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Abrechnung des simultan-integrierten Boost (SIB) bei 3-D-Strahlentherapie der Mamma

Die 3-D-Strahlentherapie des Mammakarzinoms mit zusätzlichem simultan-integriertem Boost (SIB) wird von Strahlentherapeuten oft durch den Ansatz von zweimal GOÄ-Nr. 5836 (Bestrahlung mittels Beschleuniger mit bis zu zwei Strahleneintrittsfeldern, je Fraktion) je Sitzung berechnet.

Eine solche Abrechnung ist jedoch nicht gerechtfertig, hatte Prof. Dr. Werner Goldner vor vier Jahren in dieser Zeitschrift erklärt (Med Sach 109 (2013) 1: 16–20), weil die beiden Regionen (Zielorgan, Tumorregion) ein gemeinsames Zielvolumen bilden und gleichzeitig bestrahlt werden. Die „Definition Zielvolumen“ des Zentralen Konsultationsausschusses für Gebührenordnungsfragen bei der Bundesärztekammer (Beschluss vom 14.6.2005) fordere nur, dass das als Zielvolumen definierte Körpervolumen ohne Umlagerung/Tischverschiebung eine anatomisch und physikalisch zweckmäßige Feldanordnung erfasse und mit einer festgelegten Dosis nach einem bestimmten Dosiszeitmuster bestrahlt werden könne. Es werde nicht verlangt, dass die Dosis im Zielvolumen einheitlich ist.

Anderer Meinung ist nun der Honorarausschuss der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Sitzung v. 16.11.2016: Der zweifache Ansatz der GOÄ-Nr. 5836 pro Sitzung für den Einsatz des simultan-integrierten Boost (SIB) bei der 3-D-Strahlentherapie der Mamma sei nicht zu beanstanden. Der Honorarausschuss, dem nach eigenen Angaben kein Facharzt für Strahlentherapie angehört, hatte dazu den Berufsverband Deutscher Strahlentherapeuten um Stellungnahme zu dieser Frage gebeten und sich dieser angeschlossen. Danach sei davon auszugehen, dass die gebührenrechtlichen Vorgaben für die Bestrahlung von zwei Zielvolumina erfüllt seien – ebenfalls unter Berufung auf den Beschluss des Konsultationsausschusses für Gebührenordnungsfragen bei der Bundesärztekammer von 2005. Eigene Argumente werden vom Honorarausschuss nicht vorgebracht.

Der Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (PKV-Verband) hält diese Ausführungen für nicht nachvollziehbar. In einer Äußerung gegenüber dem Autor dieses Artikels weist der PKV-Verband auf folgendes hin: Der Aufwand ist bei einer Simultanbestrahlung in der Regel nicht doppelt so hoch, weil die Boostbestrahlung beider Regionen zeitgleich erfolgt. Durch diese gleichzeitige Bestrahlung wird ein gemeinsames Zielvolumen gebildet ohne zusätzliche Positionsveränderung des Patienten. Daher ist der doppelte Ansatz der GOÄ-Nr. 5836 für den Einsatz des simultan-integrierten Boost (SIB) nicht gerechtfertigt. Ein ggf. höherer Aufwand kann allenfalls in der Bestrahlungsplanung gesehen werden und muss dort entsprechend mit dem Multiplikator gewürdigt werden. Hier kann eine Analogie zu den PET-Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) gezogen werden: Der BGH vertritt in den dort entschiedenen Fällen die Auffassung, dass eine mehrfache Abrechenbarkeit dem Sinn gesetzlicher Preisvorschriften, wie sie die GOÄ enthalte, nicht gerecht werde und zu einer völlig unangemessenen Mehrbelastung vieler Patienten führe (BGH, Urteil vom 18. September 2003, AZ: III ZR 389/02).

Die Gebührennummer 5836 kann laut PKV-Verband hier nicht so interpretiert werden, dass eine mehrfache Abrechnung allein aufgrund der Tatsache gerechtfertigt ist, dass hier mehr als ein Organ oder eine Körperregion betroffen ist. Eine mehrfache Abrechnung dieser Gebührenposition kommt nur dann in Betracht, wenn die beschriebene Leistung auch tatsächlich mehrfach erbracht wird.

Kritisch anzumerken ist schließlich, dass vom Honorarausschuss der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz der Berufsverband Deutscher Strahlentherapeuten um eine Stellungnahme zu einer gebührenrechtlichen Frage geben wurde: Im Gegensatz zu einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft vertritt ein Berufsverband die – auch wirtschaftlichen – Interessen seiner Mitglieder. Da die Strahlentherapeuten ein originäres Interesse daran haben, die von ihnen erbrachten Leistungen möglichst hoch abzurechnen, ist hier eine neutrale Beurteilung nicht zu erwarten. Daher hätte sich der Honorarausschuss mit dieser Stellungnahme inhaltlich auseinandersetzen müssen, was er aber nicht getan hat.

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden