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Bayerisches LSG, Beschluss vom 4.8.2016 – L 15 RF 15/16

Leitsatz:

Eine besonders hervorgehobene berufliche Position oder eine überdurchschnittliche wissenschaftliche Qualifikation des Sachverständigen sind kein Kriterium bei der Bestimmung der Honorargruppe.

Aus den Gründen:

In dem … schwerbehindertenrechtlichen Berufungsverfahren erstellte der Antragsteller am 08.03.2016 im Auftrag des Gerichts ein chirurgisches Gutachten. Mit Rechnung vom 10.03.2016 machte er dafür einen Vergütungsanspruch in Höhe von 1.414,67 € geltend, wobei er einen Zeitaufwand von 14 Stunden mit einem Stundensatz von 100,– € zu Grunde legte. Die Kostenbeamtin … bewilligte … einen Betrag von 995,97 €, … Der Antragsteller hat sich … gegen die Abrechnung nach der Honorargruppe M 2 und die sich daraus ergebende Reduzierung seiner Vergütungsforderung gewandt. …

Die Vergütung für das Gutachten vom 08.03.2016 ist auf 1.070,97 € festzusetzen. Ein höherer Vergütungsanspruch unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 100,– € besteht nicht. …

Die Vergütung erfolgt nach der Honorargruppe M 2. Die Zuordnung eines Gutachtens zu einer Honorargruppe bestimmt sich nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG. Beschreibende (Ist-Zustands-)Begutachtungen nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einer medizinischen Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, insbesondere Gutachten in Verfahren nach dem SGB IX, sind danach der Honorargruppe M 2 zuzurechnen.

Bei dem vom Antragsteller angefertigten Gutachten handelt es sich um ein solches Gutachten in einem Verfahren nach dem SGB IX. Der Gesetzgeber hat derartige Gutachten explizit der Honorargruppe M 2 zugeordnet (vgl. …). Diese Zuordnung ist bindend (vgl. …). Schwierigkeitsgrad und sonstige Umstände der Gutachtenerstellung im konkreten Einzelfall spielen daher bei der Vergütung eines solchen Gutachtens keine Rolle (vgl. ...). ....

Lediglich ergänzend und der Vollständigkeit halber weist der Senat zum Vorbringen des Antragstellers gleichwohl auf Folgendes hin: Mit einer besonders hervorgehobenen beruflichen Position (z.B. der eines Klinikdirektors) oder einer überdurchschnittlichen wissenschaftlichen Qualifikation (z.B. in Form eines Professorentitels) eines Sachverständigen kann eine höhere Honorargruppe nie begründet werden (vgl. …). Gutachter „erster und zweiter Klasse“ gemäß ihrer fachlich-beruflichen Qualifikation mit entsprechend unterschiedlicher Höhe des Stundensatzes sind der Systematik der Honorargruppenzuordnung im JVEG fremd. Die Zuordnung ergibt sich vielmehr allein aus der Entscheidung über die Heranziehung, wie sie dem Gutachtensauftrag bzw. Beweisbeschluss zu entnehmen ist (vgl…).

Der Umstand, dass ein Gutachten vom Sachverständigen nicht während der von seinem Arbeitgeber bezahlten Arbeitszeit als Arzt erstellt werden kann, sondern dafür Freizeit aufgewendet werden muss, kann kein für die Einordnung der Honorargruppe relevantes Kriterium sein. Im Übrigen betrachtet es der Senat als eine Selbstverständlichkeit, dass ein angestellter Arzt Gutachten nicht im Rahmen der Arbeitszeit anfertigt, sofern ihm dazu nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich die Berechtigung zugesprochen ist; anderenfalls würde der Sachverständige die dem Arbeitgeber geschuldete Arbeitszeit und Arbeitsleistung für private Zwecke missbrauchen.

Es ist für den Senat nicht nachvollziehbar, warum für das Gutachten des Antragstellers eine „genauere Recherche der Literatur“ erforderlich gewesen sein sollte. Sofern der Sachverständige auf Seite 7 seines Gutachtens bezüglich der Einstufung des GdB auf zwei Werke der medizinischen Literatur zurückgreift, ist diese Heranziehung der Literatur für den Senat nur mit fehlender Kenntnis der rechtlichen Vorgaben für die Beurteilung des GdB erklärbar. Denn die vom Antragsteller genannten Werte für die Festlegung der Einzel-GdB sind den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen, Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung, zu entnehmen. Von einer Notwendigkeit einer besonderen Recherche in der Literatur kann daher keine Rede sein.

Schließlich ist eine Auseinandersetzung mit Vorgutachten kein Argument für eine erhöhte Schwierigkeit, sondern eine typische und übliche Aufgabe für einen Sachverständigen in einem berufungsgerichtlichen Verfahren (ständige Rspr. …).

...

Redaktionell überarbeitete Fassung, eingereicht von P. Becker, Kassel