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Alternative Therapien bei Krebs – kritisch analysiert

Charakteristisch für alternative Methoden bei Krebs sind Krankheits- und Therapiekonzepte, die mit den Erkenntnissen der Onkologie nicht in Einklang zu bringen sind oder von ihr teilweise bereits widerlegt wurden, führen Jutta Hübner von der Klinik für Innere Medizin II, Abt. Hämatologie und Internistische Onkologie am Universitätsklinikum Jena und Kollegen aus. Risiken bestehen v. a. in Nebenwirkungen und Interaktionen, aber auch im Unterlassen wirksamer antitumoraler Therapien und einem Fortschreiten der Krebserkrankung, was zu einer erheblichen Verschlechterung der Versorgung und sogar zum Tode führen kann.

Vitamin C

Hochdosiertes Vitamin C als Infusion wird seit Jahrzehnten in der Onkologie diskutiert. Eine ganze Reihe von präklinischen Untersuchungen liefert widersprüchliche Ergebnisse. So kann Vitamin C (wie auch andere Antioxidantien) die Wirkung von Chemo- und Strahlentherapie abschwächen. Aktuelle Regimes, bei denen Vitamin C zur Vermeidung einer Interaktion mit der Chemotherapie mittig zwischen deren Zyklen appliziert wird, sind nicht durch klinischen Studien abgesichert; eine Apoptosehemmung kann auch zwischen den Zyklen auftreten.

In hoher Konzentration scheint allerdings eine oxidative Wirkung von Vitamin C zu überwiegen, welche möglicherweise Tumorzellen schädigt. Unklar ist aber, ob und ggf. wie sich das im menschlichen Körper umsetzen lässt; bisher liegen dazu nur wenige klinische Studien vor. Die Risiken in diesem Dosisbereich sind noch unklar; hier sollten laufende Studien abgewartet werden.

Andere Antioxidantien (z. B. Betacarotin, Vitamin E)

Für andere Antioxidantien wie Betacarotin und Vitamin E gibt es derzeit keine Indikationen in der Onkologie. Interaktionen mit der antitumoralen Therapie können nicht sicher ausgeschlossen werden; in einzelnen Studien wurde sogar ein negativer prognostischer Effekt dokumentiert.

B-Vitamine

Der Einsatz von B-Vitaminen bei Polyneuropathien hat enttäuscht und ihr Schadenspotenzial ist unklar. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass eine Überdosierung langfristig mit einer schlechteren Prognose assoziiert ist, was sich möglicherweise dadurch erklärt, dass diese Vitamine als Proliferatoren im Zellzyklus wirken.

Sekundäre Pflanzenstoffe (z. B. Curcumin, Grüntee-Extrakt, Isothiocyanate)

Sekundäre Pflanzenstoffe wie Curcumin, Grüntee-Extrakt oder Isothiocyanate sind als Nahrungsergänzungsmittel, oft auch in Kombinationspräparaten, frei erhältlich. Für viele von ihnen wurde in vitro eine Wachstumshemmung bei Tumorzellen nachgewiesen. Klinische Studien, die eine mögliche antitumorale Wirkung untersuchen, fehlen aber größtenteils. Unklar ist, ob einzelne Pflanzenstoffe besser sind als andere. Daher sollte Krebspatienten der häufige Verzehr von pflanzlichen Nahrungsmittel empfohlen werden und nicht die Einnahme von sekundären Pflanzenextrakten.

Curcumin zeigt Synergien mit Zytostatika, wobei die intravenöse Gabe derzeit nicht über Studien abgesichert ist. Gründe für die aktuelle Vorsicht sind präklinische Studien, die auch eine Wirkungsabschwächung verschiedener Zytostatika gezeigt haben.

Misteltherapie

Die Misteltherapie gehört zu den bestuntersuchten, dabei aber weiterhin zu den umstrittensten Verfahren in der Onkologie. Auch nach neueren Untersuchungen gilt das Ergebnis des Cochrane-Reviews von 2008, wonach „die Ansicht, dass die Misteltherapie das Überleben, die Lebensqualität oder die Nebenwirkungen der antitumoralen Therapie verbessert, schwach begründet“ ist.

Abschließend warnen die Autoren, dass alternative Medizin sich durch eine Missachtung wichtiger Grundregen der evidenzbasierte Medizin auszeichne und ihr Schadenspotenzial hoch sei. Allerdings sei das Abraten von nicht evidenzbasierten oder gar nachweisbar schädlichen Methoden, in die der Patient aber große Hoffnungen gesetzt habe, eine der schwierigsten kommunikativen Aufgaben des Arztes. Patienten, welche ihre körpereigenen Abwehrkräfte stärken wollen, seien evidenzbasiert am besten mit einem guten Angebot zu körperlicher Aktivität und gesunder Ernährung – unter Vermeidung sogenannter Krebsdiäten – versorgt.

(Hübner J, Münstedt K, Eschbach C, Zomorodbakhsch B, Mücke R: Alternative und komplementäre Medizin in der Therapie von Tumorpatienten. tägliche praxis (2017), 59 (1): 136–144)

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden