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Das Gutachten im Arzthaftungsprozess in der aktuellen Rechtsprechung

Der Bundesgerichtshof (BGH) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Bestimmung und Einstufung eines ärztlichen Fehlverhaltens im Arzthaftungsprozess und damit der medizinische Standard „in erster Linie … medizinischen Maßstäben“ folgt. Dazu steht in gewissem Gegensatz, dass die Wertung eines Fehlers als „grob“ demgegenüber eine genuin juristische sein soll.

Es sollte, so Spickhoff, nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch der „einfache“ medizinische Standard und die Frage, wie viele und welche Risiken Mediziner ihren Patienten zumuten können, zumindest auch des juristisch-wertenden Filters bedürfen, falls man nicht die richterliche Aufgabe und Funktion im Haftungsprozess, welche typischerweise in der Bewertung von Risiken, Gefahren und Nutzen bestehe, verkürzen wolle.

Der Tatrichter ist verpflichtet, Sachverständigengutachten sorgfältig zu analysieren und nicht gewissermaßen „blind“ zu übernehmen: Eine prinzipiell „blinde“ Übernahme medizinischer Maßstäbe widerspräche dem berechtigten Streben nach einer Vermeidung von Gutachtern als „heimliche Richter“, was in Rechtsprechung nicht toleriert wird. Das gilt erst recht im Fall von Widersprüchen zwischen mehreren Sachverständigengutachten – auch wenn eines davon ein Privatgutachten ist, das seinerseits eben auch für die richterliche Entscheidungsfindung zu berücksichtigen ist.

(Neue Juristische Wochenschrift 69 (2016) 23: 1633-1639)

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden