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Leitlinie zu Venenthrombose und Lungenembolie – haftungsrechtliche Aspekte

Über die im Oktober 2015 von 15 Fachgesellschaften veröffentlichte und auf der Webseite der AWMF bereitgestellte aktualisierte S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie berichtete Prof. Dr. Holger Reinecke vom Department für Kardiologie und Angiologie, Abteilung für Angiologie, am Universitätsklinikum Münster auf dem 11. Internisten-Update-Seminar am 3. und 4. Dezember 2016 in Wiesbaden. Dabei betonte er die Bedeutung der Befolgung dieser Leitlinien aus haftungsrechtlicher/gutachtlicher Sicht:

So soll jeder klinische Verdacht auf Venenthrombose umgehend soweit abgeklärt werden, dass eine therapeutische Entscheidung erfolgen kann. Anamnese und körperliche Untersuchung allein sind hierzu nicht ausreichend. Wichtig ist hier gerade auch die Dokumentation der durchgeführten Untersuchungen, falls später der Vorwurf eines Behandlungsfehlers erhoben wird.

Der diagnostische Prozess sollte mit einer Einschätzung der sogenannten klinischen Wahrscheinlichkeit beginnen. Hierzu eignen sich insbesondere validierte Scores. Alternativ dazu kann eine untersucherbasierte empirische Beurteilung herangezogen werden. Das Ergebnis sollte dokumentiert werden. Eine entsprechende Dokumentation kann den behandelnden Arzt vom Vorwurf eines Behandlungsfehlers entlasten, erklärte Reinecke.

Das diagnostische Vorgehen anhand klinischer Wahrscheinlichkeit, ggf. D-Dimer-Test und Kompressionsultraschall sollte in einer logischen Abfolge zu einem Algorithmus verbunden werden; alternativ kann bei Verdacht auf eine tiefe Venenthrombose direkt zum Kompressionsultraschall übergegangen werden. Wenn bildgebende Diagnostik notwendig wird, aber nicht zeitgerecht zur Verfügung steht, sollte bei hoher klinischer Wahrscheinlichkeit auf eine tiefe Venenthrombose mit einer Antikoagulation begonnen werden.

Reinecke nannte hier folgendes Beispiel aus der Praxis:

Kommt eine Patientin am Freitagnachmittag in die Sprechstunde und eine Abklärung mittels CT oder MRT bei begründetem Verdacht auf eine tiefe Venenthrombose kann erst am Montag erfolgen, darf der Arzt die Therapie mit Antikoagulantien nicht bis dahin aufschieben. Erleidet die Patientin übers Wochenende eine (evtl. tödliche!) Lungenembolie, ist der Vorwurf eines Behandlungsfehlers gerechtfertigt.

(Deutsche Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin: S2-Leitline zur Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie. 10.10.2015. www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/065-002l_S2k_VTE_2016-01.pdf )

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden