigte sich in der Meta-Analyse von Çoğaltay und Karadağ (2016) ein starker positiver Zusammenhang zwischen der Führung der Schulleitung und der organisationalen Gerechtigkeit sowie der organisationalen Kultur und des Klimas in den untersuchten Schulen. Die Autoren schlussfolgerten, dass die Leitung über ihre direkte Kontrolle und Verteilung von Aufgaben und Ressourcen unmittelbar die Wahrnehmung der organisationalen Gerechtigkeit in der Organisation prägt. Kuenzi und Schminke (2009) zitierten weitere Studien, die verschiedene Führungsstile und Führungsverhalten mit unterschiedlichen Arbeitsklimata in Beziehung setzen. So stand beispielsweise transformationale Führung in positiver Beziehung mit dem Sicherheitsklima. Dieser Zusammenhang wurde auch in einem konzeptionellen Modell aufgegriffen, in dem die Rolle der Führungskräfte zur Verbesserung der Sicherheit und Effizienz im Unternehmen betont wurde, indem sie Vertrauen schaffen, Ressourcen verteilen und Engagement fördern (Frith 2013).

    Darüber hinaus stand Servant-Leadership in positivem Zusammenhang mit dem prozeduralen Gerechtigkeitsklima (Kuenzi u. Schminke 2009). Letzteres kann so interpretiert werden, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Arbeitseinheit sich fair behandelt fühlen, wenn sie von einer Führungskraft geführt werden, die ihre Verantwortung gegenüber ihren Geführten und anderen Stakeholdern erkennt und wahrnimmt (Ehrhart 2004). Die zitierte Primärstudie von Ehrhart (2004) deutet zudem auf die Rolle von Klima als vermittelnde Variable (Mediator) zwischen Führungsverhalten und individuellen Outcomes hin. So mediierte das prozedurale Gerechtigkeitsklima die Wirkung von Servant-Leadership auf Organisational Citizenship Behavior (OCB). OCB beschreibt im Sinne hoher intrinsischer Motivation ein Leistungsverhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das über das formal vorgeschriebene Arbeitsverhalten hinausgeht (Organ 1997). Die Überblicksarbeiten von Kuenzi und Schminke (2009) sowie Schneider et al. (2017) führten darüber hinaus noch weitere Beispiele an, die die vermittelnde Rolle von organisationalem Klima zwischen Führung und individuellen Outcomes stützten. In der zitierten Primärstudie von Walumbwa et al. (2008) vermittelte die Wahrnehmung und Stärke des prozeduralen Gerechtigkeitsklimas den Zusammenhang zwischen transaktionalem Führungsverhalten und der Zufriedenheit mit der Führungskraft sowie organisationalem Commitment. Hieraus lässt sich ableiten, dass Führung sowohl das Klima als auch die Klimastärke beeinflusst.

    Die eingeschlossenen Überblickarbeiten führten auch Studien an, die die moderierende Wirkung von Klimawahrnehmungen und Kultur auf den Zusammenhang zwischen Führungsverhalten und individuellen Outcomes untersuchten (Keyko et al. 2016; Kuenzi u. Schminke, 2009; Schneider et al. 2017; Trépanier et al. 2016). Als ein Beispiel kann die moderierende Wirkung von Serviceklima auf den Zusammenhang zwischen effektiver Führung und Servicequalität genannt werden. Hierbei galt: War das Serviceklima gering ausgeprägt, erhöhte effektive Führung die Servicequalität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bei hohem Serviceklima hatte Führung allerdings keinen Einfluss (Kuenzi u. Schminke 2009). In diesem Fall wirkten Führung und Klima substitutiv. Die Literatur führt allerdings auch Beispiele für andere Formen von Interaktionseffekten zwischen Führung und Klima an. So wiesen Unterschiede in den Beziehungen zwischen der Führungskraft und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern innerhalb eines Teams (auch als „Leader-Member-Exchange Differentiation“ bezeichnet) nur einen signifikanten negativen Zusammenhang mit organisationalem Commitment und der Zufriedenheit mit den Kolleginnen und Kollegen auf, wenn das Gerechtigkeitsklima gering war. Die geteilte Wahrnehmung, dass der Umgang innerhalb des Teams gerecht und fair abläuft, milderte somit die negative Wirkung von Unterschieden in der Beziehungsqualität ab (Erdogan u. Bauer 2010). Interaktionseffekte mit Führung zeigten sich auch für die organisationale Struktur (Restrukturierung). Ob und wie starke Auswirkungen organisationale Veränderungen haben, hängt insbesondere von der Ausgestaltung und Durchführung der Veränderung ab. Als wichtige Moderatoren zur Gestaltung wurden unter anderem die Verpflichtung (das Commitment) der Führung gegenüber der Veränderung (Lean u. Holden, 2011) und ein passender Management-Stil (Westgaard u. Winkel 2011), aber auch die Motive der Implementation von Veränderungen in einer Organisation (Haby et al. 2016) genannt.

    Die Überblicksarbeiten zu Pfad 2 führten auch einige Studien an, die Führung als spezifischen Teil des Klimas und Kultur verstehen (Schneider et al. 2011). Beispielsweise fassten Bronkhorst et al. (2015) Führungsklima als eine Facette von Klima auf. Sie definierten Führungsklima als die Wahrnehmung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Führung und Aufsicht (Supervision) und berücksichtigten hierbei Aspekte wie den Führungsstil, Art der Aufsicht, Ausmaß der Unterstützung durch das Management sowie die Art der Führungshierarchie. Sie betrachteten in ihrer Überblicksarbeit den Zusammenhang mit der mentalen Gesundheit und identifizieren 17 von 29 signifikante Zusammenhänge (59%) zwischen dem Führungsklima und der mentalen Gesundheit. Dabei deuteten alle Studien in die Richtung, dass „gute“ Führung die mentale Gesundheit verbessert. Allerdings waren 12 (41%) Zusammenhänge nicht signifikant. Grundsätzlich empfehlen Schneider et al. (2017) in ihrer Überblicksarbeit aber eine klare Trennung zwischen Führung und Klima/Kultur, um ein Verschwimmen der Begriffe zu vermeiden.

    Zum Zusammenspiel der organisationalen Rahmenbedingungen (Klima, Kultur, Struktur) mit den Arbeitsbedingungen lagen nur sehr wenige Hinweise vor. Allerdings argumentieren mehrere Überblicksarbeiten (eher konzeptionell, ohne empirische Untermauerung), dass organisationales Klima und Kultur über die Arbeitsbedingungen indirekt auf die Beschäftigten wirken (Bronkhorst et al. 2015; Hartnell et al. 2011). Beispielweise stellten Keyko et al. (2016) in ihrer Überblicksarbeit zu Arbeitsengagement ein Modell auf, bei dem die Wirkung von Führung und strukturellem Empowerment auf das Arbeitsengagement durch die Ressourcen auf operativer Ebene vermittelt werden. Hierbei zitierten sie eine Studie, die auf eine teilweise Vermittlung des Einflusses strukturellen Empowerments auf das Arbeitsengagement durch Arbeitsressourcen wie Kontrolle, Belohnungen, Fairness und Wertekongruenz hinweist. Zusätzliche Unterstützung für die Mediationshypothese liefert zudem die Restrukturierungsliteratur. Veränderungen auf organisationaler Ebene wirken auf das Befinden der Beschäftigten, indem sie die Arbeitsbedingungen verändern (erhöhte Anforderung, geringere Ressourcen; veränderte Arbeitsrollen; Bose u. Bohle 2002; Holden 2011; West­gaard u. Winkel 2011).

    Mit Bezug auf eine mögliche Interaktion zwischen organisationalen Rahmenbedingungen und den Arbeitsbedingungen führten Haby et al. (2016) in ihrer Überblicksarbeit an, dass Interventionen zur Steigerung der Partizipation förderlich für die Gesundheit der Beschäftigten sein können. Allerdings können sie die negative Wirkung von „schlechten“ Arbeitsbedingungen auf die Gesundheit nicht abmildern.

    5 Teilstudie 2: Sekundärdatenanalyse

    Die Ergebnisse der in Abschnitt 4 beschriebenen Literaturübersicht wurden ergänzt durch die Analyse verschiedener repräsentativer Datensätze. Dabei fokussierten wir insbesondere auf die Fragen von Gesundheitsunterschieden zwischen Führungskräften und Geführten unter Berücksichtigung von Anforderungs- und Ressourcenkombinationen dieser beiden Gruppen. Weiterhin untersuchten wir die Frage, ob Struktur- und Klimaaspekte einer Organisation Gesundheitspotenziale für die Beschäftigten beinhalten.

    Zur Beantwortung der skizzierten Fragen werden in diesem Abschnitt erste empirische Ergebnisse der Analyse einer quantitativen, repräsentativen Beschäftigtenbefragung mit ausführlichen Informationen zum betrieblichen Kontext vorgestellt. Wie in Abschnitt 2 und 4 bereits dargelegt, ist die Erfassung von Kultur auf Basis quantitativer Daten problematisch. Es wurde daher vornehmlich der Zusammenhang von Organisationsstruktur und -klima mit der Gesundheit von Führungskräften und Beschäftigten ohne Führungsverantwortung – kurz: „Geführte“ – vergleichend untersucht. Damit leisten wir einen Beitrag zu der Forschungslücke bezüglich der wenig untersuchten Arbeitsbedingungen von Führungskräften. Berücksichtigt wurden zudem Führungsverhalten und soziale Unterstützung, Arbeits(umfeld)bedingungen sowie soziodemografische und Persönlichkeitsmerkmale. Wie weiter oben ausgeführt, wurde dabei unterstellt, dass erstens Strukturen, die soziale Unterstützung, transparente Informationen und Freiheitsgrade sowie Partizipation ermöglichen, und zweitens ein entsprechendes „gelebtes“ Organisationsklima (zu den Begriffen siehe Abschnitt 2) den Beschäftigten als Ressourcen dienen. Sie stehen deshalb, so die Annahme, in einem positiven Zusammenhang mit dem subjektiven Gesundheitserleben. Aus eigenen Voranalysen mit den Daten der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenstichprobe sowie dem Sozioökonomischen Panel (SOEP) war bekannt, dass sich Führungskräfte im Vergleich zu Geführten häufiger als gesund einschätzen. Auch war bekannt, dass Führungskräfte zwar häufiger Stressoren (Unterbrechungen bei der Arbeit, Termin- und Leistungsdruck) ausgesetzt sind, sie aber auch über mehr arbeitsbedingte Ressourcen (vor allem Handlungsautonomie) verfügen (Lück 2017; Schröder u. Heß, in Vorbereitung). Eine weitere Annahme war, dass ihnen auch die organisationsstrukturellen sowie -klimatischen Ressourcen eher zur Verfügung stehen und dies den besseren subjektiv wahrgenommenen Gesundheitszustand von Führungskräften miterklärt.

    5.1 Daten und Methoden

    5.1.1 Beschreibung des Datensatzes

    Die folgenden empirischen Analysen beruhten auf dem „Linked-Personnel-Panel (LPP)“, das im Rahmen des vom BMAS und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) finanzierten Projekts „Arbeitsqualität und wirtschaftlicher Erfolg: Längsschnittanalyse in deutschen Betrieben“ erhoben wurde.3 Das LPP kombiniert Daten einer seit 2012 zweijährlich durchgeführten Wiederholungsbefragung von Personalverantwortlichen in deutschen Betrieben, die zuvor am IAB-Betriebspanel teilgenommen haben, mit einer Befragung von Beschäftigten in diesen Betrieben. Das IAB-Betriebspanel ist eine nach Betriebsgröße, Branche und Bundesland geschichtete, für Betriebe mit mindestens einer/m sozialversicherungspflichtig Beschäftigter/m repräsentative Betriebsbefragung.4 Für die LPP-Betriebsbefragung, bei der zusätzlich ausführliche Informationen zur Personalarbeit sowie der „Unternehmenskultur“ erhoben wurden, wurden lediglich Betriebe in der Privatwirtschaft mit mindestens 50 Beschäftigten erfasst, „da in kleineren Betrieben oft keine formalisierte Personal­arbeit möglich oder notwendig ist“ (Broszeit u. Wolter 2015, S. 23). Für diese Betriebe ist die Stichprobe repräsentativ.5 Die Informationen aus dem IAB-Betriebspanel, vor allem zur Organisationsstruktur, standen ebenfalls zur Verfügung. Die LPP-Beschäftigtenbefragung erfolgte als nach Betriebsgröße geschichtete Zufallsstichprobe aus den Betrieben der LPP-Betriebsbefragung und war für die dort Beschäftigten repräsentativ. Über eine Personennummer konnten die Beschäftigten den Betrieben zugeordnet werden.

    Wie im Folgenden dargestellt, wurden die beiden ersten Wellen des LPP jeweils aus dem Winter der Jahre 2012/2013 und 2014/15 in einem gepoolten Datensatz analysiert. Die erste Welle des LPP enthält 1219 Betriebe und 7508 Beschäftigte, die zweite Welle 771 Betriebe und 7282 Personen. Der gepoolte Datensatz umfasste schließlich 771 Betriebe und 11.160 „Personenjahre“. Diese ergeben sich aus der Summe an Personen, die an nur jeweils einer Welle oder an beiden Wellen teilgenommen haben. In den Analysen wurde dafür statistisch kontrolliert, dass viele Personen doppelt im Datensatz vertreten sind. Wir beschränkten die Stichprobe schließlich für die Analysen auf die Altersgruppe der 25- bis 59-Jährigen sowie die abhängig Beschäftigten. Hieraus ergab sich eine Stichprobe von 10.055 Personenjahren. Die Altersbeschränkung sollte Beschäftigte ausschließen, die sich in Ausbildung (etwa einem Studium) sowie in Altersteilzeit befinden. Der Ausschluss von Selbständigen erfolgte, da hier Fragen zur Personalpolitik nicht greifen.

    5.1.2 Darstellung der Messinstrumente

    Die verwendeten Fragen zur Messung der relevanten Konstrukte sind im Anhang in Tabelle 6 zusammengefasst. Die zentrale zu erklärende (abhängige) Variable erfasste den subjektiv wahrgenommenen gegenwärtigen Gesundheitszustand. Es wurde gefragt: „Wie würden Sie Ihren gegenwärtigen Gesundheitszustand beschreiben?“. Die Antworten wurden auf einer fünfstufigen Likert-Skala von 1 =„sehr gut“ bis 5 =„schlecht“ erfasst.

    Bei den unabhängigen Variablen zur Erklärung des Gesundheitszustands lag der Schwerpunkt dieser Arbeit auf der Betriebsstruktur und dem -klima. Die meisten Variablen entstammten der Beschäftigtenbefragung; wenn sie aus der Betriebsbefragung entnommen wurden, ist dies gesondert mit „Betrieb“ in Klammern in der Tabelle 6 im Anhang angegeben. In nur wenigen Fällen ließen sich die Fragen aus der Betriebsbefragung mit Fragen aus der Beschäftigtenbefragung abgleichen. Möglich war dies aber beispielsweise bei der Frage zu den Mitarbeitergesprächen. In der Betriebsbefragung wurde gefragt, ob diese im Betrieb vorhanden sind. Im Rahmen der Beschäftigtenbefragung wurde erfasst, ob im letzten Jahr Mitarbeitergespräche geführt wurden. Dies ermöglichte es zu untersuchen, ob das Vorhandensein und die Nutzung sich in ihrer Wirkung auf die Gesundheit unterscheiden.

    Im Merkmalsbereich Betriebsklima war eine methodische Besonderheit zu beachten. Referenz für die Befragten und somit der Operationalisierung des Klimas war zwar der Betrieb im Ganzen – nicht das Individuum als solches oder in seiner Beziehung zu anderen –, erfasst sind aber individuelle und nicht innerhalb des Betriebs aggregierte Einschätzungen, das heißt das so genannte „psychologische Klima“ (James et al. 2008; James u. Jones,2 1974).6 Je nachdem, ob die Betriebs- oder Beschäftigtenbefragung zugrunde lag, war weiterhin zu unterscheiden zwischen der Einschätzung des Betriebs durch das oberste Management einerseits und die der Beschäftigten andererseits. Auf der Betriebsebene wurden Fragen zum Umgang mit Leistungsschwäche und Kriterien der Beförderung gestellt, während die Beschäftigten zu Themen wie Klarheit organisationaler Ziele, prozeduraler Gerechtigkeit im Betrieb und zum Führungsklima (Aufgabenorientierung und Mitarbeiterorientierung) befragt wurden (s. Tabelle 7 im Anhang):

    Zusätzlich zu Variablen der Betriebsstruktur und des -klimas wurden Fragen zu sozialen Austauschbeziehungen wie Führungsverhalten und soziale Unterstützung, zu unmittelbaren Arbeits(platz)bedingungen (Arbeitsressourcen und -stressoren wie zum Beispiel Autonomie und subjektive Arbeitsplatzunsicherheit) sowie Fragen zu personellen Ressourcen erhoben. Als weitere Kontrollvariablen wurden zudem die Branche, Region, Betriebsgröße, Arbeitsbeziehungen (Tarifvertrag, Betriebsrat), Berufsqualifikation, Stellung im Beruf, Arbeitszeitmerkmale (Befristung, Teilzeit, flexible Arbeitszeit, Wochenend-/Schichtarbeit), Geschlecht, Alter, Partnerschaft, Kinder und das Jahr der Erhebung berücksichtigt.

    5.1.3 Methodisches Vorgehen bei der Datenanalyse

    Das Vorgehen der Datenanalyse war grundsätzlich explorativ und datengetrieben mit dem Ziel, erste Erkenntnisse zu den Gesundheitsunterschieden zwischen Führungskräften und Geführten sowie zum Einfluss der Struktur- und Klimaaspekte einer Organisation auf die Gesundheit der Beschäftigten und Führungskräfte zu erhalten. Hierfür wurden zunächst deskriptive Auswertungen (Mittelwerte, Standardabweichungen, Minimum und Maximum) aller Variablen getrennt nach Führungskräften und Geführten vorgenommen (Tabelle 2). Im Anschluss daran erfolgten zunächst partielle Regressionsanalysen für die einzelnen Variablenblöcke, um relevante und signifikante Einflussfaktoren zu identifizieren. Die Regressionsanalysen ermöglichten es, für jede betrachtete erklärende (unabhängige) Variable, den Einfluss von Drittvariablen „herauszurechnen“. Basierend auf den als relevant identifizierten Einflussfaktoren, kamen multiple lineare Regressionen für ein Gesamtmodell zur Anwendung7, das im Ergebnisteil näher beschrieben wird. Dieses Vorgehen wurde gewählt, um das Gesamtmodell statistisch nicht zu überfrachten. Zusätzlich zu den Ergebnissen für die Gesamtstichprobe wurden auch die Regressionsergebnisse getrennt für Führungskräfte und Geführte angegeben. Führungskräfte wurden mit der Frage „Sind Sie für andere Beschäftigte der bzw. die Vorgesetzte/r?“ identifiziert. Dies waren 29% aller in den Unternehmen abhängig Beschäftigten. Führungskräfte wurden zudem weiter nach der Führungsspanne – der Anzahl der Beschäftigten, für die sie Personalverantwortung übernehmen – differenziert. Es wurden drei Gruppen gebildet: weniger als 5 „Geführte“ (1. Quartil), 5–19 Geführte (2.–3. Quartil) sowie 20 und mehr Geführte (4. Quartil).

    Tabelle 3 stellt zur besseren Übersicht nur die signifikanten Einflussfaktoren dar. Eine Darstellung der vollständigen Regressions­ergebnisse befindet sich im Anhang in Tabelle 8. Die Regressionskoeffizienten zu den erklärenden Variablen sind bei einem positiven Wert (negativen Wert) als vergleichsweise schlechter (guter) Gesundheitszustand zu interpretieren, wenn ein spezifisches Merkmal vorhanden ist, beziehungsweise um eine Einheit auf einer fünfstufigen Likert-Skala mehr oder weniger zutrifft.

    Tabelle 2:  Deskriptive Statistik aller VariablenTable 2: Descriptive statistics of all variables

    Tabelle 2: Deskriptive Statistik aller Variablen
    Table 2: Descriptive statistics of all variables
    Tabelle 2:  FortsetzungTable 2: Continued

    Tabelle 2: Fortsetzung
    Table 2: Continued
    Tabelle 2:  FortsetzungTable 2: Continued

    Tabelle 2: Fortsetzung
    Table 2: Continued

    5.2 Ergebnisse

    5.2.1 Deskriptive Ergebnisse

    In diesem Abschnitt stellen wir zunächst auf der Basis von Mittelwerten und Streuungen (Standardabweichungen) die Unterschiede zwischen Führungskräften und Geführten im Hinblick auf Gesundheit sowie bestimmte Belastungen und Ressourcen dar. Zunächst konnten wir zeigen, dass sich Führungskräfte und Geführte im Hinblick auf ihren subjektiv eingeschätzten Gesundheitszustand unterscheiden. Der Mittelwert der Gesundheitsvariable betrug für 2,27 für Führungskräfte und 2,37 für Geführte (siehe Tabelle 2). Bei der Interpretation der Werte ist zu berücksichtigen, dass die Variable revers kodiert ist (Ausprägung 1 = gut; 5 = schlecht). Dies bedeutet, dass ein hoher Wert für einen schlechten Gesundheitszustand beziehungsweise starke gesundheitliche Beeinträchtigungen steht. Das heißt, beide Gruppen schätzten ihre Gesundheit im Durchschnitt als eher gut, mit Tendenz in Richtung zufriedenstellend ein. Führungskräfte fühlten sich dabei leicht gesünder als Geführte. Bildet man eine Gruppe von Erwerbstätigen, die ihren Gesundheitszustand als weniger gut bis schlecht einschätzten, so trifft dies auf 7 % der Führungskräfte gegenüber 11 % bei den Geführten zu. Diese bivariaten Unterschiede in den Mittelwerten und Prozentangaben sind signifikant und stimmen mit den Ergebnissen anderer repräsentativer Datenauswertungen überein (Lohmann-Haislah 2012).

    Einen ersten Hinweis zur Erklärung des besseren Gesundheitszustands der Führungskräfte im Vergleich zu Geführten bietet ein deskriptiver Überblick über die Verteilung der Variablen aus den Merkmalsbereichen, die vorab nach Belastungen beziehungsweise möglichen Stressoren und Ressourcen differenziert werden können.

    Führungskräfte scheinen zunächst günstigere persönliche Ressourcen für den Umgang mit Stress (Lazarus 2006; Lazarus u. Folkman 1984) aufzuweisen (siehe Tabelle 2):8 So zeigten sie im Vergleich zu Geführten unter anderem ein höheres generalisiertes Vertrauen, ärgerten sich seltener, wenn es anderen besser ging (geringere „Ungerechtigkeitssensibilität“), sind extravertierter und risikobereiter. Führungskräfte wiesen zudem ein höheres Humankapital in Form von Bildung auf und fühlten sich häufiger an ihren Betrieb gebunden. Diese Ergebnisse deuten auf eher günstige Copingmechanismen bei Führungskräften hin und beeinflussen daher sowohl die Einschätzung der eigenen Ressourcen als auch den aktiven und effektiven Umgang mit den Belastungen positiv (Folkman et al. 1986). Die Tatsache, dass Führungskräfte hier günstigere Einschätzungen abgaben, könnte zudem daran liegen, dass nur solche Personen in Führungspositionen gelangen oder diese anstreben, die den damit verbundenen Herausforderungen gewachsen waren beziehungsweise sich gewachsen fühlten (Mazur 1985; Van Vugt et al. 2008).

    Zudem wiesen Führungskräfte eine signifikant höhere Jobautonomie auf, die eine wichtige organisationale Ressource darstellt (siehe Tabelle 2). Tätigkeits-, Handlungs- und Entscheidungsspielräume hängen positiv mit Gesundheit, Motivation und Arbeitszufriedenheit sowie negativ mit Depressionen, depressiven Störungen, Burnout, emotionaler Erschöpfung und Depersonalisierung zusammen (für eine aktuelle umfängliche Literaturübersicht siehe Rosen 2016). Es ist insofern wahrscheinlich, dass signifikant höherer Handlungsspielraum bei den Führungskräften einen Beitrag zu den Gesundheitsunterschieden zwischen Führungskräften und Geführten leistet. Potenziell schädigende Arbeitsumfeldbedingungen (z. B. Lärm) dagegen, die negativ mit Gesundheit im Zusammenhang stehen, (vgl. Bux u. Polte 2016; Krüger 2016; Liebl u. Kittel 2016) berichteten Führungskräfte eher seltener als Beschäftige ohne Führungsverantwortung (siehe Tabelle 2).

    Allerdings berichteten Führungskräfte von stärkeren Konflikten zwischen Beruf- und Privatleben als Beschäftigte (siehe Tabelle 2), was einer besseren Gesundheit von Führungskräften eigentlich eher entgegensteht (Wöhrmann 2016). Es scheint, als sei per Saldo die Kombination von Belastungen und Ressourcen für die Führungskräfte gesundheitszuträglicher. Denkbar ist allerdings auch die Erklärung, dass – im Sinne eines „Healthy worker“-Effekts (McMichael 1976) – nur diejenigen in diese Position gelangen oder in ihr verbleiben, die eine entsprechend hohe Resilienz aufweisen (Björklund et al. 2013; Costa Font u. Ljunge 2017). Um hierfür zu kontrollieren, wurden individuelle Ressourcen und Persönlichkeitsmerkmale in die Regressionsmodelle aufgenommen. Dennoch kann der Einfluss nichtbeobachteter individueller Merkmale nicht ausgeschlossen werden.

    Die Angaben zu betriebsstrukturellen Merkmalen (z. B. Mitarbeitergespräche, Betriebliches Gesundheitsmanagement) unterschieden sich kaum zwischen Geführten und Führungskräften. Dies ist nicht überraschend, da die Angaben zur Betriebsstruktur einerseits zum großen Teil aus der Betriebsbefragung stammten und somit die Einschätzung des Betriebs durch das oberste Management widerspiegelten und andererseits die Beschreibung betriebsstruktureller Merkmale vergleichsweise unproblematisch und objektiv ist. Was die Nutzung betriebsstruktureller Maßnahmen betrifft, so zeigte sich, dass Führungskräfte häufiger Mitarbeitergespräche mit ihren eigenen Vorgesetzten führten (57 % versus 45 %) und zudem häufiger leistungsbezogene Zahlungen erhalten haben (66 % versus 56 %). Mit Bezug auf die Mitarbeitergespräche kann eine ambivalente Gesundheitswirkung angenommen werden: Häufige Kommunikation mit Vorgesetzen kann einerseits als belastende spezifische Arbeitsbedingung von Führungskräften, andererseits als soziale Unterstützung durch Vorgesetzte gewertet werden. Auch bei der leistungsbezogenen Bezahlung ist die Wirkung auf die Gesundheit unklar und empirisch wenig untersucht. So wird die Gesundheitsauswirkung zum einen von der organisationalen Gerechtigkeit abhängen. Zum anderen ist denkbar, dass leistungsbezogene Bezahlung die Motivation stärkt, aber auch mit höherem Arbeitsdruck einhergehen kann (Montano et al. 2016).

    Im Merkmalsbereich des Betriebsklimas fanden sich weder bei den Merkmalen aus der Betriebs- noch aus der Beschäftigtenbefragung große Unterschiede zwischen Führungskräften und Geführten. Die Vorgesetzten im Betrieb wurden von der Gruppe der Führungskräfte (versus Beschäftigte ohne Führungsverantwortung) leicht häufiger als mitarbeiterorientiert eingeschätzt. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Führungskräfte ein stückweit ihr (positiv verzerrtes) Selbstbild einschätzten, da sie sich in die Beurteilung der Führungskräfte im Betrieb mit einbezogen.

    Einen Hinweis darauf, dass leistungsbezogene Zahlungen auch gesundheitsförderlich sein können, lieferte die Tatsache, dass die Führungskräfte ihre Vergütung seltener als ungerecht einschätzten (siehe Tabelle 2). Zu erwähnen ist an dieser Stelle auch, dass Führungskräfte schlichtweg mehr Entgelt erhielten, sicherlich ein Umstand, der zum Gerechtigkeitsempfinden beiträgt. Das Führungsverhalten der direkten Vorgesetzten wurde von den Führungskräften nur leicht häufiger als gerecht eingeschätzt. Die überwiegende Mehrheit aller Erwerbstätigen sah sich durch Kolleginnen und Kollegen unterstützt und selten ungerecht kritisiert, schikaniert oder vor anderen bloßgestellt. Dies trifft auf die Führungskräfte nicht signifikant häufiger zu.

    5.2.2 Ergebnisse der Regressionsanalysen

    Tabelle 3 zeigt die signifikanten Ergebnisse der multiplen linearen Regressionsanalysen für die Gesamtstichprobe aller abhängig Beschäftigten sowie für die Teilstichproben der Geführten und der Führungskräfte. Das Gesamtmodell für alle Beschäftigten enthält eine Differenzierung der Führungskräfte nach der Führungsspanne. Hier zeigte sich, dass ausschließlich Führungskräfte mit einer hohen Anzahl Geführter einen im Vergleich zur Referenzgruppe der Geführten signifikant besseren Gesundheitszustand aufwiesen.9 Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass die Führungsspanne weniger als eine Belastung zu sehen ist, sondern vielmehr als eine Belohnung (Status, mehr Spielräume etc.) im Sinne des Effort-Reward-Modells (Siegrist 1996). Zu vermuten ist diesbezüglich, dass die Variable „Führungsspanne“ eher Führungsebenen unterscheidet und Statusunterschiede abbildet oder dass mit der höheren Führungsebene ein höheres Ausmaß an wichtigen Ressourcen wie Handlungsspielraum, Autonomie, Arbeitszeitflexibilität und Gerechtigkeitswahrnehmung verbunden waren. Anzumerken ist hierbei allerdings auch, dass das Modell Unterschiede im Gesundheitszustand zwischen Geführten und Führungskräften – mit zumindest hoher Anzahl Geführter – nur zum Teil erklären konnte.

    Ein zentraler Befund ist, dass das Vorhandensein betrieblicher Strukturen als solches kaum gesundheitsrelevant zu sein scheint. Viele Variablen aus dem Strukturbereich waren zwar bivariat mit einem besseren oder schlechteren Gesundheitszustand assoziiert, erwiesen sich aber im Gesamtregressionsmodell als nicht signifikant. Weder die Teilnahme an der Zertifizierung oder Auditierung zum Gesundheitsmanagement, Personalentwicklungspläne oder eine systematische Analyse der Altersstruktur noch die Leistungsbeurteilung durch Führungskräfte oder schriftliche Zielvereinbarungen zeigten einen Zusammenhang mit der Gesundheit (siehe Tabelle 7 im Anhang). Vielmehr ließen sich Unterschiede im Hinblick auf Gesundheit eher auf Faktoren aus den anderen Merkmalsbereichen – vornehmlich Klima und sozialer Austausch (Führungsverhalten, soziale Unterstützung) – zurückführen. Diese Strukturvariablen wurden aus Gründen der statistischen Sparsamkeit wieder aus dem Modell entfernt, da sie keinen Erklärungsbeitrag leisteten, die Modelle aber statistisch gesehen überfrachteten. Exemplarisch wurde hier das Vorhandensein von Mitarbeitergesprächen ins Modell aufgenommen, da dies mit der faktischen individuellen Nutzung kombiniert werden konnte (siehe Tabelle 3). Auch diese Variable war nicht signifikant, sie wies aber bei Führungskräften einen fast signifikant positiven, das heißt die Gesundheit beeinträchtigenden Wert auf – ein Hinweis darauf, dass das Führen von Mitarbeitergesprächen mit ihren Beschäftigten für Führungskräfte selbst einen Stressor darstellen kann. Auf der anderen Seite stellte sich das faktische Führen von Mitarbeitergesprächen als gesundheitsförderlich und somit eher als eine Ressource sozialer Unterstützung und Wertschätzung heraus (Drössler et al. 2016). Der Erhalt leistungs-/erfolgsabhängiger Zahlungen als solcher hatte zunächst keine Gesundheitswirkung (siehe Tabelle 3).

    Bereits bei der konkreten Nutzung vorhandener betrieblicher Strukturmerkmale durch die Individuen, wie der Maßnahme des Mitarbeitergesprächs traten Gesundheitseffekte hervor. Ähnliches galt im Falle des allgemeinen Betriebsklimas. So spielte, wie erwähnt, das bloße Vorhandensein eines Personalentwicklungsplans auf betriebsstruktureller Seite keine Rolle (siehe Tabelle 7 im Anhang), wohl aber schien die häufigere Nutzung solcher Maßnahmen als Form des strategischen Umgangs mit Leistungsschwäche, im Gegensatz zu Positionswechseln, eine durchaus positive Gesundheitswirkung zu entfalten (siehe Tabelle 3). Auch die Klarheit der organisationalen Ziele ebenso wie die Mitarbeiterorientierung der Führungskräfte in Form des Verständnisses für ihre Beschäftigten (und weniger die Aufgabenorientierung) hatten einen gesundheitsförderlichen Effekt. Zwar kann die offen formulierte Kritik an der Leistung der Beschäftigten durch die Führungskräfte insofern als eine Facette der Mitarbeiterorientierung gelten, als eine hohe Korrelation mit dem Verständnis für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besteht, der Gesundheitseffekt war hingegen diametral. Möglicherweise wird von den Beschäftigten direkte und offen formulierte Kritik als respektlos und kränkend empfunden. Im Zusammenhang mit dem Geben/Nehmen von Feedback ist bekannt, dass auch Äußerungen in guter Absicht negativ und bedrohlich im Hinblick auf den Selbstwert aufgenommen werden können (Semmer u. Jacobshagen 2010).

    Im Bereich direkter sozialer (Austausch-)Beziehungen scheinen sich eine gerechte Vergütung (wiederum anders als das Strukturmerkmal „Leistungsentgelt“), eine gerechte Behandlung durch die Vorgesetzten ebenso wie fehlendes Mobbing beziehungsweise positive soziale Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen gesundheitsförderlich auszuwirken. Für Führungskräfte hingegen gilt: Müssen sie selbst häufig soziale Unterstützung leisten, schätzen sie ihren Gesundheitszustand als wesentlich schlechter ein – ein Hinweis darauf, dass die häufige oder intensive Unterstützung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Führungskräfte weniger eine Anforderung als einen Stressor darstellt. Welche Form von Hilfe hierbei gemeint ist, Hilfe bei den eigentlichen Arbeitsaufgaben der Beschäftigten oder originäre Führungsaufgaben, kann hier nicht abschließend beantwortet werden.

    Schließlich wirken sich die Entscheidungsautonomie positiv und die ungünstige Arbeitsumgebung ebenso wie ein wahrgenommener Konflikt zwischen Beruf und Familie ungünstig auf das Gesundheitserleben aus.10

    Mit Blick auf das hier verwendete Erklärungsmodell ist einschränkend anzumerken, dass die Persönlichkeit gemeinsam mit Alter und Geschlecht den mit Abstand größten Erklärungsbeitrag leisteten (R² = 0,09). Zudem war die Gesamtaufklärung der Varianz für die im Modell betrachteten Faktoren mit einem R2-Wert von insgesamt 0,16 (für alle Beschäftigten) bzw. 0,17 (für die Gruppe der Führungskräfte) nicht gerade groß. Dieser Befund deckt sich allerdings mit anderen Studien zu den Gesundheitswirkungen der Arbeitsbedingungen im Allgemeinen und der Rahmenbedingungen betrieblicher Organisationen im Besonderen. Die Arbeitstätigkeit in betrieblichen Organisationen stellt nur eine – wenn auch nicht unwichtige – Dimension des Lebenslaufs dar. Schon die frühe Lebenslaufforschung hat festgestellt, dass – abgesehen vom Alter – kritische Lebensereignisse im privaten Bereich, wie der Tod von Partnern oder eine Scheidung, aber auch die Arbeitslosigkeit den größten Einfluss auf das Gesundheitserleben haben (Holmes u. Rahe 1967; Snell Dohrenwend u. Dohrenwend 1980). Umgekehrt selektieren sich im Sinne eines „Healthy-worker“-Effekts eher gesündere Personen in die diesbezüglich relativ homogene Gruppe von Führungskräften (McMichael 1976). Schließlich müsste der Zusammenhang von Betriebsklima, Arbeitsbedingungen und Arbeitszufriedenheit als kurzfristige sowie Gesundheit als langfristige Beanspruchungsfolge im Sinne eines Mehrebenenprozesses erfasst werden. Zukünftige Studien im Rahmen des FOWa-Projekts wollen genau dies leisten.

    Tabelle 3:  Signifikante Ergebnisse – Lineare Regression Gesundheit (1 = sehr gut bis 5 = schlecht)Table 3: Significant findings - linear regression health (1 = very good, 5 = poor)

    Tabelle 3: Signifikante Ergebnisse – Lineare Regression Gesundheit (1 = sehr gut bis 5 = schlecht)
    Table 3: Significant findings - linear regression health (1 = very good, 5 = poor)

    6 Zusammenfassung und Diskussion

    Ziel dieses Forschungsberichts ist es, erste Ergebnisse des Projekts „Führung und Organisation im Wandel/FOWa“ zu folgenden Fragen darzustellen und weiterführenden Forschungsbedarf abzuleiten:

  • In welchem Zusammenhang stehen organisationale Aspekte wie strukturelle Unterstützungsangebote für Beschäftigte (regelmäßige Mitarbeitergespräche, Betriebliches Gesundheitsmanagement, Personalentwicklung etc.) oder ein mitarbeiterorientiertes Klima mit Wohlbefinden und Gesundheit?
  • In welchem Zusammenhang stehen diese Aspekte speziell mit den Arbeitsbedingungen der Führungskräfte und mit dem Führungsverhalten?
  • In welcher Wechselwirkung stehen Kultur/Klima und Führungsverhalten?
  • Nach einer sorgfältigen begrifflichen Klärung der für diese Studie zentralen Begriffe und einer theoretischen Einordnung unserer Fragestellungen dienten zwei Studien, eine systematische Literaturübersicht sowie eine Auswertung von Sekundärdaten (LPP-Datensatz), der explorativen Analyse dieser Fragen. Die Ergebnisse beider Studien sind im Folgenden kurz zusammenfassend dargestellt. Anschließend werden einzelne Ergebnisse vertieft und offene Forschungsfragen diskutiert, Limitationen benannt und ein Ausblick gegeben.

    6.1 Zusammenfassung und Einordnung der Ergebnisse

    Die folgenden Abschnitte fassen die wesentlichen Ergebnisse geordnet nach den Fragestellungen dieses Berichts auf.

    6.1.1 Begriffliche Einordnung

    Ein erstes wichtiges Ergebnis bei der Sichtung der Literatur war die Tatsache der begrifflichen Unklarheit und der fehlenden Abgrenzung insbesondere des Klima- und Kulturbegriffs (Kuenzi u. Schminke 2009; Schneider et al. 2017).

    Nach eingehender Analyse der Literatur wurde für diesen Bericht Struktur als die Summe objektiver Eigenschaften der Organisation bestimmt, die sich anhand von Kennzahlen beschreiben lassen (Felfe 2014). Zu diesen objektiven Eigenschaften gehören organisationsdemografische Faktoren wie Größe und Branche, formale Strukturen wie Aufbau- und Ablauforganisation, opportunitätsstrukturelle Aspekte wie die Altersstruktur der Belegschaft sowie die technische Infrastruktur (vgl. Abschnitt 2.1).

    Klima verstehen wir demgegenüber als bewusste und beschreibbare Bewertung beziehungsweise geteilte Wahrnehmung dazu, wie mit bestimmen Aspekten in der Organisation umgegangen wird, zum Beispiel in Bezug auf Partizipationsmöglichkeiten, Gerechtigkeit, Umgang mit Minderheiten etc. (Kozlowski u. Klein 2000; Kuenzi u. Schminke 2009; Schneider et al. 2017). In Abgrenzung zu Organisationsstruktur ist Klima daher nicht objektiv, sondern nur auf Basis der Einschätzung durch die Beschäftigten erfassbar. Das Konstrukt entzieht sich wegen seines Charakters als geteilte Wahrnehmung in Abgrenzung zu „Kultur“ (siehe unten) jedoch nicht der quantitativ standardisierten Erfassung über Fragebögen. Klima beschreibt bestimmte Kulturausprägungen, die aufgrund geteilter Wahrnehmungen „an der Oberfläche“ klassifizierbar und beschreibbar werden (Kuenzi u Schminke 2009).

    Kultur wird für die Zwecke dieses Berichts als eine tief in einer Organisation verwurzelte, weitestgehend unbewusste, selbstverständliche Überzeugung verstanden, die eine grundsätzliche Handlungsorientierung für die Beschäftigten bietet (Schein 1985 [2004], 2017). Sie steuert implizit das Verhalten der Organisationsmitglieder. Kultur wird geprägt durch das Rollenverhalten, die strategischen Schwerpunktsetzungen, Ressourcenfestlegungen etc. des Managements und der Führungskräfte und ergibt sich über geteilte Lernprozesse über die Zeit (Schein 2017). Im Sinne dieses Verständnisses übernehmen die Organisationsmitglieder das Wertesystem das z.B. von den Gründern oder der oberen Führungsebene implementiert wurde. Wegen ihres impliziten Charakters als Gestaltphänomen lässt sich Kultur nur schwer quantitativ und standardisiert erfassen (Schein 2017; Schneider et al. 2017).

    6.1.2 Zusammenwirken von Struktur, Klima und Kultur

    Bei der Auseinandersetzung mit den drei organisationalen Kon­strukten wird recht schnell deutlich, dass es sich nicht um unabhängige Aspekte handelt. Innerhalb des komplexen Gesamtgefüges Organisation beeinflussen und bedingen sich Struktur-, Klima- und Kulturmerkmale gegenseitig. Einige Autorinnen und Autoren treffen Aussagen zu möglichen Zusammenhängen zwischen den Konstrukten (z. B. Ostroff et al. 2013; Schneider et al. 2011), was vor dem Hintergrund der problematischen Begriffsabgrenzung eine große Herausforderung darstellt. In Abschnitt 2 wurde an einem Beispiel erläutert, wie sich die drei Dimensionen auf Basis unserer Arbeitsdefinitionen zueinander verhalten. Weil in unseren beiden Teilstudien (siehe Abschnitte 4 und 5) diese Zusammenhänge nicht im Fokus standen, steht eine Untermauerung der vermuteten Zusammenhänge mit empirischen Daten noch aus. Die Frage, inwieweit organisationsdemografische Faktoren der Struktur (wie insbesondere auch die Unternehmensgröße) die Ausprägung bestimmter Kultur- und Klimadimensionen bedingen, kann insofern nur auf Basis der wenigen Hinweise in der Literatur andiskutiert werden.

    Ostroff et al. (2013) betonen in diesem Zusammenhang die Bedeutung einer Harmonisierung von Kultur- und Strukturelementen in der Organisation beziehungsweise der Signale, die implizit und explizit gesendet werden über entsprechende Kommunikation und Maßnahmen (strukturelle Anpassungen, kulturfördernde Initiativen). Dies führe zu einer positiven Ausprägung der expliziten Bewertung von Gegebenheiten in der Organisation und verbesserten geteilten Wahrnehmungen (Klimadimensionen).

    Auch die Frage, wie sich die globalen Konstrukte zu ihren jeweiligen Subdimensionen verhalten ist von Bedeutung. Wirken Subkulturen, die „bottom-up“ durch die Beschäftigten im Rahmen emergenter Prozesse selbst geschaffen werden anders als von der Führung intendierte Kulturen? Sind Divergenzen zwischen den offiziell kommunizierten Wertesystemen beziehungsweise der „offiziell propagierten“ Kultur und den Subkulturen gesundheitsrelevant? Ohne diese Fragen hier abschließend beantworten zu können, weisen wir in diesem Zusammenhang auf Befunde aus der Literatur zu Unternehmenszusammenschlüssen hin (Köper u. Richter 2016; Mirvis u. Marks 1986). Hier wird auf Basis des bekannten „Merger-Syndroms“ (Mirvis u. Marks 1986) deutlich, wie neue (ungewünschte) Kulturdimensionen entstehen, die von der offiziell intendierten Kultur gravierend abweichen können. Bei vielen Unternehmenszusammenschlüssen wird im Zuge hoher Unsicherheiten die formale Unternehmenskommunikation zugunsten von Gerüchten und „worst scenarios“ kaum noch wahrgenommen, Ziele in Bezug auf die neue „angestrebte“ Organisationskultur bleibt intransparent, es entwickeln sich Dimensionen wie Neid- oder „Tratschkultur“. Die Differenzen der Kulturen der vormals eigenständigen Organisationsteile werden besonders prägnant wahrgenommen, was insgesamt zum „Kampf der Kulturen“ und negativen Folgen auf Individualebene im Hinblick auf Wohlbefinden und Gesundheit führt.

    Dabei stellen sich auch noch weitergehende Fragen: Wie wirkt Kultur auf diejenigen Organisationsmitglieder (Führungskräfte und strategisches HR-Management), die Kultur explizit und intendiert mitprägen? Müssen für die Erklärung von Gesundheitsoutcomes auch außerbetriebliche Kulturaspekte mit einbezogen werden, wie die nationale Kultur (z.B. auch im Modell von Ostroff et al. 2013) oder Berufsideologien? Wie interagieren diese Aspekte mit der innerbetrieblichen Kultur? Solche über den Organisationskontext hinausgehenden prägenden Faktoren sind bedeutsam und werden in den qualitativen Teilstudien des Projekts FOWa mitgedacht werden.

    6.1.3 Zusammenhang von Struktur, Kultur, Klima und Gesundheit

    Für die Fragestellung des Zusammenhangs von Struktur, Klima und Kultur mit der Beschäftigtengesundheit – also die der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne und mit Führungsverantwortung – liefern beide Studien, die systematische Literaturübersicht sowie die Auswertung von Sekundärdaten, ähnliche Ergebnisse.

    In Bezug auf den direkten Zusammenhang zwischen Struktur und der Gesundheit der Beschäftigten konnte im Rahmen der Sekundärdatenanalyse gezeigt werden, dass das Vorhandensein einer formalen Struktur (Mitarbeitergespräche, Betriebliche Gesundheitsförderung) nicht per se mit Gesundheit im Zusammenhang steht. Die Ergebnisse der Literaturübersicht zum Gesundheitseinfluss von Struktur führten insgesamt aufgrund einer hohen Anzahl sehr heterogener Aspekte (z.B. Organisationsgröße, Frauenanteil, Arbeitszeitsysteme, Gesundheits- und Arbeitssicherheitssysteme, Personalmaßnahmen etc.) zu unklaren Befunden. Allerdings wiesen auch hier Studien darauf hin, dass die Wirkung von Strukturen der betrieblichen Gesundheitsförderung von ihrer Ausgestaltung und Umsetzung in der Organisation abhängt. Darüber hinaus fanden sich basierend auf der Literatur sehr klare Befunde für den Effekt von Veränderung wichtiger Strukturen und Abläufe im Rahmen von Restrukturierungsprozessen (Datta et al. 2010; Kieselbach et al. 2009; Köper u. Richter 2016), die negativ mit der Gesundheit der Beschäftigten zusammenhingen. Dies wird in der Regel auf das hohe Level qualitativer und quantitativer Arbeitsplatz­unsicherheit und dem Ansteigen von Arbeitsmenge und Arbeits­intensität in Restrukturierungsphasen in Verbindung gebracht (Datta et al. 2010; Kieselbach et al. 2009). Der Fokus des Managements auf Strukturen und Prozesse und Vernachlässigung der Auswirkungen organisationaler Veränderungen für die Individuen münden wahrscheinlich in den Negativeffekten von Restrukturierung für die Beschäftigten. In der neueren „Change-Literatur“ wird entsprechend kritisiert, die Planung und Durchführung von Restrukturierungsvorhaben sei zu stark auf die Perspektive der Manager konzentriert (Boje et al. 2012; Wilson 2010) und müsse deutlicher alle Stakeholder der Organisation, insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, berücksichtigen.

    Insgesamt wurde in unseren Analysen deutlich, dass sich Strukturen vornehmlich indirekt auswirken: Nur, wenn sie genutzt („gelebt“) beziehungsweise von den Beschäftigten deutlich wahrgenommen werden, sind Effekte für die Gesundheit erkennbar. Dies legt den Schluss nahe, dass hilfreiche Strukturen nur durch gute Implementierung und durch die intendierte tatsächliche Nutzung die gewünschte Wirkung entfalten. Dies zeigt sich beispielsweise positiv bei einem Klima der internen Orientierung und Unterstützung (Nutzung von Maßnahmen der Personalentwicklung) statt externer Orientierung (Versetzung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern) im Falle von Minderleistung. Ein negatives Beispiel für die indirekten Effekte von Organisationsstrukturen konnte bei drastischen Veränderungen der Strukturen (Re-Strukturierung) festgestellt werden, vor allem, wenn im Zuge dieser Restrukturierungen Personal abgebaut wurde. Die indirekte, von der Umsetzung und dem resultierenden Klima abhängige Wirkung von Organisationsstrukturen impliziert, dass Programme, Leitbilder, Angebote etc. die über den Status von „Hochglanzbroschüren“ nicht hinausgehen, kaum Wirkung entfalten können.

    Für die Zusammenhänge zwischen organisationaler Kultur und individuellen Outcomes liefern beide Teilstudien dieses Berichts insgesamt nur wenig Evidenz. Im Rahmen der Sekundärdatenanalyse wurden aufgrund der Schwierigkeiten quantitativer Erfassung von Kultur keine Analysen zu den Zusammenhängen durchgeführt und auch im Rahmen der Literaturübersicht lagen nur sehr wenige empirische Studien (Reviews/Meta-Analysen) zu dieser Fragestellung vor (Jex et al. 2014). Die wenigen Ergebnisse können aber als Hinweise gewertet werden, dass unterschiedliche Kulturtypen (Clan-/Unterstützungs-, Adhokratie- und Marktkultur) zu förderlichen Ergebnissen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen können. Die Ergebnisse sollten allerdings vor dem Hintergrund der Herausforderungen, Kultur standardisiert und quantitativ zu erfassen, vorsichtig interpretiert werden. Insgesamt ist die Studienlage unzureichend für eindeutige zusammenfassende Aussagen und mehr qualitative Forschung erscheint hier notwendig.

    Anders als für Struktur und Kultur konnten für Klima und Gesundheit auf Basis beider Teilstudien die erwarteten Zusammenhänge nachgewiesen werden: Positive (d. h. mitarbeiterorientierte) Klimata der Unterstützung oder Gerechtigkeit gingen mit günstigeren Gesundheitsausprägungen und negative (d. h. nicht mitarbeiterorientierte) Klimata (Misstrauen, fehlende Unterstützung etc.) mit ungünstigen Gesundheitsausprägungen einher. Die Sekundärdaten­analyse zeigte, dass das Betriebsklima gegenüber den anderen Merkmalsbereichen einen relativ hohen Beitrag zur Erklärung der beobachteten Varianz im Gesundheitszustand aufwies. Berücksichtigt wurden dabei Klimafacetten wie der (mehr oder weniger unterstützende) Umgang mit Leistungsschwäche, (Fehlen von) Diskriminierung, Transparenz/Zielklarheit, Unterstützung durch Führungskräfte sowie Verteilungs- und Prozessgerechtigkeit.

    Die Ergebnisse des Literaturreviews waren auf Basis der kollektiven Klimawahrnehmungen in den einbezogenen Studien im Hinblick auf zwei wichtige Klimafacetten – Partizipationsklima und Klima der Kontrolle (Bronkhorst et al. 2015; Jex et al. 2014) – nicht so eindeutig, wie sich dies aus der Literatur zur Prozessgerechtigkeit (Colquitt 2001; Haupt et al. 2016) oder zu Ressourcen auf individuel­ler Ebene wie Tätigkeitsspielraum (Bradtke et al. 2016) oder Handlungs- und Entscheidungsspielraum (Rosen 2016) hätte erwarten lassen. Dafür sind verschiedene Gründe denkbar: Zum einen basieren beide Überblicksarbeiten nur auf wenigen Primärstudien, die jeweils unterschiedliche Operationalisierungen für Partizipation verwendeten. Andererseits könnte das Ergebnis auch als Hinweis darauf gewertet werden, dass sich Autonomie als individuelle Ressource von einem entsprechenden, kollektiv wahrgenommenen Klima in seiner Wirkung unterscheidet. In der von Jex et al. (2014) zitierten Studie heben die Autoren Van Yperen u. Snijders (2000) hervor, dass es vor allem darauf ankommt, inwiefern der Autonomiegrad der/s einzelnen Mitarbeiterin/s von seiner Gruppe abweicht. Gesundheitsförderlich kann in einem starken Partizipationsklima die damit verbundene Anerkennung und Verantwortung sein. Darüber hinaus ist es aber auch möglich, dass mit der gemeinsam geteilten Wahrnehmung einer hohen Autonomie bzw. Partizipation auch höhere Leistungserwartungen einhergehen, die zu erhöhten Arbeitsanforderungen und einem höheren Druck seitens der Beschäftigten führen können (Arnold et al. 2000; Baer et al. 2015; Franke u. Felfe 2011) und die gesundheitsförderliche Wirkung von Autonomie abschwächen.

    6.1.4 Interaktion von Klima, Arbeitsbedingungen und Führungsverhalten

    Neben dem direkten Zusammenhang von Klima und Gesundheit interessierte uns auch die Frage wie Klima und Führungsverhalten in ihrer Wirkung auf Gesundheit interagieren (siehe Pfad 2 des Forschungsmodells, Abb. 2). Denkbar ist grundsätzlich, dass das allgemeine Klima die Bedingungen für Führungskräfte und insofern ihr Führungsverhalten beeinflussen und die Gesundheit der Beschäftigten dann über das Verhalten der Führungskraft determiniert wird (Führung als Mediator zwischen Klima und Gesundheit). Alternativ dazu ist die Annahme berechtigt, dass Management und Führung maßgeblich das Klima definieren und die Mitarbeitergesundheit dann über das Klima (Klima als Mediator zwischen Führung und Gesundheit) beeinflusst wird. Unsere Literaturanalyse zeigte dazu, dass die Mehrheit der Studien Führung nicht als Struktur oder Klima vermittelnden Aspekt betrachten, sondern eher als einen diesen Rahmenbedingungen vorgelagerten Prozess (Management und Führung als Determinante von Klima). So beschreiben auch einige Überblicksarbeiten Klima als vermittelnden Mechanismus von Führung auf die individuellen Outcomes der Beschäftigten.

    Zudem werden Studien angeführt, die Klima beziehungsweise Kultur als Moderatoren des Führungsprozesses untersuchten. Zwei Hypothesen sind in diesem Moderationszusammenhang relevant (Pundt et al. 2016): Die „Fruchtbarer-Boden“-Hypothese würde implizieren, dass Führung dann besonders starke Zusammenhänge mit den individuellen Outcomes aufweist, wenn Klima beziehungsweise Kultur entsprechend hoch ausgeprägt sind. Die Kompensations­hypothese hingegen würde implizieren, dass Führung niedrige Klima-/Kultur-Ausprägungen kompensieren und dann besonders deutliche Effekte auf die individuellen Outcomes haben würde. Umgekehrt würden hohe Klima-/Kultur-Ausprägungen die Führungswirkung in diesem Fall substituieren. In Bezug auf den Moderationszusammenhang finden sich Hinweise für beide Hypothesen. Hier scheint es erforderlich, in zukünftigen Untersuchungen zu ermitteln, welche Kombinationen und unter welchen Umständen sich Führungsverhalten und Klima ersetzen beziehungsweise gegenseitig fördern.

    Zu Interaktionen zwischen organisationalen Rahmenbedingungen und Arbeitsbedingungen liegen vor allem konzeptionelle Hinweise, aber kaum empirische Befunde vor. Die in einigen Studien geäußerte Annahme, dass Klima/Kultur die Arbeitsbedingungen beeinflussen, die wiederum die individuellen Outcomes beeinflussen, kann entsprechend nicht als empirisch belegt angesehen werden. Auch die teils geäußerte Annahme, dass Arbeitsbedingungen (insbesondere ungünstige Arbeitsbedingungen wie Arbeitsplatzunsicherheit, Arbeitslast) die Entfaltung organisationaler Rahmenbedingungen moderieren könnten, wurde in der Sekundärliteratur bisher unzureichend empirisch begründet. Eine Ausnahme im Hinblick auf die unzureichende Empirie für die skizzierte Fragestellung bildet eine groß angelegte längsschnittliche Studie zur Frage kausaler Zusammenhänge von Führung und Gesundheit (Rigotti et al. 2014). Die Autoren konstatieren im Hinblick auf Wechselwirkungen von Führung und Klima, dass ein positives Klima die Wahrnehmung der Beschäftigten im Hinblick auf das Führungsverhalten beeinflusst.

    Der Einfluss von wesentlichen Aspekten der Arbeitsbedingungen auf die Gesundheit ist unstrittig und wurde in jüngerer Vergangenheit sehr umfassend im Rahmen des BAuA-Projekts „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“ (Rothe et al. 2017) aufgearbeitet. Es konnte dabei gezeigt werden, dass technische Faktoren, Aspekte der Arbeitsaufgabe, Arbeitszeitregelungen und Faktoren von Führung und Organisation konsistent in erwarteter Weise mit Beschäftigtengesundheit im Zusammenhang stehen. Klima (im Sinne von Gerechtigkeitsklima; Haupt et al. 2016) und Führung (Montano et al. 2016) wiesen dabei wichtige Schlüsselfunktionen auf und wirkten erwartungsgemäß auf die Individuen: Positives Klima und mitarbeiterorientierte Führungsstile standen positiv vor allem mit mentaler Gesundheit im Zusammenhang. Im Rahmen der Sekundärdatenanalyse (vgl. Abschnitt 5) konnten wir ebenfalls eine relativ hohe Varianzaufklärung bestimmter Arbeitsbedingungsmerkmale für Gesundheit aufzeigen. Diese Arbeitsbedingungen werden von Beschäftigten und Führungskräften durchaus unterschiedlich eingeschätzt, was für Unterschiede in der Gesundheit dieser Gruppen eine Rolle spielen könnte.

    6.1.5 Unterschiede zwischen der Gesundheit von Führungskräften und Beschäftigten

    Unsere Annahme im Hinblick auf Unterschiede zwischen Führungskräften und Beschäftigten war basierend auf einigen Literaturbefunden (z. B. Lohmann-Haislah 2012), dass Führungskräfte einen günstigeren Gesundheitszustand berichten würden. Gründe dafür könnten darin liegen, dass Führungskräfte ein höheres Ausmaß von Ressourcen aufweisen.

    Dies bestätigte sich auch auf Basis unserer Sekundärdatenanalyse (Schröder u. Heß, in Vorbereitung). Führungskräfte wiesen deutlich günstigere Werte im Hinblick auf Handlungsspielraum/Autonomie auf. Tätigkeits-, Handlungs- und Entscheidungsspielraum hängen positiv mit Motivation und Arbeitszufriedenheit sowie negativ mit Depressionen, depressiven Störungen, Burnout, emotionaler Erschöpfung und Depersonalisierung zusammen (für eine aktuelle, umfängliche Literaturübersicht dazu siehe Rosen 2016). Unsere Regressionsanalysen zeigen, dass ein signifikant höherer Handlungsspielraum bei den Führungskräften einen Beitrag zu den Gesundheitsunterschieden zwischen Führungskräften und Geführten leistet.

    Auch persönliche Ressourcen (Bildungsgrad, Persönlichkeitsmerkmale wie Optimismus, organisationales Commitment) waren bei Führungskräften in höherem Ausmaß zu finden als bei den Geführten. Individuelle Einstellungen, implizite Annahmen sowie Handlungspräferenzen können für die individuelle Gesundheit rele­vant sein. Denn die höhere Ausprägung dieser Ressourcen impliziert einen effektiveren Umgang mit Stress (Lazarus 2006; Lazarus u. Folkman 1984). Die Tatsache, dass Führungskräfte einen besseren Gesundheitszustand berichten, könnte zudem daran liegen, dass nur solche Personen in Führungspositionen gelangen oder diese anstreben, die den damit verbundenen Herausforderungen gewachsen sind beziehungsweise sich gewachsen fühlen (Mazur 1985; Van Vugt et al. 2008). Individuelle Einstellungen, implizite Annahmen sowie Handlungspräferenzen sind in sozialen Interaktionen bedeutsam für das Rollenverständnis und die Person-Situation-Passung. Dies unterstützt die These, dass Führungskräfte aufgrund bestimmter Persönlichkeitseigenschaften oder Kompetenzen Führungskraft geworden sind.

    Die Daten deuten weiterhin an, dass die Zugehörigkeit zu einer hohen Hierarchiestufe und/oder eine hohe Führungsspanne mög­licherweise eine Ressource bildet. Führungskräfte mit einer Führungsspanne ab 20 und mehr Geführten berichten überraschender Weise einen besseren Gesundheitszustand als Führungskräfte mit weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Bisherige Studien zeigten zwar eher, dass mit zunehmender Führungsspanne die Gesundheit der Führungskräfte (Wallin et al. 2014) und die der Geführten leidet (Hechanova-Alampay u. Beehr 2001). Möglicherweise ist daher der positive Gesundheitseffekt hier nicht in der Führungsspanne begründet, sondern eher Ausdruck einer höheren Hierarchieebene und dem damit verbundenen weitreichenden Zugang zu Ressourcen. Dies lässt sich anhand der Sekundärdaten nicht prüfen, spricht aber dafür, den Zusammenhang zwischen Führungsebene, Arbeitsbedingungen und Gesundheit eingehender zu untersuchen (Pundt u. Thomson 2019; Zimber et al. 2015).

    Im Sinne gesundheitsschädlicher ungünstiger Arbeitsumgebungen wie Lärm berichten Führungskräfte im Vergleich zu anderen Beschäftigen weniger belastende Bedingungen, wie unsere Sekundärdatenanalyse zeigt. Auch dies könnte zur besseren Einschätzung der Führungskräfte in Bezug auf ihre subjektive Gesundheit beitragen (Bux u. Polte 2016; Krüger 2016; Liebl u. Kittel 2016).

    Ein Aspekt, der einer besseren Gesundheit von Führungskräften als Belastung beziehungsweise Stressor eher entgegensteht, ist die schlechtere Vereinbarkeit von Familie und Privatleben (siehe Tabelle 2). Dieser Aspekt steht konsistent mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Zusammenhang (Wöhrmann 2016). Eine weitere spezifische Belastung für Führungskräfte liegt in den Spezifika ihrer Führungstätigkeit, die ganz zentral beinhaltet, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soziale Unterstützung zu leisten. Wenn Führungskräfte diese soziale Unterstützung oft leisten müssen, schätzen sie ihren Gesundheitszustand als wesentlich schlechter ein als wenn dies nicht der Fall ist. Gleiches gilt, wenn Führungskräfte regelmäßige Mitarbeitergespräche führen müssen. Diese zweischneidigen Effekte bestätigen Befunde, nach denen ein vergleichsweise aufwändiges Führungsverhalten wie transformationale Führung, die konsistent positive Zusammenhänge mit Mitarbeitergesundheit aufweist (Harms et al. 2017; Montano et al. 2017), langfristig mit emotionaler Erschöpfung für die Führungskräfte selbst einhergehen kann (Zwingmann et al. 2016). Eine aktuelle Metaanalyse von Kaluza et al. (2019) zeigt zwar negative Zusammenhänge zwischen transformationaler Führung und Burnout der Führungskräfte, basiert aber mehrheitlich auf Querschnittsstudien. Kurzfristig positive, aber langfristig gesundheitsgefährdende Effekte werden auch für das Konzept der interessierten Selbstgefährdung postuliert (Dettmers et al. 2016). Insbesondere Führungskräfte, die hohes Commitment und hohe Arbeitszufriedenheit erleben und Freude und Bestätigung aus ihrer Arbeit ziehen, könnten für ein solches gesundheitsgefährdendes Verhalten prädestiniert sein (Pundt u. Felfe 2017; Pundt u. Gerstenberg 2018).

    Insgesamt ist zu vermuten, dass per Saldo die Kombination von Belastungen und Ressourcen für die Führungskräfte im Vergleich zu den Beschäftigen ohne Führungsaufgaben gesundheitszuträglicher ist. Denkbar ist allerdings auch die Erklärung, dass – im Sinne eines spezifischen „healthy worker effects“ (McMichael 1976) – nur diejenigen in eine Führungsposition gelangen oder in ihr verbleiben, die eine entsprechend hohe Resilienz aufweisen (Björklund et al. 2013; Costa Font u. Ljunge 2017).

    Kaum Unterschiede zwischen Führungskräften und anderen Beschäftigen konnten hinsichtlich ihrer Einschätzung zum Vorhandensein bestimmter Struktur- beziehungsweise Klimamerkmale festgestellt werden. In der Wahrnehmung bezüglich der Nutzung von Unterstützungsstrukturen indes gaben Führungskräfte positivere Wertungen ab. So berichten sie häufiger, dass sie Mitarbeitergespräche mit ihren eigenen Vorgesetzten hatten und schätzen ihre Vergütung günstiger ein als Geführte: Sie gaben häufiger als Geführte an, leistungsbezogene Bezahlung zu erhalten und erlebten ihre Vergütung seltener als ungerecht (was aber auch an der allgemein höheren Vergütung von Führungskräften liegen mag).

    6.2 Limitationen der Literaturübersicht und Sekundärdatenanalyse

    Beide Studien basieren auf sekundärer Literatur beziehungsweise sekundären Datenanalysen ohne genauen Zuschnitt auf unsere spezifischen Fragestellungen. Die Schwäche der in die Literaturübersicht eingeschlossenen Primärstudien beziehungsweise -daten sowie die Tatsache, dass es sich (mehrheitlich) um Querschnitte handelt, stellen entsprechend eine Limitation dieses Berichtes dar.

    Bei der Interpretation der Ergebnisse des Berichts sollten weitere Limitationen einbezogen werden. Die Literaturübersicht verfolgt das Ziel einen ersten Überblick über eine breite Thematik zu geben. Somit wurden nur Reviews und Metaanalysen betrachtet. Zum einen bleiben durch dieses Vorgehen möglicherweise Ergebnisse aus aktuell veröffentlichten Primärstudien, die nicht bereits in Überblicksarbeiten eingeflossen sind, außer Acht. Zum anderen kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass bei der Literatursuche Überblicksarbeiten nicht erfasst wurden. Zudem basiert die Literaturübersicht auf bereits zusammengefassten Ergebnissen. Durch die erneute Zusammenfassung bereits aggregierter Ergebnisse können unsere Befunde nur auf einer recht abstrakten Ebene beschrieben werden und es werden möglicherweise wichtige Details für die Interpretation (z. B. zur Messung der Konstrukte) aus den Primärstudien vernachlässigt. Darüber hinaus waren die dort gewählten Kategorisierungen zum Teil nur in eingeschränkter Weise auf unsere Fragestellung anzuwenden, was eine Zusammenfassung und den Vergleich erschwerte. Gerade die uneinheitlichen Begriffe und Operationalisierungen machen die Vergleichbarkeit zusätzlich schwierig. Unsere differenzierten Definitionen (siehe Abschnitt 2) dieser Begriffe ermöglichten jedoch zumindest ein einheitliches Verständnis und Vorgehen beim Screening der Sekundärliteratur. Allerdings betrachteten die eingeschlossenen Überblicksarbeiten in Bezug auf das Klima und seine Facetten nicht nur das kollektive Klima, sondern oft auch das psychologische Klima11 (Carr et al. 2003; Parker et al. 2003) oder vermischten die verschiedenen Ebenen der Klimawahrnehmung (Bronkhorst et al. 2015).

    Auch bei der Kategorisierung der Struktur war es oft schwierig aus den Überblicksarbeiten zu entnehmen, ob sich die strukturellen Merkmale auf der organisationalen Ebene befanden und somit für alle Mitglieder der Organisation galten, oder es sich um strukturelle Merkmale der jeweiligen Organisationseinheit handelte.

    Für die Sekundärdatenanalyse wurden die in den LPP-Daten vorhandenen Variablen auf Basis unserer theoretischen Vorüberlegungen gesichtet und geordnet. Zentrale Konstrukte unserer Fragestellung (z. B. Klima) werden in diesem Datensatz nur rudimentär und auf der Basis von Einzelitems abgebildet. So konnten wir gesundheitsrelevante Strukturaspekte nur über das Vorhandensein von BGM-Maßnahmen im Betrieb abbilden. Auf Basis der sehr eingeschränkten Verfügbarkeit von Items, die zu unserer Fragestellung passten, liefern unsere Analysen für unsere Fragestellung bisher insofern lediglich erste Hinweise aber bei weitem noch kein substanzielles Ergebnis. In den im FOWa-Projekt geplanten Primärstudien werden wir versuchen, die verschiedenen Aspekte unserer Fragestellungen ausgewogen und spezifisch zu erheben.

    Die Analyse des Datensatzes erlaubte es zudem nicht, aktuelle Trends aufzuspüren, die möglicherweise ihre Wirkung erst in der Zukunft entfalten, aber in den aktuellen Daten nicht sichtbar werden. Im FOWa-Projekt untersuchen wir daher zusätzlich den Wandel des Führungsverständnisses in der neuen Arbeitswelt (Weber et al. 2018) sowie in Fallstudien interessante Führungs- und Organisationskonzepte.

    6.3 Offene Forschungsfragen und weiteres Vorgehen

    Im Rahmen der systematischen Literaturübersicht und der Sekundärdatenanalyse konnten bereits eine Reihe interessanter Ergebnisse in der Frage des Zusammenspiels von Kontextbedingungen der Organisation, Führung und Gesundheit der Beschäftigten und der Führungskräfte berichtet werden. Dabei ergaben sich auch weitere Aspekte und Fragen, die wir im Rahmen weiterer und spezifischer Teilstudien (Mehr-Ebenen-Analyse, Dyadenstudie zur Interaktion von Führungskräften und Geführten sowie den vertiefenden qualitativen Fallstudien) beantworten möchten.

    Offene Forschungsfragen, die die beiden hier berichteten Teilstudien aufwarfen, ergaben sich zusammenfassend vor allem im Hinblick auf:

  • die genauere Abgrenzung der Konstrukte Kultur und Klima und deren adäquater methodischer Erfassung sowie die Frage der Individualwirkungen bestimmter Klimafacetten, insbesondere bezogen auf Gesundheit,
  • das Zusammenspiel von Klima, Kultur und Führung,
  • Belastungs-Ressourcen-Konstellationen von Führungskräften.
  • Konsistent mit der Formulierung unserer Eingangsfragen zeigten sowohl der Literaturüberblick als auch die Sekundärdatenanalyse, dass der organisationale Rahmen bei der Analyse der individuellen Gesundheit nicht vernachlässigt werden darf (siehe auch Jex et al. 2014). Als wichtige Aspekte in diesem Zusammenhang ergaben sich Kultur und Klima, die aber begrifflich und methodisch häufig nicht eindeutig genug abgebildet werden. Organisationskultur, als tiefer liegender, verborgener organisationaler Rahmen verstanden, lässt sich kaum mit quantitativen Methoden abbilden, so dass bedeutsam ist, quantitative (Klima, Struktur) und qualitative (Kultur) Daten miteinander in Beziehung zu setzen. Im FOWa-Projekt sind dazu ergänzend zu einer Mehr-Ebenen-Analyse in Organisationen qualitative Interviews beziehungsweise Fokusgruppen geplant, um differenzierte Einblicke in Organisationskulturen und ihre Wirkungen zu erhalten. Durch die gemeinsame Betrachtung verschiedener Klimafacetten, der Klimastärke und Kultur wird es somit ermöglicht, die gesamte „Gestalt“ einer Organisation besser zu erfassen (Carr et al. 2003; Kuenzi u. Schminke 2009; Nienaber et al. 2015). Auch die Zuordnung von Struktur und Klimaaspekten zu verschiedenen Organisationsebenen war ein Problem in den eingeschlossenen Studien unseres Reviews. Gerade diese Trennung der Ebenen ist indes wichtig, wie vor allem die widersprüchlichen Ergebnisse zum Kon­trollklima zeigten. Im Rahmen des FOWa-Projekts soll deshalb eine Drei-Ebenen-Befragung durchgeführt werden, die eine klare Trennung des Klimas auf den verschiedenen Ebenen ermöglicht. Methodisch ist dabei zu beachten, dass die Ebenenzuordnung in Befragungsitems beziehungsweise deren Instruktion eindeutig formuliert sein muss. Das heißt, in der Itemformulierung muss deutlich werden, ob die Befragten Einschätzungen für die Organisation, das Team oder für sich persönlich abgeben sollen. Im Rahmen der Mehr-Ebenen-Befragung des Projekts FOWa werden diese Aspekte eingehender analysiert werden.

    Eine weitere wichtige Forschungsfrage betrifft den Stellenwert von Führung im Zusammenspiel von organisationalen Rahmenbedingungen, Arbeitsbedingungen und Gesundheit. Sowohl in der Organisations- als auch der Führungsforschung wird Führung oft als Antezedens von Klima und Kultur verstanden. Dass Führung aber auch stark vom Kontext beeinflusst sein kann beziehungsweise Auswirkungen des Kontexts moderiert, zeigt sich unter anderem in der Restrukturierungsliteratur. Anzunehmen ist insofern, dass Führung zugleich Antezedens, Moderator als auch Konsequenz organisatio­naler Rahmenbedingungen sein kann (z. B. Walter u. Bruch 2010). Darüber hinaus sind je nach Führungsebene unterschiedliche Wechselwirkungen zwischen Führung und Organisationskultur/-klima denkbar (vgl. Hartnell u. Walumbwa 2011).

    Im Hinblick auf die Gesundheit der Führungskräfte ergaben sich im Rahmen der Sekundärdatenanalyse interessante Ergebnisse, die einer vertiefenden Analyse bedürfen. Wie oben diskutiert, scheinen aufwändige und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützende Führungsstile für die Führungskräfte selbst einen Stressor darzustellen. Hierbei stellt sich insbesondere die Frage, ob es Unterschiede je nach Form der Unterstützung für die Führungskraft gibt. Die genaue Betrachtung der Führungsaufgaben und des Führungsaufwandes erscheint vor diesem Hintergrund im Zusammenhang mit den Dyadenstudien des Projekts FOWa sinnvoll.

    In diesem Zusammenhang ist auch der Befund relevant, dass persönliche Ressourcen viel Varianz in der Gesundheit von Führungskräften (sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern) aufklären. Forschungslücken bestehen hier in der unzureichenden Analyse der Interaktionen von Situations- und Personenvariablen in Führungs-Dyaden und der Berücksichtigung von Führungs- und Geführten-Theorien.

    Mit den bisherigen Ergebnissen und den weiteren Teilstudien des Projekts „Führung und Organisation/FOWa“ leisten wir einen Beitrag zu offenen Forschungsfragen im Hinblick auf die Bedeutung von Führung eingebettet in ihren jeweiligen organisationalen Kontext. Konkretere und genauere Antworten auf unserer Forschungsfragen werden sich im Rahmen der weiteren, auf Primärdaten basierenden Teilstudien ergeben. Erst diese werden dann auch Grundlage für Handlungs- und Gestaltungsempfehlungen sein. Über die Art der weiteren Teilstudien im sowie zum Projektfortschritt finden sich Informationen auf der FOWa-Projektseite (https://www.baua.de/DE/Aufgaben/Forschung/Forschungsprojekte/f2436.html).

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    Anhang

    Tabelle 4:  Definition der Ein- und Ausschlusskriterien für die Sichtung der AbstractsTable 4: Definition of the inclusion and exclusion criteria for viewing the abstract

    Tabelle 4: Definition der Ein- und Ausschlusskriterien für die Sichtung der Abstracts
    Table 4: Definition of the inclusion and exclusion criteria for viewing the abstract
    Tabelle 5:  Systematik der DatenextraktionTable 5: Data extraction system

    Tabelle 5: Systematik der Datenextraktion
    Table 5: Data extraction system
    Tabelle 5:  FortsetzungTable 5: Continued

    Tabelle 5: Fortsetzung
    Table 5: Continued
    Tabelle 6:  Messung der Konstrukte12Table 6: Measurement of the constructs

    Tabelle 6: Messung der Konstrukte12
    Table 6: Measurement of the constructs
    Tabelle 6:  FortsetzungTable 6: Continued

    Tabelle 6: Fortsetzung
    Table 6: Continued
    Tabelle 7:  OLS-Regression schlechte Gesundheit auf formale BetriebsstrukturTable 7: OLS regression poor health on formal operating structure

    Tabelle 7: OLS-Regression schlechte Gesundheit auf formale Betriebsstruktur
    Table 7: OLS regression poor health on formal operating structure
    Tabelle 8:  OLS-Regression schlechte Gesundheit auf formale BetriebsstrukturTable 8: OLS regression poor health on formal operating structure

    Tabelle 8: OLS-Regression schlechte Gesundheit auf formale Betriebsstruktur
    Table 8: OLS regression poor health on formal operating structure
    Tabelle 8:  FortsetzungTable 8: Continued

    Tabelle 8: Fortsetzung
    Table 8: Continued
    Tabelle 8:  FortsetzungTable 8: Continued

    Tabelle 8: Fortsetzung
    Table 8: Continued

    Kontakt:

    Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

    Projektteam „Führung und Organisation im Wandel/FOWa“

    fowa@baua.bund.de

    Autoren:

  • Dr. Birgit Thomson, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund
  • Dr. Corinna Steidelmüller, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund
  • Tim Schröder, ehemals Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, aktuell Universität Bremen, Institut für Soziologie
  • Anja Wittmers, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits­medizin, Dortmund
  • Dr. Franziska Pundt, ehemals Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, aktuell Fachhochschule des Mittelstands, Berlin
  • Dr. Corinna Weber, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits­medizin, Dortmund
  • Die Autoren bedanken sich bei Frau Prof. em. Dr. Gisela Mohr, Universität Leipzig, und Herrn Prof. Dr. Jörg Felfe, Helmut Schmidt Universität Hamburg, für die wertvollen Hinweise und Rückmeldungen zum Manuskript.